Von: luk
Bozen – Anträge von Grünen und 5 Sterne Bewegung wurden heute Nachmittag im Landtag behandelt
Beschlussantrag Nr. 765/17: Straße über das Würzjoch: Die bewährte Winterschließung soll beibehalten werden (eingebracht von den Abg. Heiss, Foppa und Dello Sbarba am 20.4.2017). Die Landesregierung soll beauftragt werden, • durch Verkehrszählungen das Aufkommen auf der Straße in mehrjährigem Vergleich zu messen und in Vergleich zu ziehen; • die bisherige Winterschließung der Straße auf das Würzjoch ab 1. November eines jeden Jahres im Sinne des Wunsches der Gemeinde und der Villnösser Bevölkerung konsequent durchzuführen; • auf einen Ausbau der Straße, der über Instandhaltungsarbeiten hinausgeht, zu verzichten.
Die Gemeinde habe sich gegen den Ausbau und für die Beibehaltung der Winterschließung ausgesprochen, während LR Mussner sie möglichst lange offen halten wolle, erklärte Hans Heiss (Grüne). Die Strecke werde gerne als Bypass ins Gadertal genutzt, auch von Bikern, was für die Lebensqualität der Villnösser aber abträglich sei. “Wie Vertreter der Gemeinde beklagen, leidet darunter nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Wirtschaft des Tales, das auch in einem naturnahen Tourismus mit Urlaub auf dem Bauernhof eine gute Entwicklungsperspektive gefunden hat. Der Ruf von Villnöß, das einen eigenständigen Entwicklungspfad beschreitet, sollte nicht durch diese scheibchenweise ermöglichte Umwidmung des Würzjoches zur Verkehrsschleuse gefährdet werden. Dies bekundet auch eine Unterschriftensammlung im Villnöß-Tal, die bei der Bürgerschaft großes Echo gefunden hat.”
Andreas Pöder (BürgerUnion) plädierte für den Antrag, auch wenn er die Begründungen der Villnösser nicht ganz nachvollziehen könne. Jedenfalls sollte man nicht für einige wenige Ausnahmen zulassen zu Lasten der ganzen Bevölkerung.
Es sei eine Panoramastraße, mit der man bisher gut gelebt habe und die wegen ihrer Unübersichtlichkeit nicht gut als Direktverbindung geeignet sei, meinte Walter Blaas (Freiheitliche). Lüsen und Villnöss setzten auf leichten Tourismus, und dieser würde durch die Öffnung gefährdet. Daher würden die Freiheitlichen für den Antrag stimmen.
Brigitte Foppa (Grüne) sprach von einer großen Mehrheit in der Villnösser Bevlkerung, die für den sanften, naturnahen Tourismus sei. Mehr Durchzugsgefahr würde diesen und die Lebensqualität gefährden. Bei einer Öffnung durch Ausnahmeregelungen bestehe zudem die Gefahr, dass viele Touristen auf Durchfahrt vom Navigationssystem ins Tal gelockt würden und dann wieder umkehren müssten. Die Beibehaltung der Schließung sei auch im Sinne des Unesco-Welterbes.
Magdalena Amhof (SVP) erklärte, dass keine Absicht bestehe, die Straße auszubauen und einem anderen Zweck zuzuführen, daher könne man dem entsprechenden Punkt des Antrags zustimmen. Aber die bestehende Loipe, die auch zum Tourismuskonzept gehöre, könne mit diesen Schließungszeiten nicht mehr betrieben werden. Amhof regte einen Kompromiss an, mit dem man auch den Weihnachtsverkehr ausschließen könne: Man könnte die Straße ab dem ersten Schneefall geschlossen lassen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) plädierte gegen Amhofs Vorschlag. Es brauche einen sicheren Termin. Die Villnösser wünschten keine Winteröffnung, und das sei zu respektieren. Ansonsten würden man sie auch wirtschaftlich gefährden. Wenn die Straße geöffnet werde, dann sei auch mit Folgemaßnahmen zu rechnen: Ausbau, Anpassungen usw. Er sei aber nicht grundsätzlich gegen die Winteröffnung gewisser Pässe, wenn es sinnvoll sei.
Unterstützung für den Antrag kam auch von Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). Ein Ausbau wäre nur für die Gadertaler interessant, nicht für die Villnösser. Bei einer Öffnung seien auch weitere Maßnahmen zu befürchten. Die Villnösser hätten sich für nachhaltigen Tourismus entschieden, und das sei zu respektieren.
