Bald neue Regeln für "Kontaminationen"?

“Fall Jannik Sinner”: Wada scheint einsichtig

Montag, 02. Dezember 2024 | 08:04 Uhr

Von: ka

Sexten/Rom – Offenbar scheint es für Einsicht nie zu spät zu sein. In der Internationalen Antidopingagentur Wada, die mit der Kontrolle aller Dopingfälle im Weltsport betraut ist, häufen sich die Stimmen, die vorschlagen, Doping von sehr geringfügigen “Kontaminationen”, die das Ergebnis von unsachgemäßem Verhalten Dritter sind oder unbewusst begangen wurden und sportlich nicht ins Gewicht fallen, zu unterscheiden. Es handelt sich dabei um Vorschläge und Meinungen, die nicht nur Jannik Sinner, sondern auch viele andere weltbekannte Sportlerinnen und Sportler wie etwa die polnische Tennisweltranglisten-Zweite Iga Świątek interessieren dürften.

Instagram/Jannik Sinner

Wie bekannt ist, legte die Wada vor zwei Monaten einen umstrittenen Einspruch gegen den Freispruch Jannik Sinners durch die International Tennis Integrity Agency ITIA ein, was die Nummer 1 der Tenniswelt dazu zwingt, sich in zweiter Instanz vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne in der Schweiz zu verteidigen. Da dieses Sportgerichtsverfahren letzten Meldungen zufolge nicht vor Mitte Februar 2025 stattfinden wird, befindet sich Jannik Sinner in der wenig beneidenswerten Lage, mit dem laufenden Verfahren im Hinterkopf den Australian Open-Titel verteidigen zu müssen.

FITP/Jannik Sinner strahlt mit der Trophäe der ATP Finals – ein Moment für die Tennisgeschichte!

Die psychologische Last der ganzen Affäre ist auch nicht zu unterschätzen. Seit dem heurigen Frühjahr muss der Sextner damit leben, dass gegen ihn wegen Dopings ermittelt wird. Am 4. April erhielt er die erste Benachrichtigung über eine vorläufige Suspendierung, die aber später widerrufen wurde. Kurz darauf, am 17. April, bekam er erneut die Nachricht, dass bei ihm 0,000000001 Gramm – also 1 Milliardstel Gramm – des verbotenen anabolen Steroids Clostebol nachgewiesen worden waren. Auch die zweite Suspendierung wurde aufgehoben.

Instagram/Jannik Sinner

Die International Tennis Integrity Agency ITIA legte eine 33 Seiten starke Akte des Dopingverfahrens an. In der minutiösen Rekonstruktion der ITIA wird beschrieben, wie durch eine enorme Leichtfertigkeit geringste Mengen des verbotenen Steroids in Janniks Körper gelangen konnten. Die ITIA gelangte zur Erkenntnis, dass dem Sextner keine Schuld trifft, und sprach Jannik Sinner frei. Daraus folgt, dass der Champion aus Sexten bis auf Weiteres keine Sperren fürchten muss und zu Turnieren antreten darf. Da er dennoch für alle Mitglieder seines Teams verantwortlich ist, musste er jedoch die in Indian Wells gesammelten Punkte und das Preisgeld abgeben. Die Wada legte gegen diesen Freispruch jedoch Berufung ein, was ein Verfahren vor dem CAS nach sich zieht.

Instagram/Jannik Sinner

Vor dem Hintergrund der sich häufenden Fälle geringfügigster Kontaminationen, die von den sehr feinen Messverfahren zwar gerade noch nachgewiesen werden können, den Sportlerinnen und Sportlern jedoch erwiesenermaßen keinen sportlichen Vorteil verleihen, scheint jedoch gerade in der Wada ein Umdenken stattzufinden. Kein Geringerer als der Generaldirektor der Wada, Olivier Niggli, lässt in einem Interview mit der französischen Sportzeitung L’Equipe durchblicken, wie die Internationale Antidopingagentur fortan mit der Messung von irrelevanten Mengen von Dopingsubstanzen nach einer Kontrolle eines Athleten umgehen könnte.

Instagram/Jannik Sinner

Das Problem, meint Olivier Niggli, bestehe darin, dass „unsere Labors heute viel leistungsfähiger und technologisch besser ausgestattet sind als in der Vergangenheit, was zur Folge hat, dass sie selbst winzige Substanzmengen nachweisen können“.

Instagram/Jannik Sinner

Das Problem der hochfeinen Nachweismethoden, durch die selbst eine unbeabsichtigte Kontamination vorschnell als Doping gewertet wird, ist zwar seit Jahren bekannt, erlangte jedoch erst vor wenigen Tagen wieder Aufmerksamkeit, als bei der polnischen Tennisweltranglisten-Zweiten Iga Świątek „eine unglaublich niedrige Konzentration von Trimetazidin“ festgestellt wurde.

