Von: mk
Bozen – Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) stellt sich hinter die Broschüre der Volksanwaltschaft zur Patienteninformation bei vermeintlichen Behandlungsfehlern im Gesundheitswesen und hofft auf eine flächendeckende Verteilung. „Damit erhalten Patienten und Angehörige in einer schwierigen Phase eine Orientierung, welche Möglichkeiten zur Wahrung der eigenen Rechte bestehen“, erklären die Verbraucherschützer.
Dabei gehe es nicht darum, berechtigte Ansprüche in jedem Fall vor Gericht durchzusetzen. Auch auf die Schlichtungsstelle und Mediation sei hingewiesen worden. Eine solche Information war schon überfällig. Auch die VZS werde dazu beitragen, dass die Broschüre den Interessierten zur Verfügung steht.
„Der Zorn einiger Ärztevertreter ist nicht angebracht und zeichnet das Bild einer Ärzteschaft, welche das Informationsmonopol über die Patienten haben möchte. Die Broschüre ist inhaltlich sehr korrekt und hilft den Patienten sich zu informieren. Dies ist immer noch viel besser, als uninformiert einem Anwalt eine Vollmacht zu einer Klage zu erteilen. Die Ärzteschaft hat nicht die Rolle, die Interessen der Patienten zu vertreten, und braucht daher auch nicht einbezogen werden. In Deutschland ist es Standard, dass solche Broschüren von den Krankenkassen selbst herausgegeben werden. Somit war die Einbeziehung des Südtiroler Gesundheitsdienstes angebracht, aber nicht mal zwingend erforderlich“, meint die VZS.
Der Geschäftsführer der VZS, Walther Andreaus, lädt die Ärzteschaft vielmehr ein, in Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft, dem Sanitätsbetrieb und bei Bedarf auch mit der Verbraucherzentrale, einen weiteren Ratgeber für Patienten und Ärzte herauszugeben, wie Zwischenfälle und Behandlungsfehler nicht nur rechtlich geklärt werden können, sondern wie im Rahmen eines guten Arzt-Patient-Verhältnisses miteinander gesprochen werden kann. Denn das Gespräch sei genauso wichtig wie die rechtliche Abklärung. „Aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen wird nämlich oft auf eine Entschuldigung oder auf das Gespräch, was schiefgelaufen ist, verzichtet“, betont die VZS.
Dachverband: „Warum die Polemiken zur Patientenschutzbroschüre der Volksanwaltschaft?“
Die Information der Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte und aber auch Pflichten gehöre zum Einmaleins der Staatsbürgerkunde. Dass dies in den besonders sensiblen Fragen des Rechtsanspruchs zur Gesundheitsbetreuung anders sein sollte, ist für den Dachverband für Soziales und Gesundheit nicht nachvollziehbar.
In Folge einer Fachtagung zum Patientenschutz im Herbst 2016 waren von der Volksanwaltschaft in Anlehnung an österreichisches Informationsmaterial Arbeiten zur Information für Südtirols Bürgerinnen und Bürger gestartet worden. Neben anderen hat sich seitens der Patientenorganisationen auch der Dachverband für Soziales und Gesundheit in diese Vorbereitungen eingebracht.
„Ist es doch eine der Kernaufgaben aller Betroffenenorganisationen, eine möglichst gute Betreuung zu erhalten. Unbestritten der Tatsache, dass eine allgemein hohe Zufriedenheit und Anerkennung für die Leistungen der Gesundheitsdienste empfunden und bestätigt wird, gibt es natürlich manchmal auch einige Probleme. In diesen Fällen ist es ein Recht der Patienten und der mitbetroffenen Angehörigen, zu wissen, welche Möglichkeiten der Abklärung und – wenn es zusteht – eines Schadensersatzes bestehen. Dabei liegt es nahe, dass die Problemlage zunächst genau erkannt werden muss. Denn ein fehlerhaftes Verhalten kann den Patienten ebenso unterlaufen, wie auch den behandelnden Fachkräften des Gesundheitswesens, wozu ja nicht nur die Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte gehört“, erklärt der Dachverband.
Die Vertreter der Ärzteorganisationen haben sich letzthin mit großer Entrüstung gegen das Erscheinen dieser Informationsbroschüre geäußert. Für den Dachverband für Soziales und Gesundheit ist dieser Widerstand kaum nachvollziehbar. Immerhin seien es dieselben Ärztevertretungen gewesen, die beim drohenden Ausfall der Haftpflichtversicherung Sturm gelaufen sind, was letztlich bestätige, dass niemand vor Fehlern gefeit ist.
Für einen Heilungsprozess oder eine Linderung der mit Krankheiten verbundenen Leiden brauche es ohnehin ein stimmiges Miteinander und Zusammenwirken von Patienten und Gesundheitsfachkraft, wo auch die Kommunikation eine zentrale Rolle spiele. Gibt es Probleme, müssten beide Seiten über Rechte und Pflichten Bescheid wissen. Was in Europa gesetzlich festgeschrieben ist und auch in den einzelnen Ländern etwa durch die Berufung von Patientenanwaltschaften geregelt ist, sollte auch in Südtirol gutgeheißen und keinesfalls an den Pranger gestellt werden, so der Dachverband.
„Dass nun die Wogen hochgehen, ist jedenfalls der beste Beweis dafür, dass es einen Diskussionsbedarf gibt und es an der Zeit ist, dass auch die Bürgerinnen und Bürger als mündige Patientinnen und Patienten ihren Teil der Verantwortung ebenso wie auch ihre Rechtsansprüche genauer erkennen“, erklärt der Dachverband abschließend.