CDU-Kretschmer könnte dank Linkspopulisten an der Macht bleiben

Wagenknecht-Partei offen für Koalition mit CDU in Sachsen

Montag, 02. September 2024 | 14:49 Uhr

Von: APA/AFP/dpa

Nach den Landtagswahlen in den deutschen Bundesländern Sachsen und Thüringen hat die Co-Vorsitzende des linkspopulistischen BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht), Amira Mohamed Ali, sich grundsätzlich offen für eine Koalition mit der CDU gezeigt. “Es gibt Parallelen, es gibt auch erhebliche Unterschiede”, sagte sie am Montag. Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält in seinem Land eine Koalition mit der SPD und dem BSW für möglich.

“Es wird nicht einfach sein, es wird auch seine Zeit dauern, aber es ist möglich”, sagte Kretschmer am Morgen nach der Wahl im Deutschlandfunk. Eine Zusammenarbeit mit der AfD oder der Linken schloss er aus. Seine Partei CDU ist in Sachsen nach den vorläufigen Ergebnissen mit 31,9 Prozent (2019: 32,1 Prozent) knapp stärkste Kraft geworden, dicht gefolgt von der AfD mit 30,6 Prozent (27,5). Das neue BSW erreicht aus dem Stand 11,8 Prozent. Die SPD liegt bei 7,3 Prozent (7,7).

BSW-Co-Chefin Mohamed Ali sagte: Ob man wirklich zueinander finde, werde sich erst bei Koalitionsverhandlungen zeigen. Eine Koalition mit der rechtsextremen AfD schloss Mohamed Ali im ZDF-“Morgenmagazin” aus. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hatte für Bündnisse auf Landesebene zur Bedingung gemacht, dass mögliche Koalitionspartner eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen. Mit Blick auf die außenpolitischen Forderungen sagte Mohamed Ali, es liege nun an den “möglichen Koalitionspartnern” – allen voran der CDU -, “ob sie sich das vorstellen können”. Gerade von Kretschmer habe man “Signale” gehört, “dass er eigentlich auch diese Position hat”, sagte Mohamed Ali.

Wagenknecht sieht sich als erste Ansprechpartnerin für mögliche Koalitionspartner ihrer Partei in Thüringen und Sachsen. “Wer mit uns koalieren möchte, muss auch mit mir sprechen”, sagte die BSW-Vorsitzende am Montag in Berlin. “Ich denke schon, ein persönliches Gespräch ist da angemessener als ein Telefonat.” Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen würden aber im Land geführt. Da gehe es um fachliche Details, sagte Wagenknecht.

In Sachsen und Thüringen war das neu gegründete BSW am Sonntag aus dem Stand auf zweistellige Ergebnisse gekommen. In Sachsen gewann die CDU die Wahl knapp vor der AfD, in Thüringen siegte die AfD mit deutlichem Vorsprung vor der CDU.

“Ich möchte diesem Land dienen, ich möchte diesem Land eine stabile Regierung geben”, betonte Kretschmer, der gute Chancen hat, Ministerpräsident seines Landes zu bleiben. Der Weg dahin werde aber nicht leicht und könne monatelange Verhandlungen mit den möglichen Koalitionspartnern bedeuten, betonte der CDU-Politiker. Nun gehe es erst mal darum “durchzuatmen” und sich zu freuen, dass es in Sachsen gelungen sei, eine stabile Regierung bilden zu können.

Von Koalitionsverhandlungen sei die CDU noch weit entfernt. Wenn es so weit sei, werde seine Partei ihren “Wertekompass” auf den Tisch legen und dann werde es Gespräche geben. “Parteiideologien” müssten dabei in den Hintergrund treten. “Wir reden über Inhalte”, betonte Kretschmer. Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit dem BSW sagte er: “Wir koalieren nicht mit Frau Wagenknecht, sondern mit Menschen, die in den Sächsischen Landtag gewählt worden sind.”

Zum Umgang mit der AfD empfahl Kretschmer, vom Begriff der “Brandmauer” Abstand zu nehmen, weil die Partei diesen Begriff für sich ausnutze. “Die AfD ist eine Meisterin darin, sich als Märtyrerin darzustellen”, sagte der Ministerpräsident. Das verfange bei einem Teil der Wählerschicht. Solche Begriffe würden nicht helfen. Die AfD sei “eine Oppositionspartei wie jede andere, mit allen Rechten und Pflichten”.

