Von: mk
Bozen – Am 10. September 1919 fällten die alliierten Siegermächte einen für Tirol fatalen Beschluss. Der an jenem Tag unterzeichnete Friedensvertrag von St. Germain sorgte dafür, dass Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg vom Vaterland Österreich abgetrennt und dem Königreich Italien „als Kriegsbeute“ zugeschanzt wurde. Dies berichtet der Obmann des Südtiroler Heimatbunds (SHB); Roland Lang.
Obwohl Italien schon im Londoner Geheimvertrag von 1915 die Brennergrenze versprochen und diese im Waffenstillstand von Villa Giusti im November 1918 bestätigt wurde, vertraute die österreichische Delegation auf das von US-Präsident Wilson proklamierte Selbstbestimmungsrecht der Völker und hoffte, dieses auch für die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung Südtirols in Anspruch nehmen zu können.
Selbst der seit dem 4. November 1918 bestehende Südtiroler Nationalrat, der sich als eine lokale Regierung sah, stimmte für die Tiroler Landeseinheit unter dem Dach Deutschösterreichs. Das von Deutschösterreich beanspruchte Gebiet umfasste somit neben dem heutigen Bundesland Tirol und der Provinz Bozen auch die ladinischsprachigen Bezirke Hayden/Ampezzo, Buchenstein/Livinallongo und Cavalese, wie der SHB erklärt.
Doch Italiens Verhandler hatten anderes mit Tirol vor. Sie argumentierten mit der ökonomischen und geografischen Verbundenheit des Gebiets und mit der strategisch so wichtigen Brennergrenze. Die Tatsache, dass die neu gegründete Republik Deutschösterreich den Anschluss an das Deutsche Reich beschlossen hatte – der aber von den Alliierten verboten wurde –, unterstützte die Thesen Italiens. Bei einer Realisierung eines Anschlusses hätte das Deutsche Reiche bis zu den Dolomiten gereicht, was einem erheblichen Machtzuwachs Berlins bedeutet hätte.
Bereits im April 1919 sprach sich Wilson offiziell für den Verbleib Südtirols bei Italien aus. Die Tiroler Landesversammlung verkündete kurze Zeit später die Selbstständigkeit Tirols und verlautbarte die Unabhängigkeit Tirols und die Bildung eines neutralen Freistaates von Kufstein bis Salurn. Dies blieb aufgrund der fehlenden Zustimmung der Alliierten ohne Folgen.
„100 Jahre lang befindet sich somit Südtirol unter einer fremden Fahne. Ohne Volksabstimmung und gegen den Wunsch der Bevölkerung kam das Land zwischen dem Brennerpass und der Salurner Klause zu Italien. Dieser Tag ist einer der dunkelsten Tage unserer Geschichte. Eine Autonomie kann auf Dauer keineswegs den Freiheitsdrang der Bevölkerung stillen. Die ständigen Regierungswechsel und Attacken in Rom zeigen eindrücklich, dass es an der Zeit wäre, über politische Alternativen, die Zukunft unserer Heimat betreffend, nachzudenken. Denn 100 Jahre Unrecht schaffen keinen Tag Recht“, schließt Roland Lang.