Diesen Moment wird Dunst lange nicht vergessen

Barbara Dunst im APA-Interview: Auszeichnung als “Pflaster”

Donnerstag, 19. Dezember 2024 | 05:03 Uhr

Von: apa

Barbara Dunst ist zum zweiten Mal in Folge Österreichs Fußballerin des Jahres. Die 27-jährige Steirerin hat ein ereignisreiches Jahr 2024 hinter sich mit Höhen, aber auch vielen Tiefen. Im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur gab sie Einblick in ihren Gemütszustand nach ihrem Kreuzbandriss und dem Verpassen des EM-Tickets mit dem ÖFB-Nationalteam und sprach auch über Erfreuliches wie den neuerlichen Wahlsieg, den Herbstmeistertitel mit Frankfurt sowie ihre Zukunft.

APA: Zum zweiten Mal in Folge Fußballerin des Jahres, wie hört sich das an?

Dunst: “Ich war schon ein bisschen überrascht, weil auch andere Spielerinnen in der Nationalmannschaft oder in den Ligen super performt haben und ich persönlich mit meiner Saison ja gar nicht so zufrieden bin. Ich hätte auch lieber Österreich die Qualifikation für die EM geschenkt, aber trotzdem freue ich mich natürlich riesig über die Auszeichnung. Es ist total cool, gibt mir echt sehr viel Kraft und ist wieder so ein Pflaster, das ich zusätzlich zu meinen Pflastern dazu klebe.”

APA: Wie sehr hat Sie Ihre Kreuzbandverletzung aus der Bahn geworfen?

Dunst: “Ich habe in 27 Jahren zuvor weder eine Muskelverletzung noch sonst etwas gehabt. Klar wünscht man sich das nicht. Es ist eine andere Hürde einfach, aber die nehme ich voll an. Desto besser ich mich mental damit abfinde und an das Comeback denke, umso leichter ist es für mich.”

APA: Haben Sie sofort gewusst, dass es etwas Schlimmes sein wird?

Dunst: “Ich bin ein bisschen nach innen weggekippt, habe es ein bisschen knacken gehört, aber es hat mir nicht wehgetan. Ich habe mir schon gedacht, das kenne ich so nicht und ich kenne meinen Körper sehr gut, lasse mich normalerweise auch nicht so schnell auswechseln.”

APA: Der 3. Dezember wird auch wegen dem verpassten EM-Ticket in Erinnerung bleiben, was war schlimmer?

Dunst: “Wie ich bei der MRT-Untersuchung war, habe ich gewusst, dass es mit dem Knie nicht gut ausschaut, aber das verpasste EM-Ticket hat mich mehr getroffen. Das tut mir wirklich leid und bricht mir eher das Herz. Das sind Momente als Sportlerin, auf die du jahrelang hin trainierst, noch dazu eine EM in der Schweiz. Das ist wirklich brutal. Es ist fatal, was da passiert ist, das ist uns auch bewusst.”

APA: Woran ist es gelegen?

Dunst: “Ich habe mir schon nach der 0:4-Klatsche in Deutschland gedacht, irgendwas passt nicht. Wir haben die Schritte nicht so gemacht, wie wir uns das vorgestellt haben. Gegen Slowenien haben wir nicht mit Ach und Krach gewonnen, aber es war nicht die Lockerheit da. Und die beiden Niederlagen gegen Polen waren dann das i-Tüpfelchen. Das hat man beim Hinspiel schon gesehen und im Rückspiel auch. Mannschaftlich hat es nichts gegeben, fußballerisch sind wir halt nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen, das hat man auch bei mir gesehen. Wir spielen nicht mehr so griffig, das Pressing ist nicht mehr so extrem unser Eye-Catcher. Wir haben viel gearbeitet, auch mental alles versucht. Es gilt ein paar Sachen aufzuarbeiten, zu analysieren.”

APA: Auch Teamchefin Irene Fuhrmann steht zur Diskussion, wie ist Ihre Meinung?

Dunst: “Es ist sehr professionell, wie sich der ÖFB gerade verhält. Es wäre kein gutes Zeichen nach außen, noch eine Welle zusätzlich anzuschieben, auch ich als Spielerin werde mich da genauso professionell verhalten. Ich glaube, dass es Dinge zum Aufarbeiten gibt, man muss genau reinhorchen, die Spielerinnen müssen genau reinhorchen, alles muss von allen reflektiert werden.”

APA: Wie groß ist der Rückschlag für den österreichischen Frauenfußball?

Dunst: “Dass wir uns für die WM nicht qualifiziert haben, hat mich schon ziemlich aus den Socken gehaut, aber dass wir jetzt auch bei der EM nicht dabei sind, ist ein Wahnsinn. Es ist ein riesengroßer Rückschlag für den ganzen Frauenfußball in Österreich. Du wirst bei einem großen Turnier nicht gesehen, wie sollen die Österreicher da mehr Bezug zum Frauenfußball bekommen? Es nimmt diese Dynamik, Euphorie nicht an und wir kämpfen so schon extrem. Ich war erschrocken von der geringen Zuschauerzahl gegen Polen, das sind Dinge, die mich auch sehr beschäftigen. Wir kriegen den Funken nicht so rüber.”

APA: Wie kann sich das ändern?

Dunst: “Wir selbst können es nur mit unserer eigenen Art und Weise, wie wir spielen, beeinflussen. Wir haben in der Nations League attraktive Gegner, da müssen wir gute Leistungen bringen, um zu zeigen, uns gibt es noch. Wir sind uns bewusst, dass wir einen richtigen Topfen runtergedreht haben, jetzt ist eine Jetzt-erst-Recht-Mentalität gefragt.”

APA: Diese Art von Mentalität hat Frankfurt nach dem Champions-League-Quali-Out bis zum Herbstmeistertitel geführt. Was ist möglich?

Dunst: “Das Ausscheiden gegen Sporting Lissabon war eine große Enttäuschung, wir haben dann aber den Schalter umgelegt. Grundsätzlich blubbert in der Mannschaft Großes, das hat die Hinrunde voll bewiesen. Ich habe das Gefühl, dass wir in diesem Jahr deutlich reifer sind und es höher als Platz drei gehen kann – wir sind in der Liga und im DFB-Pokal noch sehr gut dabei, warum sollte es keinen Titel geben können?”

APA: Wird es danach für Sie bei der Eintracht weitergehen, Ihr Vertrag läuft im Sommer aus?

Dunst: “Dazu kann ich aktuell nicht viel sagen. Das sind aber keine Überlegungen, die ich jetzt nach der Verletzung habe, das ist schon ein bisschen ein längerer Prozess in meinem Kopf. Egal in welche Richtung es geht, ob ich bleibe oder nicht, ich glaube, es wünscht mir jeder, dass ich fit zurückkomme. Darauf liegt jetzt mehr der Fokus.”

APA: Wann werden wir Sie wieder am Platz sehen?

Dunst: “Ich will natürlich gut und gesund zurückkommen, gleichzeitig will ich dem Körper die Zeit geben, die er einfach braucht. Dadurch, dass es die erste Verletzung ist, muss ich noch intensiver reinhören. Ich werde auf eine gesunde Art und Weise Gas geben und wenn ich wieder fit bin, wird es noch einmal richtig krachen. Definitiv.”

APA: Abschließend, haben Sie einen Weihnachtswunsch?

Dunst: “Ich wünsche mir eine gute Streckung und keine Schwellung. Das war es für die nächsten sechs Wochen.”

(Das Gespräch führte Thomas Tretzmüller/APA)

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