Plenarsitzung

Wartezeiten: Generaldirektor vom Sanitätsbetrieb räumt im Landtag Schwierigkeiten ein

Mittwoch, 09. Oktober 2024 | 12:15 Uhr

Von: mk

Bozen – Am Mittwochmorgen hat die Oktober-Sitzungsfolge des Südtiroler Landtages mit der Anhörung des Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Christian Kofler, im Sinne des Art. 8 Abs. 2 des Landesgesetzes Nr. 3/2017. Demnach muss innerhalb von 120 Tagen ab Ernennung des Generaldirektors durch die Landesregierung dessen Vorstellung und Anhörung im Landtag erfolgen; Kofler war im März ernannt worden.

Das Gesundheitswesen spiele eine wichtige Rolle in der Gesellschaft, so Kofler u.a., und verwies in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit von Präventionsmaßnahmen. Es gebe in Südtirol einige Besonderheiten, die es zu berücksichtigen gelte, darunter die kulturelle Vielfalt: In einem zweisprachigen Land müssten zweisprachige Mitarbeiter angestellt werden, was eine zusätzliche Herausforderung bei der Mitarbeiterakquise mit sich bringe. Man habe täglich rund 100.000 Touristen im Land, auch für diese gelte es die Gesundheitsversorgung – die Akutbetreuung – zu gewährleisten, dafür müssten entsprechende Kapazitäten vorgehalten werden. Die finanziellen Mittel für den Sanitätsbetrieb würden direkt über den Landeshaushalt zur Verfügung gestellt, nicht wie im restlichen Italien über den staatlichen Fonds; die Ausstattung sei gut.

Der Sabes beschäftige über 10.000 Mitarbeiter und arbeite in sieben Krankenhäusern und 20 Sprengeln; man habe mehr als 100 Berufsprofile. In den sieben Krankenhäusern habe man 1.400 bis 1.500 Betten, die die Akutversorgung gewährleisteten; weitere rund 400 Betten stünden bei konventionierten Partnern zur Verfügung. Im vergangenen Jahr seien neun Millionen fachärztliche ambulante Leistungen erbracht worden.

Kofler gab weiters Einblicke in die wohnortnahe Grundversorgung, die täglichen Leistungen des Sanitätsbetriebes – von den durchschnittlich 745 Zugängen in der Notaufnahme bis zu den 1.021 Radiodiagnostik-Leistungen.

2023 habe der Sanitätsbetrieb eine Bilanz von 1,7 Milliarden Euro gehabt, 740 Mio. davon seien Personalausgaben. Er wolle sich dafür bedanken, dass die entsprechenden Mittel bereitgestellt würden. Für das Gesundheitswesen würden 6,7 Prozent des BIP aufgewandt, im Vergleich sei es in anderen Ländern mehr, etwa 13 Prozent in Österreich und Deutschland oder 17 Prozent in Amerika.

Die Vernetzung – nicht nur die digitale – innerhalb des Gesundheitsbetriebs sei wesentlich. Nur wenn man sich gemeinsam um den Patienten kümmere, habe man die Möglichkeit eine qualitativ hochwertige Betreuung zu gewährleisten.

Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung seien der demografische Wandel. Rund ein Viertel der Bevölkerung sei chronisch krank, für diese würden ca. 75 Prozent der finanziellen Ressourcen aufgewandt. Das zeige erneut die Bedeutung der Prävention; der Gesundheitsbetrieb könne bis zu einem bestimmten Punkt leisten, aber es liege an den einzelnen, vor allem auch in jungen Jahren Vorsorge zu treffen. Es gebe drei Schwerpunkte, die in den kommenden Jahren angegangen werden müssten:

* die wohnortnahe und die Grundversorgung: Die Gesundheitsvorsorge in Südtirol sei sehr krankenhauszentriert, die Mittel aus dem Pnrr böten die Gelegenheit einer Umstrukturierung Richtung wohnortnaher Versorgung. Man wolle zehn Gemeinschaftshäuser und drei Gemeinschaftskrankenhäuser bauen.

* die Digitalisierung: Dies sei ein Themenschwerpunkt, der die Sanität bereits seit mehreren Jahren begleite. Es müsse gelingen, die Digitalisierung voranzubringen und diese Baustelle in den kommenden 2 bis drei Jahren zu schließen, damit die Digitalisierung eine Hilfe für Mitarbeiter und Bürger sei. Das Projekt, das ein riesiges sei, müsse auf verschiedenen Ebenen vorangebracht werden. Man arbeite an der Einführung eines Systems, dass – wenn die Bürger sich beim Hausarzt eine Facharztvisite verschreiben lassen – der Sanitätsbetrieb direkt eine Visite anbieten könne; aufgrund der sehr strengen Datenschutzbestimmungen werde man aber bei der operativen Umsetzung vor Herausforderungen gestellt. Die Digitalisierung solle eine verbesserte Versorgung und eine verbesserte Vernetzung mit sich bringen. Neuimplementierungen bräuchten Kraft vonseiten der Mitarbeiter, man setze deshalb vermehrt auf Schulungen und Support. Die Elektronische Gesundheitsakte sei auf den Weg gebracht worden, wenn sie auch noch an einigen Kinderkrankheiten leide – doch man arbeite daran. Ein weiterer Punkt, der bei der Digitalisierung nicht außer Acht gelassen werden dürfe, sei die Künstliche Intelligenz, diese biete verschiedene Möglichkeiten – eine Hürde sei in diesem Bereich oft der Datenschutz.

