No Excuses fordert nach Enthüllungen Konsequenzen

„Wo ist die versprochene rote Linie?“ – VIDEO

Dienstag, 18. Juni 2024 | 08:11 Uhr

Von: mk

Bozen – Die Protestbewegung No Excuses meldet sich in Südtirol zurück. Dass die SVP Fratelli d‘Italia in die Landesregierung geholt hat, wurde bereits in der Vergangenheit scharf verurteilt. Nun bietet eine Medienrecherche den Kritikern neuen Zündstoff. Sie sehen sich in ihren Befürchtungen bestätigt.

Am 13. Juni hat das Journalismusportal fanpage.it einen investigativen Recherchebericht veröffentlicht, der bei Gioventù Nazionale, der Jugendorganisation von Fratelli d’Italia, hinter die Kulissen schaut.

„Die Bilder sind erschreckend“, erklärt No Excuses in einer Aussendung. “Sieg Heil” und “Duce”- Rufe seien immer wieder zu hören. Beteiligte bezeichnen sich selbst stolz als Faschisten, Bücher wie Hitlers “Mein Kampf” werden ausgetauscht und der “Saluto Romano” wird wiederkehrend praktiziert. Dasselbe gilt für den “Saluto Gladiatorio”. Es gebe die Anweisung an die jungen Mitglieder der Bewegung, diese Begrüßungen ausschließlich innerhalb der Gioventú Nazionale zu nutzen und in der Öffentlichkeit zu unterlassen, um so dem Ansehen der Partei nicht zu schaden.

Was jedoch an die Öffentlichkeit gelangen soll, sind verschiedene Aufkleber und Schriften, die den Faschismus verharmlosen und verherrlichen. Mitglieder sollen Sticker in Rom verteilen, darunter beispielsweise mit dem Spruch “Reject Modernism – Embrace Fascism” (Lehne die Moderne ab – Begrüße den Faschismus).

Die Recherche von fanpage.it hat zu einer Reihe parlamentarischer Anfragen der Opposition geführt und erreicht nun auch Südirol.

„Diese Enthüllungen deuten mehr als eindeutig darauf hin, dass in Italien die faschistische Geschichte nie aufgearbeitet wurde und diese Partei die dunklen Zeiten der Geschichte dieses Landes nicht nur verschweigt, sondern sogar verherrlicht“, stellt Aktivist und Filmemacher Moritz Holzinger fest.

Die im Oktober 2023 angestrebte und im Februar 2024 geschlossene Koalition der SVP mit den Fratelli d’Italia (sowie den Freiheitlichen, der Lega und der Civica) hat schon vor Monaten Kritik der Protestbewegung ausgelöst. Zahlreiche Menschen haben auf der Straße protestiert.

“Warum diese Koalition im Oktober 2023 angestrebt wurde, ist mir bis heute unklar”, fragt sich Majda Brecelj von No Excuses. “Die Südtiroler Volkspartei spricht von demokratischen Werten, einem offenen Südtirol für alle, von Maßnahmen gegen die Klimakrise und bildet eine Koalition mit den Fratelli d’Italia, die genau das Gegenteil propagieren. Die SVP begründet diese fragwürdige Koalition mit einer möglichen Reform der Autonomie. Doch auch wenn das gelingen sollte, dann muss die Frage gestellt werden: zu welchem Preis? Den Faschisten endgültig die Tür zu öffnen? Herr Kompatscher, Sie haben gesagt, wenn die Grundwerte unserer Gesellschaft verletzt werden, wenn die rote Linie überschritten wird, werden Sie die Reißleine ziehen. Und was tun Sie jetzt? Sie schweigen.”

“Dass die Fratelli d’Italia alles andere als ‘weit weg vom Faschismus’ stehen, ist jetzt eindeutiger als jemals zuvor zu erkennen”, sagt Moritz Holzinger. “Die Dinge, die jetzt an die Öffentlichkeit geraten sind, bestätigen Gerüchte und Tendenzen der Partei, menschenverachtende und faschistische Werte zu unterstützen und zu stärken. Wollen wir jetzt den Kopf einziehen und sagen, dass es vielleicht nicht schlimmer werden wird oder wollen wir aus unserer Geschichte lernen, hier endlich die Notbremse ziehen und mutig sein? Sie haben die Wahl, Herr Kompatscher”, erklärt No Excuses in einer Aussendung.

Die Bewegung fordert eine genaue Definition von Kompatschers “roter Linie” und verlangt Konsequenzen. Erwartet werde außerdem eine offizielle Stellungnahme des Landeshauptmannes im Namen der Landesregierung.

Im vergangenen Winter hat die Protestbewegung No Excuses in Südtirol mehrere Kundgebungen abgehalten. Kulturschaffende, Wissenschaftler, Politiker sowie Vertreter der Zivilgessellschaft hatten sich zusammengeschlossen, um gegen eine mögliche Koalition der SVP mit den Parteien Fratelli d’Italia, der Lega und den Freiheitlichen zu protestieren. Kritisiert wurde vor allem das Bündnis der SVP mit Fratelli d’Italia.

Bezirk: Bozen