Von: mk
Bozen/Langtaufers – Die Machbarkeitsstudie zur skitechnischen Verbindung Langtaufers-Kaunertal steht am Dienstag auf der Tagesordnung der Sitzung der Südtiroler Landesregierung. Der Alpenverein Südtirol spricht sich gemeinsam mit den Umweltschutzverbänden im Land, dem Österreichischen Alpenverein und dem Deutschen Alpenverein sowie anderen Umweltschutzorganisationen jenseits der Grenze (CIPRA Österreich, Verein für Heimatschutz- und Heimatpflege in Nord- und Osttirol) erneut gegen das Vorhaben aus und appelliert an die Südtiroler Landesregierung, sich an das einstimmig negative Gutachten des Umweltbeirates zur geplanten Neuerschließung des Skigebietes zu halten.
Das einstimmig negative Gutachten des Umweltbeirates zur skitechnischen Verbindung der Skizone Langtaufers mit dem Gletscherskigebiet Kaunertal hat eine beratende Funktion für die Landesregierung, die am Dienstag über die Machbarkeitsstudie entscheidet. Das Gutachten bestätige die Haltung der alpinen Vereine und Umweltschutzorganisationen, die sich gegen den Bau eines neuen Skigebietes im weitgehend naturbelassenen Melagtal stellen. Die Umweltschützer rechnen mit erheblichen Umweltauswirkungen auf eine Vielzahl von Lebensräumen in einer Höhenlage von 1.920 bis 3.100 Metern und mit der Zerschneidung der Brutgebiete und Lebensräume von gefährdeten Arten wie dem Schnee- und Steinhuhn.
Die Oberländer Gletscherbahnen AG, welche die Machbarkeitsstudie eingereicht hat, spricht davon, jene Erschließungsvariante auf das Karlesjoch bereits zurückgezogen zu haben, die der Umweltbeirat als besonders kritisch beurteilt hat, und nun „nur noch die umweltverträglichere Skipistenvariante auf das Weißseejoch zu verfolgen“. „Dies ändert nichts daran, dass hier ein komplett neues Skigebiet mit all seinen Folgewirkungen aus dem Boden gestampft werden soll“, meint der AVS-Präsident Georg Simeoni. „Das Ganze wird unter dem Deckmantel eines ‚ergänzenden Eingriffes‘ in der Skizone Langtaufers verkauft, obwohl der Großteil der Maßnahmen außerhalb dieser Skizone erfolgen soll und obwohl diese Skizone nur auf dem Papier existiert. Von einem Skibetrieb zeugen nur noch alte Liftstützen oberhalb von Melag und der reduzierte Liftbetrieb beim Berggasthof Maseben.“
„Die geplante Piste aufs Weißseejoch wäre derzeit ohne Liftanbindung – erst müsste auf der österreichischen Seite ein Lift genehmigt und gebaut werden“, so der AVS-Präsident. Abgesehen von der Streichung der Pistenvariante auf das Karlesjoch würden die Pläne, Infrastrukturen im hochalpinen Gebiet wie die Kabinenbahn, ein Speicherbecken, Beschneiungsanlagen, Lawinenschutzbauten und einen Parkplatz mit 400 Stellplätzen in Melag zu errichten, unverändert bleiben. „Der Umweltbeirat hat den Gesamteingriff, nicht nur die Erschließungsvariante aufs Karlesjoch, abgelehnt, weil er massive Eingriffe in eine landschaftlich und naturkundlich hochsensible Geländekammer zur Folge hat und den Charakter der unerschlossenen hochalpinen Bereiche erheblich und dauerhaft verändern würde“, erinnert Simeoni.
Außerdem fehle eine Erhebung der Umweltauswirkungen auf das österreichische Staatsgebiet. Mögliche Folgewirkungen im Umfeld der betroffenen Gebiete in beiden Ländern (starker Konkurrenzdruck zwischen bestehenden Skigebieten) seien unzureichend untersucht und geprüft worden. Dabei sehe das Protokoll „Raumplanung und nachhaltige Entwicklung“ der Alpenkonvention bei einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit die verpflichtende Abstimmung der Raumplanung, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Umwelterfordernisse zwischen den Ländern vor.
Der AVS und die benachbarten Alpenvereine – sie vertreten immerhin rund 1,8 Millionen Mitglieder – sowie der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, die Umweltschutzgruppe Vinschgau und der Heimatpflegeverband Südtirol appellieren an die Südtiroler Landesregierung, die noch intakten Bereiche des Südtiroler Hochgebirges im Sinne der Alpenkonvention (Tourismusprotokoll) als Ruhezonen zu bewahren und auf intensivtouristische Erschließungen zu verzichten. „In Anbetracht des steigenden Wasser- und Energiebedarfs für die Ermöglichung des Skibetriebs in Zeiten der Klimaerwärmung und der rückläufigen Skifahrerzahlen ist die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Skitourismus eine Perspektive mit hohem Risiko“, so der AVS. „Es gilt gut zu überlegen, ob man die Unterschrift unter ein derartiges Projekt setzen will.“