* die Wartezeiten: Das Thema sei nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch bei Facharztvisiten anzugehen. Es gebe ein immer mehr an Tätigkeit, dass unter den gegebenen Voraussetzungen unter “Personalressourcen-Sicht” nicht zu stemmen sei. Man müsse neue Lösungen suchen, weil man weiterhin gewährleisten möchte und müsse, den Bürgern die Gesundheitslösungen zukommen zu lassen. Es sei auch in diesem Bereich eine Taskforce eingerichtet worden. Man schätze, dass 20 bis 30 Prozent der Leistungsanfragen nicht angemessen seien.

Man arbeite weiters an einigen operativen Problemen, darunter Ausschreibungen von Führungskräftepositionen – bekanntlich müssten 50 Primarstellen neu ausgeschrieben werden. Führungskräfte seien wesentlich dafür, dass die Dienste entsprechend geführt würden, deshalb liege ihm besonders daran, dass diese Positionen besetzt würden. In den kommenden 6 bis 8 Monaten sollten die Führungspositionen besetzt sein, wenn auch der technische Aufwand umfangreich sei. Hinsichtlich des allgemeinen Personalstands bemühe man sich auf verschiedenen Ebenen um neue Mitarbeiter; die Anstellungssituation insgesamt sei zufriedenstellend – man habe natürlich eine gewisse Fluktuation. Jährlich verzeichne man, inklusive Pensionierungen, zwischen 300 und 400 Abgänge, das sei in vertretbarem Ausmaß. Man sei in den meisten Bereichen konkurrenzfähig, auch wenn die Konkurrenz international groß sei. Man arbeite an einer endgültigen Betriebsordnung, diese sei seit 2007, seit der einzige Sanitätsbetrieb gegründet wurde, provisorisch.

Es gebe auch Positives zu berichten: Der Sanitätsbetrieb habe einige Zertifizierungen bzw. Auszeichnungen erhalten. So liege Südtirols Notfallnetzwerk beispielsweise italienweit vorne. Man habe mit der Universität Luiss in Rom ein Riskmanagement aufgestellt, dass für eine gute Aufstellung in diesem Bereich sorge.

Man arbeite stark daran, dass sämtliche Mitarbeiter zweisprachig seien – das sei für eine qualitativ hochwertige Patientenbetreuung wesentlich. Es würden dazu verschiedene Sprachkurse angeboten. Wie schnell der einzelne die Sprache erlerne, hänge vom eigenen Einsatz ab.

Es müsse gelingen, auch die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Es könne nicht sein, dass Mitarbeiter, die den Menschen helfen wollten, verbal und physisch angegriffen würden.
Sein Dank und seine Wertschätzung gelte den Mitarbeitern des Sanitätsbetriebs, denen es trotz Herausforderungen gelinge, eine gute Gesundheitsvorsorge zu gewährleisten. Ihre Arbeit gehe über das Erwartbare hinaus. Die Tätigkeit im Gesundheitswesen könne belastbar sein und sei anspruchsvoll, die Mitarbeiter gingen sie aber mit Hingabe an – das System beruhe auf ihrer Kompetenz und Menschlichkeit. Er, so Kofler, sei sich bewusst, dass man für Verbesserungen bei den Mitarbeitern sorgen müsse. Abschließend bedankte sich Kofler auch bei seinem Team und verschiedenen Führungskräften.

Stellungnahmen und Fragen der Abgeordneten

Sandro Repetto (PD – Demokratische Partei) sagte u.a., er wünsche dem Generaldirektor mehr Erfolg als seinen Vorgängern. Der Abgeordnete erkundigte sich u.a. nach der Entwicklung der Bettenzahl, der Anzahl der Mitarbeiter ohne Zweisprachigkeitsnachweis und den Wartezeiten.

