Von: mk
Bozen – Heute wurde den Abgeordneten der Entwurf für ein neues Gesetz zu Raumordnung und Landschaft vorgestellt. Präsidialsekretär Helmuth Renzler, der die Anwesenden begrüßte, bezeichnete die Veranstaltung als nicht alltäglich, aber es gehe schließlich um ein wesentliches Gesetz für das Land, eine Reform, die im Regierungsprogramm angekündigt worden war. Heuten würden die Grundpfeiler des Entwurfs vorgestellt.
LR Richard Theiner kündigte an, dass der Entwurf in rund einem Monat in der Landesregierung behandelt wird. Das bestehende Raumordnungsgesetz und das Landschaftsschutzgesetz seien gute Gesetze, sie hätten die Entwicklung nicht gebremst, sondern in vertretbare Bahnen gelenkt, aber sie seien in die Jahre gekommen. Man müsse nun auch neue Rahmenrichtlinien berücksichtigen. Das neue Gesetz sei in einem beispielhaften Prozess der Partizipation erstellt worden. Man wolle ein klares, lesbares Gesetz, das Rechtssicherheit biete, auch wenn die Materie komplex sei. Es solle nicht aus der Sicht der Landesverwaltung, sondern der Bürger geschrieben sein. Eine weitere Leitlinie sei der umsichtige Umgang mit Grund und Boden. Von der besiedelbaren Fläche sei bereits ein Drittel verbaut, und das sei viel. Die große Herausforderung sei, den Kindern und Enkeln diese wunderbare Landschaft zu erhalten, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Mit diesem Gesetz würden den Gemeinden mehr Kompetenzen gegeben – es sei diesbezüglich auch Skepsis geäußert worden, aber er sei überzeugt, dass die Gemeindeverwalter dieser Aufgabe gewachsen seien, erklärte Theiner. Ein neuer Aspekt der Raumordnung sei die Mobilität, man müsse auch versuchen, bereits bei der Planung Verkehr zu vermeiden. Theiner verteidigte auch die Zusammenlegung von Raumordnung und Landschaftsschutz in einem Gesetz. Wo was gebaut werde, sei ein wichtiges Kriterium, und in den vergangenen Jahrzehnten sei mehr im landwirtschaftlichen Grün als in den Auffüllzonen gebaut worden. Keinen Grund mehr auszuweisen, sei aber nicht realistisch. Das Ziel “leistbares Wohnen” sei eine große Herausforderung, und da müsse man bestimmten Gebieten eine besondere Beachtung schenken.
Theiner bedankte sich bei allen, die sich konstruktiv eingebracht hätten, dazu gehörten viele Organisationen und Verbände, auch die Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion sowie seine Mitarbeiter. Es sei im Ressort auch kontrovers diskutiert worden, aber letztlich bleibe es eine politische Entscheidung.
Ressortdirektor Florian Zerzer stellte Prof. Duccio Traina vor, einen ausgewiesenen Experten für Landschaftsschutz, der auch an staatlichen und regionalen Gesetzen mitgearbeitet habe. Anders als im Rest des Staatsgebiets sei der Landschaftsschutz hier primäre Zuständigkeit des Landes, die nur durch das Straf- und Zivilrecht sowie durch europäisches Recht begrenzt sei. Eine weitere Beschränkung stelle die Verfassungsreform von 2001 mit den essentiellen Diensten vor: Demnach blieben etwa die vereinfachte Genehmigung oder die Meldung des Baubeginns staatliche Materie. Weitere Einschränkungen könne es durch andere grundlegende Reformen geben. Der vorliegende Entwurf behalte die drei Grundsäulen – Landschaftsschutz, Landschaftsplan und Genehmigung – bei. Außerhalb von Südtirol gebe es in Italien nur zwei regionale Landschaftsschutzpläne (Toskana und Apulien). Der Landesplan baue auf den Gemeindeplänen auf und gebe Leitlinien vor – die Zuständigkeit der Gemeinden werde gestärkt, aber diese würden nicht allein gelassen. Ein weiterer Grundsatz des Entwurfs sei die Vereinfachung, dazu gehörten auch klare Fristen, die auch von der Verwaltung einzuhalten seien, und die vereinfachte Genehmigung. Die Liste der Gebiet, die unter Landschaftsschutz gestellt werden können, wurde erweitert, auch landwirtschaftliches Grün gehöre nun dazu.
