Von: apa
Österreichs Frauen-Fußball-Nationalteam will sich im Kampf um ein Direktticket für die EM 2025 in der Schweiz Rechenspiele ersparen. Deshalb peilt die ÖFB-Auswahl am Dienstag (21.30 Uhr/live ORF Sport +) in Reykjavik gegen in der Quali-Gruppe A4 punktgleiche Isländerinnen einen Sieg an. “Wir müssen jetzt in Island die drei Punkte holen, das ist die absolute Pflicht”, betonte Mittelfeld-Ass Sarah Zadrazil. Gelingen muss das allerdings ohne Stamm-Torfrau Manuela Zinsberger.
Die 28-jährige Niederösterreicherin ist am Samstag aus privaten Gründen aus dem Teamquartier abgereist, hat den Flug nach Island mit dem Team nicht mehr angetreten. Ihre Ehefrau Madeleine erwartet ein Kind. Ein Pflichtspiel ohne Zinsberger ist eine ganz ungewohnte Erfahrung. Letztmals stand am 30. November 2021 nicht die Arsenal-Torfrau zwischen den ÖFB-Pfosten. Beim 8:0 in Luxemburg in der WM-Qualifikation war ihr Ersatz damals Jasmin Pal. Für die 27-jährige Tirolerin dürfte sich nun ein Kreis schließen, gilt sie doch als Anwärterin Nummer eins auf den Platz in der Stammformation.
Pal absolvierte in der abgelaufenen Saison 16 Pflichtspiele für den deutschen Bundesligisten 1. FC Köln. Im ÖFB-Trikot hatte sie beim Test-1:1 gegen Dänemark am 28. Februar in Marbella eine starke Leistung geboten, ihr fünftes Länderspiel wäre fix das wichtigste in ihrer Teamkarriere. Die 25-jährige Isabella Kresche (6 Länderspiele) hat zwei Länderspiele mehr bestritten, allerdings in der vergangenen Pflichtspielsaison für den italienischen Erstligisten Sassuolo nur dreimal spielen dürfen. Verteidigerin Virginia Kirchberger erwartete durch Zinsbergers Fehlen keine Auswirkungen: “Wir kennen uns mittlerweile alle gut untereinander. Für mich macht es keinen Unterschied, jeder weiß wie die Aufgaben sind.”
Pal und Kresche hatten das 1:1 in Ried am Freitag gegen Island, bei dem Zinsberger zum 99. Mal im ÖFB-Team zum Zug gekommen war, von der Bank aus verfolgt. Der Punktgewinn war eher in die Kategorie schmeichelhaft einzuordnen, auch wenn der Elfmeter der Isländerinnen, der zum Ausgleich in der 76. Minute führte, sehr umstritten war. “Wir dürfen das Spiel einfach nicht so offen gestalten, mit so langen Bällen und nur hin und her. Das liegt Island besser. Wir müssen hinten heraus kontrolliert spielen, wie in der ersten Hälfte”, sagte Zadrazil. Da hatte Sarah Puntigam vom Elfmeterpunkt das 1:0 (26.) erzielt.
Teamchefin Irene Fuhrmann sah es ähnlich. “Wir haben direkt nach dem Spiel gesagt, wir müssen uns klar steigern. Und das in allen Spielphasen.” Im Pressing habe ihr Team nicht griffig genug agiert, dazu fehlte im Spiel mit dem Ball die nötige Ruhe. Die Österreicherinnen kamen kaum gefährlich in den gegnerischen Strafraum. “Das war die negative Überraschung, dass wir uns kaum klare Torchancen herausspielen konnten. Da erwarten wir uns mehr von uns”, meinte Fuhrmann. Die Österreicherinnen reisten am Samstag nach Island, im selben Flieger saß auch das isländische Team auf der Rückreise.
Durch das Remis besteht noch die Möglichkeit, das Minimalziel von vier Punkten aus den beiden direkten Duellen zu erreichen. “Jetzt haben wir ein bisschen mehr Druck, als wir uns erhofft haben, aber wir versuchen es positiv zu sehen”, verlautete Zadrazil. Nach zwei erfolgreichen Qualifikationen samt EM-Halbfinale 2017 und EM-Viertelfinale 2022 ist die Erwartungshaltung von vielen Seiten gestiegen. “Es ist unser Anspruch, dass wir auch zum dritten Mal in Folge bei einer EM dabei sind. Dass sich die Mannschaften alle verbessern, ist auch klar. Dass der Druck wächst, ist ein Privileg, das wir haben”, hatte Zinsberger zuletzt gesagt.
Die vor allem aufgrund von Sveindis Jonsdottir vorne mit enormer Schnelligkeit ausgestatteten Isländerinnen, die zur Gruppen-Halbzeit nur wegen eines weniger geschossenen Tors hinter dem ÖFB-Team Tabellendritte sind, sollen hinter sich gelassen werden – obwohl sie im FIFA-Ranking als 15. um zwei Plätze besser dastehen. Fuhrmann sah dies als Bestätigung dafür, dass ihr Team in der Entwicklung immer nach vorne blickt. “Wir sind auch nach Siegen sehr selbstkritisch”, erklärte die Trainerin. “Sie (die Spielerinnen) wissen, sie können mehr. Ein Sieg morgen wäre nicht nur wichtig für die EM-Teilnahme, sondern auch, dass du dort wegfährst und sagst, du hat einen guten Job gemacht.”
Am Selbstvertrauen soll es nicht mangeln. “Wir müssen Vollgas geben, dann holen wir die drei Punkte, weil wir definitiv die bessere Mannschaft sind”, sagte Abwehrspielerin Marina Georgieva. Unter Beweis stellen müssen sie das im Stadion Laugardalsvöllur. 2.500 Zuschauer werden erwartet. Die Gastgeberinnen gaben sich ebenfalls hoch motiviert. “Grundsätzlich sind wir auf demselben Level, der mit der besseren Tagesverfassung wird gewinnen”, sagte Hinspiel-Torschützin Glodis Viggosdottir.