Instagram/Iga Świątek

Iga Świątek konnte glaubhaft versichern, dass die sehr geringfügige Menge der verbotenen Substanz durch ein banales Medikament in ihren Körper gelangt war, das sie eingenommen hatte, um den Jetlag besser zu überstehen. Zu keinem Zeitpunkt hätte die Menge ausgereicht, um der bekannten polnischen Tennisspielerin einen wie auch immer gearteten Vorteil zu verschaffen.

Instagram/Iga Świątek

Jannik Sinner und Iga Swiatek sind jedoch nicht die zwei einzigen umstrittenen Fälle. Jene des Fußballprofis José Luis Palomino, der bei Atalanta Bergamo spielt und nach einer zunächst verhängten Sperre freigesprochen wurde, und des für zwölf Monate gesperrten Basketballspielers Riccardo Moraschini sind ähnlich gelagert.

Instagram/Jannik Sinner

„Die Mengen sind dermaßen gering, dass man sich schon durch kleine Unachtsamkeiten kontaminieren kann“, fügt Niggli hinzu. Der Generaldirektor der Wada scheint zur Überzeugung gelangt zu sein, dass Schwellenwerte einzuführen seien, unterhalb derer ein Athlet, der auf geringste Mengen positiv getestet wurde, zu einem Freispruch gelangen könnte. „Mit festen Schwellenwerten hätten wir all diese Fälle, die aufgetreten sind, nicht erlebt. Was wir verstehen müssen, ist, ob wir bereit sind, dies zu akzeptieren“, betont Olivier Niggli gegenüber der französischen Sportzeitung L’Equipe.

APA/APA/AFP/Getty/LUKE HALES

Um zu prüfen, ob und in welcher Weise die herrschenden Verfahren überdacht werden sollten, wird die Wada einen Arbeitstisch einrichten. Jannik Sinner muss bis Mitte Februar weiterhin bangen, aber die dunklen Wolken scheinen sich für alle sichtbar langsam zu lichten.

 

 

Bezirk: Pustertal

Kommentare

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20 Kommentare auf "“Fall Jannik Sinner”: Wada scheint einsichtig"


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tucano2
tucano2
Tratscher
6 h 54 Min

dei Wada muass guate Apparate hobn, gscheider tatnsie sie inser Sanität ausleichn, warn insere Laborproben oft genauer!😉🥴

@
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Kinig
5 h 49 Min

@tucano2
Zweifelst du an den Laborproben in unseren Krankenhäusern? Wie kannst du eine so unbegründete Aussage treffen? Ich hoffe, dass du niemals auf eine lebenswichtige Laboruntersuchung angewiesen bist, denn in einem solchen Fall würdest du sicherlich deine Meinung ändern und die hervorragende Arbeit der Labore in unseren Krankenhäusern zu schätzen wissen.

mitoga
mitoga
Superredner
5 h 23 Min

Halep: Fall wird sofort publik und führt zu Sperre mit anschließendem Freispruch: “dass der positive Test von einem “kontaminierten Nahrungsergänzungsmittel” herrührte, das unvorsichtig verwendet wurde und dass die Anomalien in ihrem biologischen Pass mit einer “chirurgischen Operation” in Verbindung gebracht werden könnten. Die Sperre wird von 4 Jahren auf 9 Monate reduziert, die bereits ab Juli 2023 verbüßt wurden.”
Swiatek: Der positive Test wird nicht publik, sie verpasst 3 Wochen auf der Tour, begründet es mit einer Verletzung und kann die letzte Restwoche der Sperre im Dezember absitzen.
Wer da keine Ungleichbehandlung erkennt sollte die Fanbrille abnehmen, egal welche.

RAMMSTEIN
RAMMSTEIN
Tratscher
3 h 40 Min

Simona Halep hat bewusst ein Nahrungs Ergänzungsmittel genommen.
Sviatek hat ein nicht verschreibungspflichtiges überall erhältliches Medikament gegen Jetlag genommen.
Das ist der Unterschied.
Und zusätzlich sind auch die nachgewiesenen Mengen zu berücksichtigen. Ob die Sportler dadurch überhaubt einen körperlichen Vorteil hatten.
Jeder Fall ist verschieden und einzeln zu bewerten.
Nur weil im ersten Moment die Fälle gleich ausschauen heist das nicht dass es so ist.