Florian Zerzer unterstrich die Wichtigkeit, Raumordnung und Landschaftsschutz unter ein Gesetz zu bringen. 41 Prozent der Landesfläche stünden unter Natur- und Landschaftsschutz. Das bestehende Landschaftsschutzgesetz sei aus dem Jahr 1970 und sei überholungsbedürftig, auch aufgrund geänderter Rahmengesetze. Die Landschaftspläne würden nun das gesamte Gebiet umfassen, auch die Schutzgebiete. Landschaftsplanung sei ein dynamischer Prozess, wobei immer beides zu berücksichtigen sei: Siedlungsbedarf und Schutzprinzip. Bei der Landschaftsplanung, die Landeskompetenz bleibe, würden die Gemeinden in Zukunft mehr einbezogen. Das Landschaftsleitbild des Landes bleibe, als Summe der kommunalen Landschaftspläne. Die grobe Flächenwidmung (Wald, Wiese usw.) und die bauliche Widmung würden nun im selben Plan stehen.
Auf die Frage von Bernhard Zimmerhofer nach der Verbreitung der Bausünden in Italien erklärte Prof. Traina, dass es die gesetzlichen Mittel zum Eingreifen auch ohne Landschaftspläne überall gebe, aber sie würden nicht überall gleich angewandt. Brigitte Foppa stellte fest, dass Naturschutz vom Gesetz nach und nach ausgeklammert wurde, und fragte nach dem Motiv. Auffallend sei auch, dass im Entwurf die Definitionen zur Raumordnung detaillierter seien als jene zum Landschaftsschutz. Man habe den Entwurf in breiter Partizipation erstellt, und das bedeute auch Überarbeitung, antwortete Florian Zerzer. Die Biodiversität komme im Entwurf weiter vor, auch die entsprechende europäische Richtlinie werde berücksichtigt – in diesem Bereich gehe der Entwurf weiter als das bestehende Gesetz. Eine deutliche Verbesserung sei auch, dass alle Widmungen in einem Panoptikum übersichtlich dargestellt seien. Hans Heiss sah hingegen die Rolle der Landschaft im Entwurf im Vergleich zur Raumordnung zusammengedampft. Ein eigenes Gesetz wäre zielführender gewesen. Die Aufwertung der Gemeinden sei ein schönes Prinzip, aber in der Praxis würden diese mehr die Nutzung als den Schutz der Landschaft im Auge haben. Es sei immer das Land, das den Plan genehmige, auch wenn die Gemeinde mehr eingebunden werde, betonte Zerzer.
Er könne im Entwurf diesbezüglich jedenfalls keine Abstriche zur geltenden Regelung erkennen. Dieses Misstrauen gegenüber den Gemeinden könne er nicht teilen, erklärte LR Richard Theiner. Er sei überzeugt, dass sie ihrer Verantwortung gerecht würden. Myriam Atz Tammerle brachte Anliegen von Bürgern zum Denkmalschutz vor. Sie wünschten sich im Gegenzug zu den Auflagen eine bessere finanzielle Unterstützung, auch einen gewissen Schutz vor den Nachbargebäuden, z.B. wegen der Sichtbarkeit. Andreas Pöder sah die Zuständigkeiten der Gemeinden eingeschränkt, denn am Ende entscheide das Land. Er kritisierte die zu vielen Einschränkungen beim Denkmalschutz und fragte nach dem Einfluss der Lobbys bei der Erstellung des Entwurfs. Riccardo Dello Sbarba meinte, dass im Laufe der Überarbeitung des Entwurfs die Bedeutung der Landschaft gegenüber der Wirtschaft zurückgegangen sei. Der Text sei mehrmals vorgestellt worden, eine endgültige Fassung liege immer noch nicht vor. Bei den Landschaftsgenehmigungen sei das Vetorecht des Landesvertreters gestrichen worden, ebenso der Schutz aus öffentlichem Interesse – das Privatinteresse habe Vorrang. Das Land sollte sich besser an sich selbst messen, nicht an den anderen Regionen. Auch Brigitte Foppa sah ebenfalls einen Vorrang für das Privatinteresse und kritisierte die vielen Kann-Bestimmungen.
Auch Paul Köllensperger vermisste eine Höherstellung des Landschaftsschutzes gegenüber der Raumordnung, die Landschaft sei Lebensraum, aber auch Wirtschaftsgrundlage für den Tourismus. Walter Blaas konnte nur eine sehr begrenzte Aufwertung der Gemeinden erkennen. Vieles gehe schon heute am Gemeinderat vorbei. Theiner habe sein Vertrauen in die Gemeinden bekundet, aber das sei oft enttäuscht worden – zu oft gehe es ums Bauen statt um den Schutz. Er fragte, welche Kontrolle über die Gemeinden vorgesehen sei, ob der Denkmalschutz vor dem Landschaftsschutz stehe und ob es eine Vereinheitlichung der Bauordnungen geben werde.
