Von: apa
Mit seinem ersten Formel-1-Sieg seit 945 Tagen ist Lewis Hamilton ausgerechnet beim Heimrennen der ersehnte Befreiungsschlag gelungen. Der 39-Jährige verdrückte am Sonntag nach seinem neunten Triumph in Silverstone sogar Freudentränen, selten wurde der Rekordweltmeister bei einem seiner 104 Grand-Prix-Siege so emotional. “Das ist ein bisschen wie ein kleines Märchen”, sagte Mercedes-Boss Toto Wolff nach dem zweiten Erfolg der “Silberpfeile” hintereinander zufrieden.
Denn Hamilton wartete seit dem 5. Dezember 2021 in Saudi-Arabien auf die Rückkehr auf die Siegerstraße. Zuhause in Großbritannien, in seinem letzten Heim-GP für Mercedes vor seinem Abgang zu Ferrari, beendete der achtfache Champion nach Monaten voller Zweifel seine Durststrecke. “Ich habe so oft geglaubt, dass es nie wieder passieren wird”, sagte Hamilton überglücklich. “Mein erster Sieg hier war 2008 und ich kann mich nicht daran erinnern, dass der auch nur annähernd so emotional war wie dieser heute. Ich habe schon lange nicht mehr so geweint.”
In einem Rennen mit wechselnden Bedingungen traf Mercedes oft die richtigen Entscheidungen. “Die Kommunikation zwischen Fahrer und Team hat richtig gut funktioniert, das war nicht immer so in der Vergangenheit”, betonte Wolff im ORF. Der Wiener freute sich über einen “ehrlichen” Sieg. Denn anders als zuletzt in Spielberg, wo George Russell dank einer Kollision von Max Verstappen und Lando Norris den Sieg erbte, präsentierte sich Mercedes in Großbritannien als stetiger Sieganwärter.
“Wir haben das Rennen in fast allen Belangen kontrolliert. Das zeigt, dass wir jetzt Teil der Mannschaften vorne sind”, sagte Wolff. Zur Saisonhalbzeit sind die Kräfteverhältnisse in der Formel 1 jedenfalls ausgeglichen, neben Red Bull Racing und McLaren verfügen auch die Silbernen wieder über ein siegfähiges Auto. Hamilton war der sechste unterschiedliche Sieger im zwölften Rennen. In der Konstrukteurswertung ist Mercedes mit 221 Punkten aber weiter klar Vierter, hinter den “Bullen” (373), Ferrari (302) und McLaren (295).
Red-Bull-Weltmeister Verstappen hatte in Silverstone ungewohnte Mühe mit seinem Boliden, mit dem zweiten Platz sammelte der WM-Leader aber erneut mehr Punkte als seine Verfolger. “Von der Strategie haben wir alles super gemacht, aber wir waren zu langsam”, sprach der Niederländer mahnende Worte. So könne er “natürlich nicht” die Weltmeisterschaft gewinnen. Im WM-Ranking liegt Verstappen zwei Wochen vor dem Großen Preis von Ungarn weiter komfortable 84 Zähler vor Norris, der sich im McLaren erneut auf Siegkurs befand und sich nach einem etwas späteren Boxenstopp mit dem dritten Platz begnügen musste.
“Natürlich bin ich zufrieden, dass wir gegenüber Lando ein paar Punkte gewonnen haben, aber wenn es so weitergeht, wird es noch eine schwere Saison”, betonte Verstappen. Der Titelverteidiger hatte besonders zu Rennbeginn unerwartete Probleme mit dem Reifenverschleiß, wie Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko erklärte. Am Ende kämpfte Verstappen aber wieder um den Sieg. “Es haben uns zwei Runden gefehlt”, sagte Marko und lobte Hamilton. “Wir dachten, es geht sich aus. Da sieht man, welch Meister er ist, der ein Rennen lesen kann und die Reifen genau so fordert, dass sie nicht einbrechen.”
Am Hungaroring werden die Karten wieder neu gemischt, beim Austro-Rennstall herrscht Zuversicht. “Wir setzen eigentlich alles auf das Update, das in Budapest kommt”, betonte Marko. Dann hat auch Sergio Perez im zweiten Red Bull wieder die Chance, nach sechs schwachen Rennen in Serie den Turnaround zu schaffen. McLaren-Teamchef Zak Brown erwartet in Ungarn erneut eine spannende Angelegenheit. “Es ist sehr knapp und wird so weitergehen wie hier. Es ist aufregend für die Formel-1-Fans.”