AfD-Co-Chefin Alice Weidel zeigte sich nach dem guten Abschneiden ihrer Partei optimistisch, bei der Regierungsbildung in Sachsen und Thüringen mitzumischen. “Wir müssen festhalten, dass ohne die AfD keine stabile Mehrheitsbildung möglich ist”, sagte sie am Montag im ZDF-“Morgenmagazin”. Sie glaube nicht, dass sich die “undemokratische Brandmauer” durchhalten lasse. Ohne die AfD seien nur linke Mehrheiten möglich, dies wolle der Wähler nicht, befand Weidel. Wenn CDU und BSW in Thüringen mit linken Parteien koalierten, verlören sie auf Dauer ihre Glaubwürdigkeit. Der Wähler als Souverän habe sich in beiden Bundesländern für eine “bürgerliche Mehrheit der Mitte-Rechts-Koalition” entschieden, sagte Weidel. Dass die AfD 30 Prozent der Wähler binde, könne nicht ignoriert werden.

In Thüringen sieht BSW-Landeschefin Katja Wolf eine mögliche Minderheitsregierung skeptisch. Eine Minderheitsregierung sei in der aktuellen Situation “keine gute Option”, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Sie habe eine große Einigkeit auch bei den anderen Parteien vernommen, “dass eine Minderheitsregierung, so wie wir sie in den letzten fünf Jahren erlebt haben, so keine politische Zukunft haben darf in Thüringen”. Man müsse daher schnell in Gespräche kommen “und muss ausloten, was irgendwie möglich ist”. Co-Bundesvorsitzenden Mohamed Ali lehnt unterdessen eine Zusammenarbeit mit der AfD ab.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt will mit Blick auf die schwierige politische Situation nach der Landtagswahl zunächst mit der SPD und dem BSW ins Gespräch kommen. “Wir bewegen uns hier in einer neuen Situation”, sagte Voigt am Montag. “Wir streben eine CDU-geführte Regierung an. Wir werden natürlich jetzt ausloten, welche Möglichkeiten unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen machbar sind”, sagte er. Aus den Erfahrungen, die man in Thüringen gesammelt habe, sei es “in einem ersten Schritt wichtig, mit der SPD und dem BSW diese Gespräche zu führen”.

Zunächst hatte es am Wahlabend nach einer möglichen Mehrheit für CDU, BSW und SPD ausgesehen, doch inzwischen ist klar, dass es dafür nicht reicht. Eine Koalition mit eigener Mehrheit ist in Thüringen ohne Einbeziehung von AfD oder Linke nicht möglich. Theoretisch denkbar wäre etwa eine Koalition aus CDU, BSW und Linke. Der CDU verbietet aber ein Unvereinbarkeitsbeschluss eine Zusammenarbeit mit der AfD und der Linken.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bezeichnete das gute Abschneiden der AfD als einen Einschnitt in die deutsche Nachkriegsgeschichte. “Das ist schon eine Zäsur. Auch wenn sich das durch Umfragen angedeutet hat: Wenn das Wahlergebnis real wird, dann spürt man erst mal, was sich in Deutschland verändert hat”, sagte der CSU-Politiker dem Radiosender Bayern 2. Söder äußerte sich nicht explizit dazu, ob die CDU in Thüringen am Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linken festhalten soll. Wichtiges Ziel müsse nun sein, eine stabile Regierung zu bilden, “die dann auch etwas leisten kann”, sagte er.

Kommentare

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13 Kommentare auf "Wagenknecht-Partei offen für Koalition mit CDU in Sachsen"


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Doolin
Doolin
Kinig
5 h 59 Min

…so eine eingefleischte Putinfreundin kannst doch nicht in eine Koalition holen…

Hustinettenbaer
5 h 3 Min

@Doolin
Doch, das passt:
“Die Co-Parteivorsitzende des BSW… hatte sogar Schnittmengen mit der sächsischen CDU unter Kretschmer gesehen. Bei der Frage nach der Beendigung der Waffenlieferungen in die Ukraine und der Ablehnung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen habe sie „ähnliche Signale von Michael Kretschmer wahrgenommen“, sagte sie im ZDF-„Morgenmagazin“. „Mal schauen, was die Sondierungen bringen“.

Auch Migration, Gas, Verbrenner-Aus.

https://www.sueddeutsche.de/politik/landtagswahlen-sachsen-nach-der-wahl-bsw-sieht-schnittmengen-mit-cdu-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-240902-930-220208
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/afd-bsw-koalition-gemeinsamkeiten-wagenknecht-hoecke-100.html
https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/mobilitaet/schwerer-wirtschaftspolitischer-fehler-wagenknecht-will-beschlossenes-aus-fur-verbrenner-pkw-ruckgangig-machen-11475167.html

Sosonadann
Sosonadann
Universalgelehrter
4 h 35 Min

@Doolin
Kretschmer (CDU) ist in diesem Punkt nicht weit von Wagenknecht entfernt.