LR Theiner ging auf die einzelnen Fragen ein, betonte aber grundsätzlich, dass keine Interessengruppe bei diesem Gesetz als Sieger gegen die anderen hervorgehen werde. Der Denkmalschutz werde von einem eigenen Gesetz geregelt. Manche wollten den Landschaftsschutz gänzlich dem Land unterstellen, manche sähen ihn bei den Gemeinden besser aufgehoben: Es werde mehr Einbindung der Gemeinden geben, aber das Land habe das letzte Wort. Der Landschaftsschutz sei in diesem Entwurf sicher nicht geschmälert worden. Beiträge als Muss-Bestimmung gebe es in keinem Landesgesetz, antwortete Florian Zerzer auf den Einwand von Foppa. Bei den Bagatelleingriffen gebe es weiterhin das bindende Gutachten des Landes. Duccio Traina betonte dass der Schutz durch den Landschaftsplan festgelegt wird, nicht durch Einzelmaßnahmen, daher habe immer das Land das Heft in der Hand.
Architekt Adriano Oggiano von der Abteilung für Raumordnung bot eine Übersicht über die Grundstruktur der alten und neuen Raumordnung. Derzeit gebe es Lerop, Fachpläne, Landschaftsplan, Raumentwicklungsplan, Bauleitplan und Durchführungsplan. In Zukunft werde es einen strategischen Landesplan geben und ein Gemeindeentwicklungsprogramm für Raum und Landschaft. Innerhalb des besiedelbaren Gebiets entscheide die Gemeinde, außerhalb das Land. Damit gebe es ein Limit für den Grundverbrauch.
Arch. Frank Weber, ebenfalls von der Abteilung Raumordnung, bezeichnete die Abgrenzung des Siedlungsgebietes als Kernelement der Raumordnung. Die Flächenwidmung innerhalb des Siedlungsgebiets bleibe Angelegenheit der Gemeinde. Die Planung müsse transparent sein und öffentlich diskutiert werden können. Außerhalb des Siedlungsgebiets brauche es für wirtschaftliche Aktivitäten und Freizeitanlagen eine besondere Begründung, die Entscheidung sei der Landesregierung vorbehalten. Die Flächenwidmung der urbanistischen Gebiete sehe Mischgebiete für Wohnen und damit verträgliche Tätigkeiten vor, Gewerbegebiete, Sondernutzungsgebiete, Flächen für Verkehr und Mobilität, Gebiete für öffentliche Einrichtungen und Sondernutzungsgebiete von Landesinteresse. Die Gemeinden würden von einer Kommission für Raum und Landschaft beraten, die von Fachleuten besetzt sei.
Oswald Schiefer stellte bei einigen Abgeordneten ein Misstrauen gegenüber den Gemeinden fest, aber man habe gesehen, dass diese ihre Zuständigkeiten immer mit großer Verantwortung ausgeübt hätten. Daher sei es auch richtig, dass jene, die vor Ort den Bürgern gegenüber verantwortlich seien, auch die Entscheidungen fällen sollten, unterstützt durch die Fachleute des Landes. Er fragte Jakob Brugger nach seiner Vision für ein neues Raumordnungs- und Landschaftsgesetz. Dieser bezeichnete den vorliegenden Entwurf als sehr wichtig für Südtirol, weil er vieles an der Entwicklung des Landes voraussehbar und planbar mache. Es bringe Vereinfachung und Transparenz. Eine Entwicklung müsse zulässig sein, aber sie müsse nachhaltig sein. Riccardo Dello Sbarba bemerkte, dass der erste Entwurf mehr auf die Wiederverwendung von Kubatur gesetzt habe. Nun spreche man von besiedelbarem Gebiet und auch von Baumöglichkeiten außerhalb. Auch das Prinzip, dass neue Zonen an bestehende anschließen müssen, sei gestrichen worden. Bernhard Zimmerhofer wies auf den Ausverkauf der Heimat hin, der nun nach der Wirtschaftskrise gleich weiter gehe und gegen den wenige Gemeinden etwas tun würden. Er lobte die Berücksichtigung der Mobilität in der Raumordnung und fragte nach der Bedeutung von Art. 70.
