Von: luk
Bozen – Vor 100 Jahren – oder genauer gesagt am 6. April 1924 – gingen in Italien die ersten Parlamentswahlen nach dem „Marsch auf Rom“ durch die Faschisten über die Bühne. Ein neues Wahlgesetz sollte dazu dienen, den Faschisten unter Benito Mussolini die Macht zu konsolidieren. Sowohl in Italien als auch in Südtirol standen Gewaltakte, Einschüchterungen und Zusammenstöße auf dem Programm. So fasst SHB-Obmann Roland Lang die Situation zusammen.
“Ein Blick in die lokale Presse genügt. Der damals noch erscheinende „Pustertaler Bote“ berichtete, dass ‘Freunde der Regierung den unbedingten Willen Mussolinis bestätigten, die größte Freiheit bei Wahlen sicherzustellen und Gewalttätigkeiten insbesondere in den Grenzgebieten, da dort die besondere Lage große Delikatesse verlange’. Doch es kam anders: Als Josef Neuhauser, der damalige Obmann des Bezirksverbandes der deutschen Parteien in Bruneck von seinem Wahlrecht Gebrauch nahm und danach zum Bürgermeister gehen wollte, wurde er von Faschisten auf offener Straße überfallen und verprügelt. Auch einigen Wählern wurde der Zutritt zum Wahllokal verwehrt. Faschisten feuerten Schreckschüsse ab und verletzten rund 30 Personen. Dank des ruhigen Verhaltens der Stadt- und Landbevölkerung wurde eine Eskalation der Lage verhindert”, so Lang.
“In der Pacherstadt gingen mehr als 300 Stimmen für die Wahl verloren. Südtirol entsandte Paul von Sternbach und Karl Tinzl in das römische Parlament. Als Giacomo Matteotti am 10. Juni 1924 – er wagte es, faschistische Wahlmanipulationen anzuprangern – ermordet wurde, errangen die Schwarzhemden endgültig die Macht und Mussolini wurde zum Diktator”, berichtet Lang.
Auf jeden Fall muss man sich diese Zeit vor 100 Jahren immer vor Augen halten. Aufgrund der postfaschistischen Regierung in Rom, den Postfaschisten als Koalitionspartner im Südtiroler Landtag und dem Pakt der Südtiroler Volkspartei, dank der rechtsradikalen Gnade, Herbert Dorfmann ins Europaparlament zu entsenden, ist es gerade als Minderheit wichtig, die Geschichte zu kennen. Denn gerade die Geschichte ist es, die dazu prädestiniert ist, dass sie sich leider wiederholt”, schließt Lang.