Von: mk
Bozen – Wasserstoff ist ein sehr wertvoller, aber leider auch ineffizienter und kostspieliger Energieträger. Er wird zukünftig eine sehr wichtige Rolle spielen, jedoch aus Kostengründen nur dort eingesetzt werden, wo es keine effizientere und kostengünstigere Alternative gibt. Diese Prognose wagt der Klima Club Südtirol in einer Aussendung.
Energiewende und Wasserstoff
Wasserstoff werde in der Energiewende, insbesondere für energieintensive Industrieprozesse z.B. in der Chemieindustrie oder bei Stahlwerken, eine wichtige Rolle spielen. Wasserstoff werde zukünftig auch als Langzeitspeichermedium unerlässlich sein, um grünen Strom zu produzieren, wenn gerade aus Windenergie, Sonnenenergie und Wasserkraft nicht ausreichend Strom produziert werden kann. Grüner Wasserstoff werde in Zukunft ein handelbarer Energieträger werden, der besonders in sonnen- und windreichen Gebieten unserer Erde hergestellt wird.
Oft werde vergessen, dass Wasserstoff ausschließlich ein Energieträger ist und keine Primärenergiequelle. Der größte Teil des zukünftig benötigten Wasserstoffes muss mit erneuerbarem Strom produziert und gespeichert werden (grüner Wasserstoff).
Aufgrund der hohen Verluste beim Transport und der Speicherung, die bei der Produktion des Wasserstoffes aus erneuerbaren Strom anfallen, und nicht zuletzt bei der finalen Rückwandlung in Strom, ist es sinnvoll, Strom wo immer möglich direkt zu nutzen (z. B. bei Pkw mittels Batterietechnik). Diese Variante ist immer effizienter als eine Nutzung über den „Umweg“ Wasserstoff. Dadurch müssen insgesamt massiv weniger erneuerbare Energieerzeugungsanlagen gebaut werden.
Mobilität und Wasserstoff
Beim derzeitigen Wissensstand werde Wasserstoff beim Pkw-Verkehr definitiv keine Rolle spielen und auch beim Bus- und Lkw-Verkehr nur eine ganz untergeordnete Rolle haben, ist sich der Klima Club Südtirol sicher. Die Batterietechnik sei mittlerweile in den meisten dieser genannten Anwendungsfälle weitaus effizienter und kostengünstiger. Die Richtungsentscheidung zugunsten der Batterietechnik wurde in der Mobilitätsindustrie bereits seit längerem getroffen (https://t3n.de/news/wasserstoff-zu-teuer-man-chef-lkw-absage-1560214/).
Das effizienteste System für den Verkehr ist die E-Mobilität mit Batterien. Eine Kilowattstunde Strom kommt zu 70 bis 80 Prozent als Antriebsleistung an. Bei dem Umweg über Wasserstoff, benötigt die Brennstoffzelle doppelt bis dreimal so viel Strom, um die gleiche Strecke zurückzulegen.
Aufgrund der neuesten Entwicklungen in der Batteriezellen-Forschung sei heute klar, dass sich die Batterie weitgehend durchsetzen wird. „Auch für technische Probleme wie Recycling und Rohstoffverfügbarkeit gibt es sehr vielversprechende positive Entwicklungen“, erklärt der Klima Club Südtirol.
Eine größere Rolle würden Wasserstoff und dessen Folgeprodukte (z. B. synthetisches Kerosin aus Grünen Wasserstoff und CO2) noch im Flugverkehr und im Schiffsverkehr einnehmen. Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie des italienischen Ministeriums für Infrastrukturen und nachhaltiger Mobilität „Decarbonizzare i trasporti Evidenze scientifiche e proposte di policy“.
Heizen und Wasserstoff
Laut verschiedenen Studien und nach der Einschätzung des KCS wird Wasserstoff auch beim Heizen (z. B. als Ersatz für Methangas) keine Rolle spielen, hauptsächlich aus zwei Gründen – erstens: Regenerativ produzierter Wasserstoff ist auf absehbare Zeit nicht in ausreichenden Mengen vorhanden. Der verfügbare Wasserstoff wird, aus den oben erwähnten Gründen, nur dort eingesetzt, wo es keine besseren Alternativen gibt.
Zweitens: Wasserstoff wird so teuer sein, dass der Betrieb einer Heizung mit grünem Wasserstoff um ein Vielfaches teurer ist als andere Alternativen. Die Energieökonomin (sowie Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW) Claudia Kemfert vergleicht das Heizen mit Wasserstoff mit “Duschen mit Champagner”.
Südtirol und Wasserstoff
Südtirol hat vor zehn Jahren, als das Wasserstoffzentrum gegründet wurde und bei der Anschaffung der ersten Wasserstoffbusse, eine weitsichtige und mutige Pionierleistung erbracht, da zu dem Zeitpunkt noch nicht ersichtlich war, in welche Richtung die Entwicklung in diesem Bereich gehen wird. „Zur Weitsicht und zum Mut gehört jedoch auch, zum richtigen Zeitpunkt wieder aus dieser Technik auszusteigen und keine weiteren Steuergelder mehr zu investieren, wenn die Entwicklung offensichtlich in eine andere Richtung geht und für Südtirol keinen Mehrwert bringt. Was es für beide Technologien braucht (bei Wasserstoff und Batterietechnik), ist ein konsequenter und rascher Ausbau der erneuerbaren Energien“, erklärt der Klima Club Südtirol.