Es gebe keinen Beschluss der Landesregierung, die Wintersperre aufzuheben, erklärte Maria Hochgruber Kuenzer (SVP), es gebe nur einen Vorstoß von Gadertaler Bürgermeistern. Die Würzjochstraße sei eine Passstraße und nicht mit einer normalen Landstraße zu vergleichen. Man sollte sich daher nochmals mit der Gemeinde Villnöss zusammensetzen. Hochgruber Kuenzer plädierte für ein Gesamtkonzept zum Schutz solcher Landschaften vor Verkehr.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) vermutete die Betreiber der Öffnung in dem Teil des Gadertals zwischen St. Martin und Würzjoch, die sich abseits vom Geschehen und durch die Verbindung von Pikolein zum Kronplatz benachteiligt sähen. Man sollte daher etwas für St. Martin tun, ohne dass Villnöss dafür draufzahlen müsse.
Nach einer Beratung innerhalb der SVP-Fraktion erklärte LR Florian Mussner, dass man die Thematik Navigationssystem bereits am Montag besprochen habe. Man dürfe nicht bei jedem Vorhaben an Hintergründe denken, in diesem Fall an bestimmte Interessen zur Winteröffnung. Er habe nie von einer Erweiterung der Straße gesprochen. Was die bessere Zufahrt zum Gadertal betreffe, so arbeite man an einer Verbesserung der Einfahrt vom Pustertal. Die Würzjochstraße sei effektiv keine Umfahrungsstraße. Bisher sei zu einem festen Termin geschlossen worden. Nun überlege man, das einzuführen, was bereits bei anderen Pässen die Regel ist: sich den Witterungsverhältnissen, den Schneefällen anpassen. Er habe angeregt, auch die Bezirksgemeinschaft zu fragen, aber das sei noch nicht geschehen. Eine Verkehrszählung sei für diesen Fall nicht notwendig. Mussner sprach sich auch gegen Punkt 2 des Antrags aus, denn es sei eine Landesstraße, die mit öffentlichen Mitteln erhalten wurde und die nicht ohne Grund geschlossen werden könne. Zur Loipe habe man einen Kompromiss mit der Gemeinde gefunden. Die Straße werde nicht ausgebaut, nur instand gehalten. Das Land wolle hier keine Durchfahrtsstraße. Mit der neuen Regelung werde nicht mehr geräumt und spätestens ab 21. Dezember gesperrt, auch wenn es, wie im vergangenen Winter, noch nicht geschneit habe – das sei doch eine Verbesserung im Sinne der Antragsteller. Mussner plädierte für die Annahme von Punkt 3, denn ein Ausbau stehe nicht zur Debatte. Er kündigte auch seine Teilnahme an einer Bürgerversammlung zum Thema an.
Hans Heiss freute sich über die breite Zustimmung für das Anliegen. Mit Mussners Schlussfolgerungen könne er aber nicht einverstanden sein. Die Winterschließung werde entscheidend verkürzt. Das Konzept von unterlassener Schneeräumung und späterer Schließung erinnere an die sog. dynamische Autobahnspur im Unterland. Diese Regelung werde mehr Verkehr, mehr Motorräder anziehen. Heiss kritisierte das Schweigen von Umweltlandesrat Theiner zur Gefährdung eines Naturschutzgebietes und zitierte aus dem Appell von Altbürgermeister Messner.
Die ersten beiden Punkte des Antrags wurden (mit jeweils 16 Nein) abgelehnt, der dritte Teil wurde mit 31 Ja und 1 Enthaltung angenommen.
Beschlussantrag Nr. 766/17: Die Förderung der lokalen Unternehmer, welche die Wirtschaft vor Ort unterstützen (eingebracht vom Abg. Köllensperger am 21.4.2017). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. die vom Art. 35 Absatz 2 des Landesgesetzes über die öffentliche Auftragsvergabe (LG Nr. 16/2015) vorgesehenen Richtlinien innerhalb von sechs Monaten ab Genehmigung des vorliegenden Beschlussantrages zu erstellen und zu veröffentlichen; 2. die im Art. 35 Absatz 3 des Landesgesetzes über die öffentliche Auftragsvergabe (LG Nr. 16/2015) den kurzen Transportwegen und geringeren CO2-Emissionen bei der Vergabe von Lieferaufträgen eingeräumte Priorität nicht nur auf Nahrungsmittel zu beschränken, sondern auf alle Güter und Dienstleistungen auszuweiten; 3. im Artikel 35 Absatz 3 des Landesgesetzes über die öffentliche Auftragsvergabe (LG Nr. 16/2015) Vorzugskriterien zur Bewertung der Angebote für Lieferaufträge einzuführen, wenn es sich um Unternehmen handelt, die sich im Falle einer Zuschlagserteilung dazu verpflichten, bei der Durchführung des Auftrags Güter oder Waren zu verwenden, die vor Ort hergestellt wurden oder eine kurze Wertschöpfungskette nutzen.