Spannend wird es, wenn die Wähler erkennen, dass sie gar nicht die Wagenknecht gewählt haben. Interessant auch, wenn sie erkennen, die Wahlversprechen sind aus Sachsens und Thüringens Regierung heraus gar nicht umsetzbar.
Spannend auch, wie sich die BSW-Leute verhalten werden. Werden sie in manchen Punkten gegen ihre Überzeugung die Vorgaben Wagenknechts übernehmen? Z.B. war Katja Wolf (BSW, Thüringen) in einem Interview bemüht, ihre Haltung mit jener von Wagenknecht in Übereinstimmung zu bringen. Zwischen den Zeilen hat dies mehr schlecht als recht geklappt.

N. G.
N. G.
Kinig
4 h 18 Min

Man ist nicht Putin freundlich nur weil man andere Vorstellungen davon hat wie man den Konflikt zu Ende bringt.
Genau diesesm Irrglauben liegst du auf!
PS: Ich wähle Grün. Als Grüner ist man bei dir ja auch Putin Boy Grins

Sosonadann
Sosonadann
Universalgelehrter
2 h 8 Min

@N.G.
Leider liegt die Vorstellung und die Realität weit auseinander.

Wenn Wagenknecht von der Einstellung der Waffenlieferung fabuliert, wird genau das nicht den Konflikt beenden.
Letztendlich hat der Konflikt begonnen, als es eben keine solche Waffenlieferungen gab. Die Lieferungen waren eine Folge des Konfliktes.

Der Ukrainische Botschafter in DE Makeiev hat in einem Podcast (Streitkräfte und Strategien) bestätigt, dass es seit 2014 schon über 100 Gesprächsrunden zur Beendigung des Konfliktes gab.

Die Forderung Wagenknechts (und deiner) endlich mit Friedensgesprächen zu beginnen, ist daher falsch, weil es solche Gespräche seit über 10 Jahren gibt.

Vorstellung ≠ Realität

Dagobert
Dagobert
Kinig
4 h 52 Min

BSW Wähler blärren heute noch ihrer guten alten DDR nach 😂
Hätten gerne das Geld und die Freiheit des Westens, aber ansonsten wäre es schon gemütlicher zu Tausenden in Fabriken irgendwie den Tag herumzukriegen!

UK
UK
Grünschnabel
2 h 34 Min

Du hast ja mal gar keine Ahnung von der DDR.

Buffalo
Buffalo
Superredner
5 h 37 Min

Den Politikern geht es heutzutage nur noch darum an der Macht zu bleiben. Dafür gehen sie auch mit dem eigentlichen Gegner Koalitionen ein.

Hustinettenbaer
2 h 31 Min

@Buffalo
CDU und BSW (oder AfD) sind kompatibel. Sie konkurrieren um ähnliche Wähler.
In Sachsen wechselten 43.000 2019-CDU-Wähler zum BSW.
44.000 Wechsler von CDU zu AfD.

Das drohende AfD-Alleinregierungs-Szenario wendeten jetzt wohl 78.000 2019-Nichtwähler ab.

Wählerwanderung: AfD jagt die CDU, Wagenknecht wildert bei den Linken (nzz.ch)

traktor
traktor
Kinig
2 h 20 Min

bsw hat in keiner Regierung nix verloren…. damit kann es nur schlechter werden! Während den linksradikalen Anfängen…

Sosonadann
Sosonadann
Universalgelehrter
2 h 5 Min

@traktor
Ist Wagenknecht linksradikal? Ich denke sie pickt sich aus allen Themen jene heraus, die sich am besten eignen, mit einfachen Sätzen Wähler zu gewinnen.

andr
andr
Kinig
3 h 47 Min

Deutschland hat ein Problem und das heißt “Migration”
Wenn man aus einem kriegs Land wie Syrien flüchtet kann man nicht noch den “Urlaub” in das “kriegs Land” finanzieren
Und es gibt noch viele andere Angelegenheiten die die Deutschen nicht mehr verstehen.
Wir in südtirol sollten vorsichtig sein nicht in die gleiche blauäugige Falle zu stolpern

sophie
sophie
Kinig
3 h 5 Min

Putin nahe Parteien haben Zuwachs👀👀🥺

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