mitoga
mitoga
Superredner
3 h 13 Min

@RAMMSTEIN Beide wurden freigesprochen. Beide haben argumentiert, dass das Zeug verunreinigt war und konnten es beweisen. Nahrungsergänzungsmittel sind ebenso wenig verschreibungspflichtig wie Melatonin. Was sagst du zum Fall der Chinesischen Schwimmer und der Eisläuferin, die mit dem selben Herzmittel wie Swiatek erwischt wurden? Glauben wir den Schwimmern auch, sie wurden ja freigesprochen, und hat die Eiskunstläuferin nur Pech gehabt? https://www.zdf.de/nachrichten/sport/trimetazidin-doping-interview-thevis-100.html

xXx
xXx
Kinig
2 h 48 Min

Wer diese 2 Fälle miteinander vergleicht, dem hilft auch keine Brille mehr, egal welche.

RAMMSTEIN
RAMMSTEIN
Tratscher
2 h 24 Min

@mitoga
Den chinesischen Schwimmern glaube ich keine Sekunde.
Dort sieht man dass es nur darauf ankommt die richtigen Kontakte und finanziellen Mittel als Rückendeckung zu haben.

RAMMSTEIN
RAMMSTEIN
Tratscher
2 h 22 Min

@mitoga
Meine Aussage ist die offizielle der ITIA bezüglich unterschiedliche Urteile zwischen Halep und Sviatek.
Nicht meine persönliche.

sophie
sophie
Kinig
5 h 44 Min

Ich hoffe, aber ich glaube schon dass Janniks Stärke gerade darin liegt, es ist ohne Frage eine menthale Belastung für ihn, aber diese Kraft gönne ich ihm.

Doolin
Doolin
Kinig
5 h 52 Min

…WADA deckt chinesisches und russisches Staatsdoping…

Hustinettenbaer
3 h 16 Min

@Doolin
Wenn (fast) alle beschei.en, ist es doch eh egal.
Also Doping zulassen.
Preisgelder an die Gladiatoren, offizielle Wander-Pokalübergabe an die Pharmahersteller und Ärzte.

user6
user6
Universalgelehrter
4 h 9 Min

das gönne ich seinen neidern

Faktenchecker
2 h 12 Min
sophie
sophie
Kinig
3 h 25 Min

So kann er dann sich ohne menthalen Druck auf Jänner vorbereiten.👍💪

Faktenchecker
2 h 4 Min

Menthos?

So ist das
4 h 4 Min

…die vorschlagen, Doping von sehr geringfügigen “Kontaminationen”, die das Ergebnis von unsachgemäßem Verhalten Dritter sind oder unbewusst begangen wurden und sportlich nicht ins Gewicht fallen…

Also Glück gehabt. 🤔

mitoga
mitoga
Superredner
2 h 59 Min

Ein krasser Zufall, dass eine polnische Tablette gegen Jetlag genau mit dem gleichen Herzmedikament verunreiningt ist, wie das Essen in einem chinesischen Hotel.Das Zeug muss wirklich überall sein… Bei der russischen Eiskunstläuferin da war der Opa schuld, aus dessen Glas Sie getrunken hat.🤥 https://www.zdf.de/nachrichten/sport/olympia-2024-wada-ioc-doping-china-100.html

Grantelbart
Grantelbart
Universalgelehrter
5 h 5 Min

Man fragt sich wie es immer wieder zu diesen Mikrokontaminationen kommt, vor allem bei den Nahrungsergänzungsmitteln welche im Fall Halep und Swiatek anscheinend schuld waren. Sinner konnte die Quelle der Kontamination schnell und lückenlos nachweisen und wurde deshalb richtigerweise nicht gesperrt, aber so ein Nachweis ist nicht immer rückwirkend möglich. Die Athleten sind in solchen Fällen unschuldig und die Hersteller in der Pflicht, aber natürlich muss es einen Nachweis geben und sehr strenge Kriterien sonst wäre es ein Freifahrtschein für Dopingsünder. 

mitoga
mitoga
Superredner
3 h 24 Min

@Grantelbart Jetzt mal ganz hypothetisch aus den Augen eines Dopers gedacht: Wäre es nicht ein Leichtes für eine Kontaminierung einer Nahrungsergänzungsmittelcharge / Medizin zu sorgen, genau mit dem Mittel das mir bei der Regeneration zwischen Turnieren in kleinen Mengen hilft und bei Kontrollen nicht oder kaum nachweisbar wäre? Ein paar Milliönchen könnten für ein Unternehmen durchaus verlockend sein, um im Ernstfall die Schuld auf sich zu nehmen und für den Nachweis zu sorgen?

mitoga
mitoga
Superredner
5 h 34 Min
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