“Kürzlich wurde eine Anpassung des Kodex des öffentlichen Vergaberechts (GvD vom 18. April 2016, Nr. 50) vom zuständigen parlamentarischen Ausschuss genehmigt”, stellte Paul Köllensperger (5 Sterne Bewegung). “Zum ersten Mal beinhaltet ein Gesetzestext, der die Ankäufe von Lieferungen der öffentlichen Verwaltung regelt, eine Bestimmung zur ausdrücklichen Unterstützung von Gütern und Dienstleistungen der Unternehmen mit lokaler Produktion und/oder kurzer Wertschöpfungskette. Es handelt sich hierbei um eine interessante Gelegenheit für die Gebietskörperschaften, von der letztere profitieren können, indem sie in den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau-, Dienstleistungs- oder Lieferaufträge Vorzugskriterien für lokale Unternehmen einführen.” Das Vergabegesetz sei für die Südtiroler Wirtschaftspolitik ein grundlegendes Gesetz, darin habe ein Vorschlag von ihm und Kollegen Steger Eingang gefunden. Mit dem Spielraum, den Rom nun geschaffen habe, könne man das Südtiroler Vergabegesetz, das eine Vorreiterrolle habe, zugunsten der lokalen Wirtschaft verbessern. Die kurzen Kreisläufe hätten auch einen ökologischen Vorteil.
Sven Knoll (STF) unterstützte den Antrag und erinnerte an einen ähnlichen Antrag seiner Fraktion zu lokalen Produkten, der angenommen worden sei. Dort sei die ganze Euregio berücksichtigt, und er frage sich, ob die beiden Anträge nicht im Widerspruch zueinander stünden.
Maria Hochgruber Kuenzer (SVP) freute sich über das Lob aus der Opposition für das Vergabegesetz des Landes. Sie unterstützte den Vorschlag, nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere Güter und Dienstleistungen mit zu berücksichtigen.
Bernhard Zimmerhofer (STF) bezeichnete es als notwendig, auf kurze Wege zu achten, alles andere sei auch umweltpolitisch kontraproduktiv. Man sollte in diesem Sinne auch die Einhaltung der Sprachbestimmungen verlangen.
Dieter Steger (SVP) bezeichnete die Förderung der lokalen Unternehmen als Priorität der Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung. Lokale Kreisläufe garantierten Lebensqualität auch im ländlichen Raum. Steger fragte LH Kompatscher, ob die Forderung des Antrags in Punkt 1 bereits umgesetzt sei; andernfalls sei sie sinnvoll und zu unterstützen. Punkt 3 könnte auch in den Durchführungsbestimmungen berücksichtigt werden.
LH Arno Kompatscher berichtete von den Verhandlungen mit der Regierung in dieser Sache. Die Regierung wäre bei der Auslegung großzügig, die ANAC weniger. Daher sei diese Lösung für Südtirol ins Staatsgesetz geschrieben worden, womit die zuständige Behörde hier die Vergabeagentur des Landes sei, nicht die ANAC. Man müsse sich nun auf jeder Ebene getrauen, diese neue Autonomie umzusetzen. Die EU-Kommission sei nun für eine explizite Berücksichtigung lokaler Produkte, das wäre wirklich ein Novum. Punkt 1 des Antrags sei in Umsetzung, Punkt 2 könne man annehmen, denn kurze Wege seien auch bei anderen Produkten und Diensten sinnvoll, und das sei mit dem Euregio-Antrag kompatibel. Punkt 3 wäre in der Anwendung umzusetzen, ihn ins Gesetz zu schreiben, könnte eine Anfechtung herausfordern.
Paul Köllensperger freute sich über die Zustimmung. Der Vorschlag von Punkt 3 könnte in einer Durchführungsbestimmung sinnvoller untergebracht sein, aber eine solche sei erst zu schreiben. Das müsste erst noch überprüft werden, erwiderte LH Kompatscher. Köllensperger schlug vor, in diesem Punkt den Bezug auf das Gesetz zu streichen.
Der erste Punkt des Antrags wurde abgelehnt, der zweite bei 1 Gegenstimme, der dritte bei 1 Enthaltung angenommen.