Innen sensibel, außen penibel – das sei der Grundsatz zum Siedlungsgebiet, erklärte LR Theiner. Man könne nicht das ganze Land über einen Kamm scheren, es gebe Gemeinden, wo man über eine Bautätigkeit froh wäre. Beim Zweitwohnungstourismus hätten die Gemeinden die Möglichkeit, 100 Prozent der einheimischen Bevölkerung vorzubehalten. Gewisse Gemeinden, vor allem im Dolomitengebiet, stünden diesbezüglich stark unter Druck, was sich auch auf die Preise auswirke. Frank Weber bezeichnete einen Stopp für neue Zonen als nicht realistisch. Aber die Wiedergewinnung bestehender Kubatur bleibe ein Ziel. Das Thema bleibe jedenfalls eine politische Entscheidung. Abteilungsdirektor Anton Aschbacher wies darauf hin, dass alle Abweichungen vom Prinzip, neue Zonen an bestehende anzuschließen, in einem Verzeichnis klar festgelegt seien. Hans Heiss fragte, ob die Beschränkung der Bettenzahl noch aufrecht bleibe. In manchen Gegenden sei eine Sättigung erreicht, antwortete LR Theiner, in manchen wäre mehr Tourismus auch ein Mittel gegen die Abwanderung. Touristisch entwickelte Gemeinden würden sicher keinen Antrag auf Aufstockung stellen.
Zum Thema “leistbares Wohnen” verwies Arch. Pierguido Morello auf die Bevölkerungsentwicklung: Die Zahl der Familien habe sich seit 1971 verdoppelt, und sie seien kleiner geworden. Die Zahl der Besetzten wie der freien Wohnungen habe zugenommen, letztere stellten 12 Prozent des Wohnraums dar, in anderen Alpenregionen machten sie 40 bis 50 Prozent aus. 1971 seien die Hälfte der Wohnungen Mietwohnungen gewesen, heute seien es ein Viertel. Die Bautätigkeit sei vor allem, und wie auch anderswo, in den Siebzigern und Neunzigern besonders intensiv gewesen. 58 Prozent der Wohnungen seien ohne öffentlichen Beitrag errichtet, manche davon aber von der öffentlichen Hand gekauft worden. Es werde nun mehr erweitert als neu gebaut, auch wegen des Energiebonus. Ein Viertel der Kubatur sei im landwirtschaftlichen Grün entstanden. Die Wohnungspreise seien vor allem in den größeren Zentren und in den ladinischen Tälern hoch. Das stehe in direktem Zusammenhang mit den Grundpreisen. Laut Astat werde die Bevölkerung bis 2030 um 34.000 Personen bzw. um 29.000 Familien zunehmen: Dies sei für die künftige Planung zu berücksichtigen. Die Bauleitpläne hätten der Nachfrage entsprochen, und das System der Erweiterungszonen mit einem Mix aus gefördertem und privatem Wohnbau habe eine Gettoisierung verhindert. Was nicht so funktioniert habe: Die massive Bautätigkeit im landwirtschaftlichen Grün, die steigenden Wohnungskosten der Mangel an Mietwohnungen. Dem wolle man mit dem neuen Gesetz begegnen.
Abteilungsdirektor Anton Aschbacher betonte, dass man das Bewährte beibehalten wolle und die Schwachstellen ausbessern. Die Flächen mit Vorbehalt für Einheimische (mindestens 60 Prozent) bleiben. Nun würden die Gemeinden ermächtigt, einen Teil der Fläche einzubehalten. Die Einnahmen daraus seien zweckbestimmt für geförderten und sozialen Wohnbau, Gebäudesanierung und Erschließungsarbeiten. Bei der Bereitstellung von Wohnungen mit Preisbindung können auch die Privaten Bauträger eingebunden werden.