Franz Locher (SVP) bedankte sich für die informativen Ausführungen und wies u.a. darauf hin, dass es bei Lebensmittelausschreibungen für Unmut sorge, wenn Lebensmittel von außerhalb des Landes angekauft würden: Er ersuche den Generaldirektor dafür zu sorgen, dass die lokale Wirtschaft gestärkt werde.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) unterstrich u.a., sie wolle den Dank der Mitarbeiter zurückgeben. Jeder Mitarbeiter, der den Betrieb verlasse, sei einer zu viel. Wesentlich sei die Förderung der Mitarbeiter. Ein großes Thema sei jenes der Gewalt, sie wisse, dass Deeskalationskurse liefen. Auch er wolle sich bei allen Mitarbeitern des Sanitätsbetriebes bedanken, so Franz Ploner (Team K) u.a. und erkundigte sich nach Abläufen im Sanitätsbetrieb, nach der Finanzzuweisung der einzelnen Krankenhäuser und den Soll- bzw. den Ist-Stellenplänen.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) schickte voraus, er hoffe, dass nun mit Generaldirektor Kofler mehr Ruhe in den Sanitätsbetrieb komme und fragte u.a., was man tue, um deutschsprachige Arbeitskräfte anzuwerben und um die Wartezeiten abzubauen.

Brigitte Foppa (Grüne) fragte u.a. nach der Digitalisierung im Sanitätsbetrieb, die sie bei ihrer Arbeit im Landtag seit 10 Jahren begleite, das sei im IT-Bereich ein sehr langer Zeitraum: Warum werde so lange daran “herumgedoktert”? Es gelte sich auch, bewusst zu sein, was es als Bürger bedeute, mit dem Jargon der Sanität umzugehen – andere Menschen hätten andere Sprachen.

Es sei “unser” Anliegen, die Europaregion zu stärken – auch bei der Gesundheitsversorgung, so Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) und erkundigte sich, was der Generaldirektor tun werde, um diese zu stärken.

Thomas Widmann (Für Südtirol mit Widmann) unterstrich u.a., man solle sich in Rom stark engagieren, um Kompetenzen ins Land zurückzuholen. Er wünsche sich, dass man sich der Wartezeiten persönlich annehme – gerade jene in kritischen Bereichen, ebenso wie die Aufwertung des Territoriums, u.a. durch die Ausstattung der Hausärzte.

Paul Köllensperger (Team K) sagte u.a., Kofler habe den größten, wichtigsten und schwierigsten Betrieb in Südtirol übernommen, der in den vergangenen Jahren heruntergewirtschaftet worden sei. Er wünsche ihm mit LR Messner gute Arbeit.

Waltraud Deeg (SVP) erkundigte sich u.a. nach den Präventionsuntersuchungen, die es in Österreich gebe, und berichtete von Sabes-Mitarbeitern, die den Betrieb verlassen, bzw. von Personen, die Interesse hätten, beim Betrieb zu arbeiten, aber über lange Zeiträume auf die Ausschreibungen warteten.

Die Zusammenarbeit zwischen Südtirol und der Uniklinik Innsbruck sei in den vergangenen 10 Jahren immer weniger geworden, so Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit). Im Sinne der Betroffenen bitte er darum, dass es wieder eine engere Zusammenarbeit gebe – gerade Deutschsprachige möchten lieber nach Innsbruck als nach Padua.

Christian Kofler, Generaldirektors des Südtiroler Sanitätsbetriebes, schickte voraus, dass er jene Fragen, die er an dieser Stelle nicht beantworten werde, gerne auf schriftliche Anfrage an den Sanitätsbetrieb beantworten werde. Dann führte er u.a. aus, dass man derzeit ca. 500 Mitarbeiter habe, die nicht über den notwendigen Zweisprachigkeitsnachweis verfügten. Man arbeite daran, die Mitarbeiter zu halten. Alle Mitarbeiter gemeinsam brächten den Betrieb weiter, deshalb seien Rückmeldungen und Anmerkungen auch erwünscht – doch es könne nicht auf alle Wünsche und Anmerkungen eingegangen bzw. diese umgesetzt werden.

Die Digitalisierung sei seit Jahren ein Thema, in der Zukunft wolle man den Bereich weiterbringen und die historisch gewachsenen Realitäten so weiterbringen, dass sie zur Unterstützung der Mitarbeiter dienten. Es seien dazu auch organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Man wolle die Zuständigkeiten der Europaregion ausbauen und nutzen, man sei dazu im ständigen Austausch mit Trient und Innsbruck. Es gebe vertragliche Vereinbarungen im Umfang von etwa 18 bis 20 Millionen mit der Uniklinik Innsbruck; es sei aber nicht möglich, alle nach Innsbruck zu überweisen – wenn man sich auch bemühe, Deutschsprachige nach Innsbruck zu überweisen.

Er werde sich bemühen, dass die Titelanerkennung in Südtirol gemacht werden können. Man werde als Sanitätsbetrieb am Bürokratieabbau arbeiten müssen, doch die Bürokratie werde dem Betrieb mitunter auch von anderen aufgezwungen. Es stehe ihm nicht zu, zu bewerten, ob die Suspendierung Nicht-Geimpfter ein Fehler gewesen sei – fest stehe, dass sich der Sanitätsbetrieb an gesetzliche Bestimmungen halten müsse. Damit wurde die Anhörung von Präsident Arnold Schuler geschlossen.

Bezirk: Bozen