Berichte über Zerstörung des Kamal Adwan Krankenhauses mit Bulldozern

WHO entsetzt über Zerstörung eines Spitals im Gazastreifen

Montag, 18. Dezember 2023 | 10:02 Uhr

Von: APA/dpa

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Israel vorgeworfen, ein Krankenhaus im Norden des Gazastreifens zerstört zu haben. “Die WHO ist entsetzt über die wirksame Zerstörung des Kamal-Adwan-Krankenhauses im Norden von Gaza in den letzten Tagen, die es funktionsunfähig machte und zum Tod von mindestens acht Patienten führte”, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Sonntagabend auf der Plattform X, vormals Twitter.

Die Patienten, darunter ein neunjähriges Kind, seien wegen unzureichender medizinischer Versorgung gestorben. Israel wies die Kritik zurück. Die Ständige Vertretung Israels bei den Vereinten Nationen in Genf warf Tedros auf X vor, nicht zu erwähnen, dass sich die islamistische Hamas im Kamal-Adwan-Krankenhaus eingenistet habe. Bevor die israelische Armee das Gelände betreten habe, sei in Abstimmung mit den medizinischen Teams ein Dialog geführt worden. Die Armee habe ein humanitäres Zeitfenster zugelassen, und der größte Teil des Krankenhauses sei evakuiert worden.

Nach Angaben des Militärs hatten sich einige Dutzend Zivilisten trotz vorheriger Anfragen und Warnungen geweigert, das Areal zu verlassen. Auf dem Gebiet seien 90 Terroristen festgenommen worden. “Israel zerstörte auch die Infrastruktur der Terroristen und fand zahlreiche Waffen und Geheimdienstdokumente, die unter anderem in der Säuglingsstation in den Brutkästen versteckt waren”, hieß es von der Ständigen Vertretung Israels bei den UN.

Tedros schrieb auf X, Berichten zufolge seien viele Mitarbeiter des Gesundheitswesens festgenommen worden. Viele Patienten hätten sich unter großer Gefahr für ihre Gesundheit und Sicherheit selbst evakuieren müssen, da die Krankenwagen die Einrichtung nicht hätten erreichen können. “Das Gesundheitssystem des Gazastreifens war bereits am Boden, und der Verlust eines weiteren, auch nur minimal funktionierenden Krankenhauses ist ein schwerer Schlag”, schrieb Tedros. “Die Angriffe auf Krankenhäuser, medizinisches Personal und Patienten müssen aufhören. Waffenstillstand JETZT.”

Zuvor hatte der Nachrichtensender Al-Jazeera berichtet, Israels Armee habe mit einem Bulldozer im Hof des Kamal-Adwan-Krankenhauses die Zelte von Vertriebenen zerstört und dabei auch 20 Menschen getötet. Israels Armee wies die Vorwürfe am Montag zurück. In der Gegend seien schon vorher Leichen begraben gewesen. Die Armee habe anders als behauptet “im Bereich des Krankenhauses keine Zivilisten lebendig begraben und tut alles in ihrer Macht Stehende, um zu vermeiden, dass Zivilisten Schaden nehmen.” Die Hamas betreibe im Bereich des Krankenhauses eines ihrer Hauptquartiere. Der WHO zufolge sind derzeit nur elf von 36 Krankenhäusern im Gazastreifen teilweise in Betrieb.

Die Armee hatte zuvor mitgeteilt, dass bei ihrem Militäreinsatz im Gazastreifen die israelischen Streitkräfte das größte Tunnelsystem der Hamas freigelegt hätten. Die Anlage sei mehr als vier Kilometer lang, rund 50 Meter tief und liege in der Nähe des Grenzübergangs Erez zwischen Israel und dem abgeriegelten Küstengebiet, teilte das Militär am Sonntag mit. Medienberichten zufolge endet die rund drei Meter breite Tunnelroute in Jabalia. Das Flüchtlingsviertel im Norden des Gazastreifens gilt als Hamas-Hochburg.

In einer am Montag veröffentlichten Mitteilung schrieb die islamistische Palästinenserorganisation Hamas von “50 Märtyrern” infolge eines Angriffs auf Häuser in der Siedlung Jabalia. Somit seien seit Sonntag insgesamt in der Stadt 110 Menschen getötet worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Unterdessen teilte die israelische Armee mit, dass am Sonntag fünf Soldaten getötet worden seien. Demnach steigt die Zahl der seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen getöteten Soldaten auf 126.

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dauert inzwischen bereits zehn Wochen an. Hunderte Kämpfer der von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas waren am 7. Oktober in israelische Orte eingedrungen und hatten dort Gräueltaten an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden rund 1.140 Menschen getötet und etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion bombardiert die israelische Armee seither Ziele im Gazastreifen und startete eine Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, bisher rund 18.800 Menschen getötet.