Bryce Bennett besiegt den Rest der Welt

Bennett gewinnt erste Gröden-Abfahrt – Paris Elfter

Donnerstag, 14. Dezember 2023 | 13:43 Uhr

Von: apa

Der erste Speedsieger im alpinen Ski-Weltcup der Männer 2023/24 heißt überraschend Bryce Bennett. Der US-Amerikaner setzte sich am Donnerstag mit Nummer 34 in der plangemäß verkürzten Abfahrt in St. Christina/Gröden in einem engen Rennen vor Aleksander Aamodt Kilde (NOR/+0,03 Sek.) und Marco Odermatt (SUI/+0,05 Sek.) durch. Für die Österreicher gab es eine herbe Abfuhr, Stefan Babinsky verhinderte als Sechster (+0,36) das totale ÖSV-Debakel.

Für den auch die Sonneneinstrahlung perfekt ausnützenden Babinsky (Nummer 44) war es nach zwei vierten Rängen heuer im Frühjahr das nächstbeste Karriereergebnis. “Mir ist heute alles voll aufgegangen, ich bin superhappy. Es ist ein kurzes Rennen, da darf man sich keinen Fehler erlauben”, sagte der 27-Jährige, der volles Risiko genommen hatte. “Ich habe von oben bis unten voll attackiert.”

Vincent Kriechmayr hatte auf Platz 17 liegend 0,61 Rückstand. Der Oberösterreicher sparte nicht mit Selbstkritik, er habe auf der Ciaslat-Wiese ein paar Prozent zurückgenommen. “Ich bin die Ciaslat vielleicht leider nur mit 95 Prozent gefahren, da ist bitter, weil man weiß, dass man auf dem Niveau immer riskieren muss. Ich hätte mehr Risiko nehmen müssen. Und schade, dass ich ins Ziel hinein so viel verloren habe.” Er werde am Freitag mit der Wut im Bauch attackieren. Daniel Hemetsberger hatte 0,94 Sek. Rückstand. Daniel Danklmaier und Otmar Striedinger bereits außerhalb der Top 30 ex aequo 1,04, Marco Schwarz 1,12.

“Ich bin nicht verwundert. Der Schnee hat ausgetrocknet, das kommt mir nicht so entgegen. Ich habe damit gerechnet, dass es viel feuchter ist. Mit der Fahrt bin ich zufrieden, der Grundspeed war nicht da”, meinte Hemetsberger.

“Ich bin das zweite Mal heruntergefahren, für die Ciaslat brauch man einfach die Erfahrung, wie man hinkommt, wo man hinspringt. Gut analysieren für die nächsten zwei Rennen und es dann besser machen. Dass es so schlecht ist, hatte ich nicht im Gefühl”, sagte Schwarz, der sich ein zweites Training gewünscht hätte. Dieses war wegen Schneefalls abgesagt worden. Wetterbedingt konnten zuvor die Speedrennen in Zermatt/Cervinia und Beaver Creek nicht stattfinden, weshalb in Gröden der Saison-Auftakt für die Abfahrer erfolgte.

Schwarz will wie Odermatt alle fünf Dolomiten-Rennen in Angriff nehmen. Das heißt auch den Super-G am Freitag sowie die Abfahrt am Samstag in Gröden und die zwei Riesentorläufe in Alta Badia am Sonntag und Montag. Für Schwarz folgt zum Drüberstreuen vor Weihnachten dann noch der Slalom am 22. Dezember in Madonna die Campiglio.

Für Bennett war es der zweite Weltcupsieg – der zweite in Gröden, wo er auch 2021 erfolgreich war. “Ich fühle mich hier wohl, der Ort bringt mich mental in eine gute Stimmung.” Kilde meinte, er habe aus der Ausfahrt Ciaslat bis ins Ziel alles mitgenommen und sei richtig schnell gewesen. Auf den sechsten Grödensieg muss der 31-Jährige aber nun noch warten.

Bester “Azzurro” war der Südtiroler Dominik Paris. Er hat voll attackiert und landete auf dem elften Platz. Nach den Enttäuschungen in der vergangenen Saison zeigte sich der Ultern mit dem Ergebnis trotz allem zufrieden. Christof Innerhofer und Mattia Casse erreichten beide ex aequo mit einer Zeit von 1.24.34 den zwölften Platz. Florian Schieder kam hingegen auf Rang 15.

„Hier fühle ich mich richtig wohl“

Nicht Top-Favorit Aleksander Aamodt Kilde, sondern Bryce Bennett heißt der Sieger der verkürzten Abfahrt auf der Saslong. Wir haben nach dem ersten von insgesamt drei Speed-Bewerben auf der Saslong die Stimmen der Protagonisten eingeholt.