Riccardo Dello Sbarba verwies auf die von Arch. Morello genannten Negativentwicklungen, die vor allem zu Lasten der unteren Einkommensschichten gegangen seien. In München kassiere die Stadt 66 statt 30 Prozent der Wertsteigerung aus der Umwidmung. Er fragte, wie lange die Preisbindung für Wohnungen aufrecht bleibe. Brigitte Foppa fragte, warum bestimmte Gebäude (z.B. für touristische Zwecke) von der Berechnung der Wertsteigerung ausgenommen seien. Paul Köllensperger fragte nach der rechtlichen Möglichkeit, der Gemeinde ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Walter Blaas fragte, ob es bezüglich Konventionen eine Vereinheitlichung bei den Gemeinden geben werde. LR Richard Theiner kündigte entsprechende Richtlinien an. In München gebe es keine gesetzliche Grundlage für den öffentlichen Anteil an der Wertsteigerung, der Prozentsatz sei eine Entscheidung der Stadt. Außerdem habe Südtirol einen dreimal so hohen Anteil an Eigentumswohnungen. Die Preisbindung sei auf unbegrenzte Zeit angesetzt. Die Ausnahme für gewerbliche Gebäude im Siedlungsraum begründete Theiner damit, dass in Südtirol Gewerbegrund um einiges mehr koste als in den Nachbarregionen. Man würde für heimische Betriebe einen Wettbewerbsnachteil schaffen. Prof. Duccio Traina sah ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden als unrealistisch und möglicherweise verfassungswidrig.
Rechtsanwalt Jakob Brugger ging auf die Baurechtstitel ein und berichtete von dem in den Vorarbeiten stark geäußerten Wunsch nach Vereinfachungen. Das neue Gesetz sehe eine Differenzierung der Verfahren. Kleinere Eingriffe sollten mit Baubeginnmeldung genehmigt sein, größere, vor allem solche mit Auswirkung auf die Landschaft, bedürften der Genehmigung. Die Gemeinde übernehme die Regie über das Verfahren, was einen Aufwand für die Verwaltung darstelle, einiges könne man aber auslagern, etwa über den Gemeindeverband. Neben der klassischen Baugenehmigung sei die zertifizierte Mitteilung des Tätigkeitsbeginns vorgesehen, die beeidigte Baubeginnmeldung und freie Eingriffe. Die zertifizierte Mitteilung entspreche den staatlichen Vorgaben und bringe eine deutliche Vereinfachung, wobei die Gemeinde kontrollieren und den Bau auch einstellen könne. Kleinere Eingriffe könne man wesentlich schneller realisieren als heute. Für die Umsetzung sei bei den Gemeinden eine einheitliche Servicestelle vorgesehen, die alleiniger Ansprechpartner der Bürger für diese Angelegenheiten sei, ergänzte Anton Aschbacher.
Brigitte Foppa stellte die Frage nach der Geschlechterrelevanz der Raumordnung. Heute seien alles männliche Referenten hier. Sie fragte, ob Frauen bei der Erstellung des Entwurfs beteiligt waren. Myriam Atz Tammerle fragte, ob die bindenden Gutachten nur für Bauten oder auch für den Ensembleschutz vorgesehen seien. Sie fragte auch, ob es auch Kontrollen gebe, ob eine Gemeinde gerecht entscheide – man höre oft Klagen, dass Bürger, die es mit der Gemeinde “gut könnten”, besser behandelt würden. Sigmar Stocker fragte nach einer Möglichkeit für die Abgeordneten, das Thema noch weiter zu vertiefen.
Jakob Brugger verwies zur Geschlechterfrage Foppas auf die wertvolle Mitarbeit der Expertin Ilse Gruber. Er verwies auch auf das staatliche Antikorruptionsprogramm, das eine Liberalisierung bestimmter Tätigkeiten als konkreten Beitrag zur Bekämpfung der Korruption sehe. Der Anteil der Frauen unter jenen, die sich mit Vorschlägen zu den ersten Entwürfen gemeldet hätten, liege zum Teil über 50 Prozent, erklärte LR Richard Theiner. Der Weg der Partizipation sei schwierig gewesen, aber er würde es wieder so machen. Er dankte auch Direktor Aschbacher, der die ganzen letzten drei Jahre an dem Entwurf gearbeitet habe. Mit diesem Gesetz, vor allem mit der Abgrenzung der Siedlungsgebiete, werde man die Landschaft besser schützen können, und es werde versucht, Wohnen leistbarer zu machen. Die Verschlankung der Prozeduren sei eine substanzielle und auch kulturelle Umstellung. Er erinnerte daran, dass die Landesregierung den Entwurf voraussichtlich innerhalb eines Monats behandeln werde. Nach der Verabschiedung im Landtag würden einige Bestimmungen sofort wirksam werden, andere, wie jene zu den Baukommissionen, erst mit den nächsten Gemeindewahlen.
