Von: luk
Bozen – Seit Juni 2019 ist das „Stressometer“ von AFI und INAIL im Netz. Tausende Südtiroler haben ihre persönliche Stressbelastung im Job gemessen und verglichen. Was dabei alles herausgekommen ist, das zeigt jetzt die Auswertung der Testergebnisse.
Das AFI-Stressometer ist ein anspruchsvoller Onlinefragebogen, der den Stresslevel im Job anhand einer arbeitswissenschaftlich geprüften Methodik ziemlich genau einschätzen kann. „Unser Test soll das Bewusstsein für die eigene Stresssituation schärfen. Er beruht auf konsolidierten Erfahrungswerten und ist nicht nur Ausdruck eines momentanen Gefühls“, betont AFI-Präsident Dieter Mayr. Der große Zuspruch für das AFI-Stressometer war überraschend. Fast 10.000 Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt. Online gab es an die 23.000 Aufrufe.
Welches Stressbild uns der Onlinetest des AFI zeigt
Zu über 80 Prozent wurde der Test von Südtirolern gemacht, obwohl er über Internet im gesamten deutschen und italienischen Sprachraum abrufbar war. „Unseren Test haben nur diejenigen gemacht, denen der Stress unter den Nägeln brennt – insofern darf man die Ergebnisse keinesfalls auf die gesamte Südtiroler Bevölkerung umlegen“, schickt der Arbeitspsychologe Tobias Hölbling voraus. Er berichtet: Jeder zweite, der den Test mit allen seinen 31 Fragen zu den insgesamt sechs Belastungsebenen vollständig durchgemacht hat, beklagt am Arbeitsplatz Probleme in den sozialen Beziehungen, sei es mit Chef oder Arbeitskollegen. Auf diesen häufigen und wichtigsten Stressgrund folgen eine belastende Körperhaltung (29 Prozent), danach kommen bei 26 Prozent der Testteilnehmer hohe Arbeitsintensität bzw. kritische emotionale Belastung – also Dinge wie Termindruck, Arbeitstempo, Umgang mit schwierigen Kunden oder in der Arbeit seine Gefühle verbergen müssen.
Stress schlägt unterschiedlich zu Buche
Bei Männern schlägt die Arbeitsintensität höher aus (Männer 31 Prozent, Frauen 21 Prozent), bei Frauen die kritische emotionale Belastung (Frauen 30 Prozent, Männer 23 Prozent). „Das erklärt sich aus der Tatsache, dass Frauen häufiger in sozialen Berufen arbeiten, in denen emotional belastende Situationen häufiger vorkommen und Männer mehr in Industrie und Handwerk, wo von vorneherein die höchste Arbeitsintensität herrscht“, sagt Hölbling. Für Südtirol ergibt der AFI-Onlinetest zum Stress im Job eine weitere Differenzierung nach Sprache. Deutsch- und italienischsprachige Test-Teilnehmer werten nämlich bestimmte Stressfaktoren unterschiedlich. Bei Italienischsprachigen sind emotionale Belastungen (36 Prozent) und sogar soziale Beziehungen (58 Prozent) ein häufigerer kritischer Stressfaktor als bei deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern, von denen 21 Prozent emotionale und 45 Prozent soziale Belastungen beklagen.
Lehrtipps gegen Stress gut angekommen
„Wir sind mit dem Test ja nicht bei der Diagnose stehen geblieben, sondern geben mit Online-Videos zu jedem Stressbereich drei Tipps, die sich einfach und mit wenig Aufwand in den Arbeitsalltag einbauen lassen“, erklärt Hölbling. „Jeder zweite Teilnehmer, der beim ganzen Test mitgemacht hat, hat auch das ihn betreffende Lehrvideo aufgerufen“. Die Tipps sind auf dem You-Tube-Kanal des AFI abrufbar. Wer den gesamten Test machen will, findet ihn unter www.stressometer.it
Stellungnahme von Dieter Mayr, AFI-Präsident
„Als Gewerkschafter ist uns das Wohlbefinden der arbeitenden Bevölkerung ein wichtiges Anliegen. Zu diesem Wohlbefinden tragen neben angemessenen Vertrags- und Entlohnungsbedingungen auch die Arbeitsbedingungen bei. Die Zahlen im Stressometer sprechen für sich: Fast 10.000 ausgefüllte Fragebögen zeigen, dass Arbeitsbelastung für sehr viele Südtiroler ein wichtiges Thema ist. Deshalb heißt es für uns dranbleiben!“
Stellungnahme von Sebastian Wieser, Leiter des Fachbereichs Institutionelle Tätigkeiten im INAIL Bozen
„Das Stressometer ist ein wichtiges Instrument und ein erster Schritt für die Bewusstseinsbildung. Nur wer sich der stressbezogenen Gefahren bewusst ist, kann etwas dagegen unternehmen und dadurch das Risiko für Arbeitsunfälle, Krankheitstage und Fehlzeiten senken – letztlich spart das der Allgemeinheit bares Geld!“