„In der letzten Saison lief bei mir leider gar nichts zusammen. Da ich unbedingt wieder an die Weltspitze zurückkehren wollte, habe ich im Sommer umso härter gearbeitet. Die gute Vorbereitung hat mir eine Menge Selbstvertrauen gegeben. In Gröden gefällt es mir ohnehin ausgezeichnet – das ist nicht erst seit meinem Sieg von vor zwei Jahren so. Hier inmitten der Dolomiten fühle ich mich mental sogar so wohl, dass ich sogar auf das Einfahren verzichten kann. Auch heute stand das bei mir nicht an der Tagesordnung“, erklärt der US-Amerikaner Bryce Bennett, der sich den ersten Platz geholt hat.

Der Norweger Aleksander Aamodt Kilde aus Platz zwei meinte hingegen: „Heute war ich leider nicht gut genug. Schon auf der Piste hatte ich nicht das beste Gefühl und war der Meinung, dass ich schneller hätte sein können. Schade, dass es nicht ganz zum Sieg gereicht hat – die knappen Abstände gehören aber zum Skisport dazu und ich kann auch mit dem zweiten Platz sehr gut leben. Die Piste dürfte sich von Tag zu Tag verbessern, sodass wir hier sicher noch zwei tolle Rennen erleben werden. Der enge Zweikampf mit Marco Odermatt ist eine super Sache: Es macht mir sehr viel Spaß und pusht mich enorm, mich auf diesem Niveau mit ihm zu duellieren.“

„Ich bin sehr zufrieden mit dem heutigen Tag. Nach den vielen Absagen der letzten Wochen wusste ich nicht so recht, wo ich im Speed-Bereich stehe. Daher ist es umso schöner, gleich beim ersten Rennen auf dem Podest zu stehen. Meine Fahrt war insgesamt recht ordentlich. Ich habe sicherlich an manchen Stellen, beispielsweise bei der Ciaslat-Ausfahrt, ein paar Hundertstel liegen gelassen – dennoch kann ich mit meiner Leistung ganz gut leben. Auch wenn ich weiterhin auf meinen ersten Sieg in der Abfahrt warten muss, trauere ich dem Sieg hier nicht nach. Schon morgen geht es mit dem nächsten Rennen weiter“, so hingegen der Schweizer Marco Odermatt auf Platz drei.

Alessandro Trovati/ Pentaphoto

Dominik Paris – Elfter – sagte hingegen: „Mittlerweile komme ich seit 15 Jahren nach Gröden und finde immer dieselbe Piste vor. Was in diesem Jahr allerdings anders ist, ist der Schnee: Es gibt nämlich eine Menge Naturschnee und das kommt meiner Fahrweise eher entgegen. Auf die heutige Leistung kann ich sicher aufbauen. Zwar bin ich noch nicht in der Verfassung, die ich gerne hätte – allerdings weiß ich nun zumindest, dass nur noch an kleinen Stellschrauben gedreht werden muss, um ganz an die Spitze zu gelangen.“

„Leider habe ich in der Ciaslat-Ausfahrt einen kleinen Fehler gemacht, den ich teuer bezahlen musste. Ich hatte zwar das Gefühl, die richtige Linie gewählt zu haben, aber da lag ich wohl falsch. Bei einer derart kurzen Abfahrt bezahlt man für jeden noch so kleinen Fehler, damit muss ich jetzt zurechtkommen. Alles in allem sehe ich das Glas heute aber eher halb voll als halb leer. Heuer bin ich erstmals in der Top-Gruppe gestartet, daher war es in erster Linie wichtig, ein ordentliches Ergebnis einzufahren. Jetzt gilt es, von Rennen zu Rennen zu schauen und weiterhin konstante Resultate zu erzielen“, so Mattia Casse

Alessandro Trovati/ Pentaphoto

Christof Innerhofer, der sich Casse den zwölften Platz teilt, meint: „Als ich im Ziel abgeschwungen bin und auf die Anzeigetafel geschaut habe, war ich ehrlichgesagt überrascht. Das Ergebnis ist eine große Erleichterung für mich persönlich und ich bin wirklich happy, dass es gleich im ersten Rennen der Saison so gut gelaufen ist. Nach dem durchwachsenen Training habe ich Setup gewechselt und hatte heute gleich am Morgen beim Einfahren ein gutes Gefühl. Ich habe nach wie vor großen Spaß am Skisport und trainiere sehr gerne. Ich weiß, dass nicht mehr viele an mich glauben, aber das versuche ich so gut als möglich auszublenden. Mittlerweile mache ich mir keinen allzu großen Druck mehr und bestreite die Rennen in erster Linie für mich selbst. Das war im letzten Winter noch anders und damals lief das Allermeiste schief.“

Alessandro Trovati/ Pentaphoto

Der Kastelruther Florian Schieder auf dem 15. Platz zeigt sich selbstkritisch: „Meine Fahrt war nicht fehlerlos und auf verkürzter Strecke kommt einem jeder Fehler teuer zu stehen. Insgesamt gehe ich aber mit einem guten Gefühl in die beiden anstehenden Rennen und bin zuversichtlich, dass dort ein ansprechendes Ergebnis möglich ist.“

Bezirk: Burggrafenamt, Salten/Schlern