Blaas: Keine Aufwertung der Gemeinden mit dem neuen Landesraumordnungsgesetz
Bei der heutigen Anhörung zum neuen Landesraumordnungsgesetz unterstich Landesrat Theiner, dass eine Aufwertung der Gemeinden erzielt werden soll. Tatsächlich werden nur die Bürgermeister und der zuständige Urbanistikreferent mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. Der freiheitliche Landtagsabgeordnete Walter Blaas verweist in einer Aussendung auf die Mängel und schwierige politische Kontrolle durch die Institutionen.
„Beim heiklen Thema der Landesraumordnung propagiert die SVP stets neue große Würfe, welche sich allzu oft als Rückschritte herausstellen“, hält Walter Blaas in einer Aussendung einleitend fest. „Genauso verhält es sich bei der Ankündigung, dass die Gemeinden eine Aufwertung erfahren sollen. Tatsächlich lässt sich jedoch bereits heute ein konträres Bild nachzeichnen, das dieser inhaltsleeren Ankündigung vollkommen widerspricht“, erörtert Blaas.
„Die Kompetenzen und Aufgaben des Gemeinderates wurden über Jahre hinweg zugunsten des Gemeindeausschusses beschnitten. Alle Macht zur Durchführung der wesentlichen Entscheidungen ist beim Bürgermeister und den zuständigen Referenten gebündelt. Entscheidungen in Sachen Urbanistik werden weitestgehend von diesen Gremien getroffen bzw. in die Wege geleitet. Daran wird das neue Landesraumordnungsgesetz nichts ändern“, unterstreicht der freiheitliche Landtagsabgeordnete.
„Beispiele wie Prags, Brixen, Sand in Taufers, Welsberg oder Pfalzen zeigen, mit welchen fatalen Folgen diese Machtkonzentration in Sachen Urbanistik verbunden war. Mangels Möglichkeit zur politischen Kontrolle – auch durch die Landtagsabgeordneten, welche von den Gemeinden keine Informationen mehr erhalten – kam es immer wieder zu Auswüchsen, die sich aus heutiger Sicht mit dem neuen Gesetz weiter verschärfen werden“, betont Blaas.
„Von einer Aufwertung der Gemeinden kann keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich um eine zusätzliche Machtkonzentration, die Fehlentscheidungen begünstigt, Kontrolle verhindert und einen bürokratischen Dschungel heranzüchtet. Viele Verwaltungen kleiner Gemeinden sind künftig überfordert angesichts der mannigfaltigen Aufgaben. Auch der Zusammenschluss kleinerer Gemeinden im Urbanistikbereich würde Entlastung bringen, zumal jede dieser Gemeinden eine eigene Bauordnung besitzt“, hält Walter Blaas abschließend fest.
Grüne: Geschütze Lobby-Interessen
Ankündigungspolitik und Zebra-Strategie – das waren formale Hauptkritikpunkte der Grünen am heute vorgestellten Gesetz für Raum und Landschaft. Der Prozess sei schlussendlich viel weniger partizipativ als erhofft gewesen und wie von der Landesregierung versprochen worden sei. „Ich habe noch kein anderes Gesetz gesehen, das so lange vorangekündigt wurde wie dieses“, unterstreicht Dello Sbarba in seiner engagierten Rede, in der er neben den prozeduralen Problemen auch das Verschwinden des Gemeinguts aus dem Gesetzesentwurf kritisiert.
Auch Brigitte Foppa war perplex über das Vorgehen der Landesregierung. „Seit März gab es ständig neue Versionen über denen wir brüten und die verwirren und zermürben.“ Pointiert bezeichnete sie die Methodik der Landesregierung als Zebrataktik „bei der die Mücken vor lauter Streifen nicht mehr genau wissen, wo sie denn hin stechen sollen“.
Auch inhaltlich würden Natur und Landschaftsschutz stark abgeschwächt. “Während im ersten Entwurf noch zahlreiche Artikel vorhanden waren, die Landschaft und Umweltschutz im Gesetz verankern sollten, gibt es jetzt nur mehr zwei, “ so Brigitte Foppa. „ Die Wirtschaft und die Landwirtschaft sind nun die großen Gewinnerinnen. Das spiegelt sich auch in der Besetzung der Kommissionen und Beiräte wieder.“
Ein weiteres Problem bestünde in der Rolle der Gemeinden. „Auch wenn uns die Gemeindeautonomie am Herzen liegt, gibt es gerade im Bereich der Raumplanung große Interessenkonflikte auf Gemeindeebene. Mit Landschaftsschutz macht man sich oft weniger beliebt, als mit neuen Baukonzessionen. Hier braucht es transparentere Kontrollen, damit die Natur und die Schwächsten nicht untergehen“.