Von: mk
Bozen – 17 Südtiroler Landtagsabgeordnete quer durch alle Parteien haben einen Antrag auf Einberufung eines Sonderlandtags gestellt. Thema sollen die einzelnen Inhalte des geplanten Verfassungsgesetzesentwurfs zur Wiederherstellung der Südtirol-Autonomie sein.
Beim beantragten Sonderlandtag sollen die Abgeordneten als direkt gewählte Vertreter der Südtiroler Bürgerinnen und Bürger die geplanten Änderungen am gemeinsamen Autonomiestatut prüfen und über eine Stellungnahme und eine informelle Abstimmung zu den einzelnen Punkten ihre Zustimmung oder Ablehnung signalisieren.
„Mit den Ergebnissen aus dieser Sondersitzung des Südtiroler Landtages können die vom Landtag in die Sechser-Kommission entsandten Mitglieder und die Südtiroler Landesregierung mit parlamentarischer Rückenstärkung an die Verhandlungstische mit der italienischen Regierung zurückkehren“, erklärt der freie Abgeordnete Andreas Leiter-Reber.
Für die Festlegung des Termins für die Sondersitzung des Landtags und die Planung der Arbeiten schlagen die Angeordneten eine Sitzung des Fraktionssprecherkollegiums im Rahmen der anstehenden Landtagswoche vor. Wörtlich heißt es in dem Antrag:
Am 25. Oktober 2022 hat Ministerpräsidentin Giorgia Meloni im Rahmen Ihrer Regierungserklärung im Parlament zugesichert, die der Südtirol-Autonomie seit 1992 verlorengegangenen Kompetenzen wiederherstellen zu wollen. Diese Zusicherung bewog die Abgeordneten der Südtiroler Volkspartei in Rom sich bei der Regierungsbildung durch Meloni und ihrer Partei Fratelli dʼItalia der Stimme zu enthalten. Auch die Regierungsbildung in Südtirol unter erstmaliger und umstrittener Beteiligung von Fratelli dʼItalia wurde von Landeshauptmann Kompatscher nach den Landtagswahlen 2023 unter anderem mit der Wiederherstellung der Autonomie begründet. Inzwischen wurde in den verschiedenen institutionellen Kommissionen und auf informellen Arbeitstischen zwischen Vertretern des Staates und dem Land Südtirol die Inhalte für einen Verfassungsgesetzentwurf ausgearbeitet, der die für die Südtirol-Autonomie seit der italienischen Verfassungsreform von 2001 verlorengegangenen Kompetenzen wiederherstellen soll. In den nächsten Tagen soll der Entwurf den Landeshauptleuten Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti, als Vertreter der beiden Provinzen mit Sonderstatut übermittelt werden.
…
Das „Autonomiestatut“, fußend auf das Verfassungsgesetz von 1948 und aufbauend auf das Dekret des Präsidenten der Republik von 1972 und den weiteren Durchführungsbestimmungen zum Sonderstatut schreibt den Minderheitenschutz, die Hoheitsrechte sowie den institutionellen Rahmen Südtirols innerhalb Italiens fest. Nicht von ungefähr wird es deshalb auch oft als unsere Landesverfassung bezeichnet.
Änderungen an einer „Landesverfassung“ werden in demokratischen Ländern stets mit möglichst breitem Konsens und einer qualifizierten Zwei-Drittel-Mehrheit vorgenommen. Nicht so das Autonomiestatut der Südtirol-Autonomie, das diesbezüglich demokratische Lücken aufweist. Der Landtag kann bei den von der Regierung oder von Parlamentsabgeordneten eingebrachten Vorlagen zur Änderung des Autonomiestatutes lediglich eine Stellungnahme abgeben. Eine inhaltliche Arbeit am Gesetzesentwurf, wie sie bei Landesgesetzen praktiziert wird, ist nicht vorgesehen, womit auch keine Abänderung einzelner Artikeln möglich ist.
Der Landtag kann somit lediglich über den von der Regierung oder von Parlamentsabgeordneten eingebrachten Text des Gesetzesentwurfs in seiner Gesamtheit ein positives oder negatives Gutachten abgeben. Dem Landtag bleibt nur die Möglichkeit eine positive Stellungnahme mit Bemerkungen oder eine positive Stellungnahme mit Auflagen abzugeben, wobei weder die Konsequenz oder Wirkung dieser Bemerkungen und Auflagen definiert sind.
…
In den derzeit von den Kommissionen ausgearbeiteten Verfassungsgesetzesentwurf sollen – nicht wie ursprünglich von Ministerpräsidentin Meloni zugesichert – ausschließlich Artikel zur Wiederherstellung verlorengegangener Kompetenzen der Südtirol-Autonomie einfließen, sondern auch Forderungen von Südtiroler Seite, die für den Staat über die reine Wiederherstellung der Autonomie hinausgehen.
Für diese zusätzlichen Kompetenzen, wie zum Beispiel eine mögliche Einvernehmensklausel, haben Vertreter des Staates im Gegenzug auch Änderungen von derzeitigen Schutzmechanismen für die deutsche und ladinische Minderheit in Südtirol eingefügt. Dies macht eine Auseinandersetzung des Südtiroler Landtags mit den einzelnen Inhalten des Gesetzesentwurf notwendig, noch bevor dieser im Parlament eingereicht wird.
Bei einer Sondersitzung des Südtiroler Landtags sollen die 35 Abgeordneten als einzige direkt gewählte Vertreter der Südtiroler Bürgerinnen und Bürger die geplanten Änderungen am gemeinsamen Autonomiestatut prüfen und über eine Stellungnahme und eine informelle Abstimmung zu den einzelnen Punkten ihre Zustimmung oder Ablehnung signalisieren.
Mit den Stellungnahmen und Ergebnissen aus dieser Sondersitzung des Südtiroler Landtages können die vom Landtag in die Sechser-Kommission entsandten Mitglieder und die Südtiroler Landesregierung mit parlamentarischer Rückenstärkung an die Verhandlungstische mit der italienischen Regierung zurückkehren.
Dies vorausgeschickt, beantragen die unterfertigten Landtagsabgeordneten, einen Sonderlandtag einzuberufen, der sich mit dem Text des von den Vertretern Südtirols zusammen mit den Regierungsvertretern ausgearbeiteten Verfassungsgesetzesentwurfs vor dessen offizieller Hinterlegung in Rom auseinandersetzt und der vorab eine Stellungnahme zu den einzelnen Inhalten des Gesetzesentwurfs verfasst, die einer Abstimmung unterzogen werden.
Aktuell sind 6 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen