Von: apa
Bei der Frauen-Fußball-WM 2023 hat man Österreichs Team vergeblich gesucht, bei der EM 2025 wird das wieder so sein. Zwei bittere 0:1-Niederlagen gegen Polen haben dafür gesorgt, dass die ÖFB-Auswahl nach starken Auftritten bei den bisherigen beiden EM-Teilnahmen in der Schweiz nur Zuschauer ist. Dass deshalb viel Kritik auch auf Teamchefin Irene Fuhrmann einprasselt, ist keine Überraschung. “Ich werde in einer ersten Emotion keine Entscheidung treffen”, sagte Fuhrmann.
Um jeden Preis wird sie ihre Tätigkeit aber nicht weiterführen. “Zuerst muss ich mir einmal Gedanken machen, wieder in die Balance kommen, das Ganze verarbeiten. Dann gibt es natürlich einen Arbeitgeber, der was zu sagen hat und natürlich auch ein Team. Es geht nicht um meine Person, es geht darum, dass das Team erfolgreich ist. Dafür müssen alle Komponenten zusammenspielen”, gab die 44-Jährige, die grundsätzlich nach wie vor für die Sache brenne, zu Protokoll.
Eine ist dabei die reibungslose Zusammenarbeit mit dem Verband. Der hat dem Frauenfußball in den vergangenen Jahren einen höheren Stellenwert gegeben, allerdings in überhaupt keiner Relation zu den Männern. “Bisher war es einfach so, dass wir erfolgreich waren und danach Maßnahmen getroffen und investiert haben. Jetzt ist der Zeitpunkt, wo einmal die klare Entscheidung fallen muss, ob nicht investiert werden muss, damit dann auch wieder Erfolg da ist. Es gibt genug Stellschrauben an denen zu schrauben ist”, erläuterte Fuhrmann.
Mehr “Manpower” nötig
Dazu zählt, dass Österreich zu jenen Nationen zählt, die mit U17 und U19 nur zwei Nachwuchs-Nationalteams haben. Im A-Team gibt es nur während der Lehrgänge professionelle Strukturen, dazwischen, wenn viele Betreuer einer anderen Tätigkeit nachgehen, nicht. “Ich bin der Meinung, dass wir für die Ressourcen, die wir haben, für die Breite im Kader, punktuell sehr viele Erfolge feiern konnten in den letzten Jahren. Aber der Frauenfußball entwickelt sich extrem, da müssen wir ganz klar Gas geben, weil es nur mit voller Manpower möglich ist, den Anschluss zu halten”, schilderte Fuhrmann ihre Sicht.
Kritische Worte in Richtung ÖFB hatte sie auch schon tags zuvor aufgrund der mangelhaften Werbung für die wichtige Partie von sich gegeben. “Von nichts kommt einfach nichts”, sagte sie am Dienstag noch einmal. Fakt ist aber auch, dass die Eigenwerbung der Spielerinnen durch den verkorksten Auftritt beim 0:1 in Gdansk am Freitag ausgeblieben ist, dazu die kalten Temperaturen und die Vorweihnachtszeit Leute von einem Besuch abhielten. Ins Bild eines Abends zum Vergessen passte, dass unter den nur 3.200 Fans in Wien über weite Strecken die polnische Anhängerschaft für mehr Stimmung sorgte.
Das auch deshalb da Sarah Puntigam und Co. zwar mehr Ballbesitz hatten, aus der optischen Überlegenheit aber nur wenig Topchancen kreieren konnten. Eine Steigerung gegenüber Freitag war ersichtlich, führte aber nicht zum Erfolg, auch da Lilli Purtscheller im Abschluss die Kaltschnäuzigkeit fehlte. “Es ist scheiße. Ich bin zwar noch jung, das ist aber keine Ausrede. Ich muss auch in den entscheidenden Spielen da sein und ein Tor schießen”, klang bei der Offensivspielerin viel Selbstkritik durch.
“Pure Leere” bei Zinsberger
Sie blickte auch kritisch auf die vergangenen Monate zurück. “Es waren nicht nur die letzten zwei Spiele nicht so super, sondern davor auch. Da haben wir zwar Tore geschossen, waren leistungstechnisch aber auch nicht so berauschend.” Nur ein Punkt aus zwei Spielen gegen Island in der Gruppenphase hatte ein direktes EM-Ticket verhindert. “Die Enttäuschung ist riesengroß, dass der Traum geplatzt ist”, meinte Puntigam. Bei Torfrau Manuela Zinsberger herrschte “pure Leere. Enttäuschung, Traurigkeit”. Fuhrmann bezeichnete die 0:1-Niederlagen infolge von noch zwei 3:1-Siegen in der Quali als “richtigen Schlag ins Gesicht”.
Das nicht nur für sie selbst. “Entwicklung ist nie linear, aber es ist ein gewaltiger Rückschlag für uns im Frauenfußball, denn die mediale Präsenz ist einfach höher, wenn wir bei Endrunden vertreten sind”, erläuterte die ÖFB-Trainerin. Als Gründe für die nicht ausreichende Leistung nannte sie neben Ausfällen vor allem die aktuelle Formkurve samt mangelnder Spielpraxis. “Jede Teamchefin wünscht sich Spielerinnen, die in ihren Vereinen Leistungsträgerinnen sind, das ist derzeit sicher nicht gegeben. Das war ein kleines Puzzleteil, das uns nicht in die Karten gespielt hat”, resümierte Fuhrmann. Der Ausfall von Barbara Dunst mit einer wohl schweren Verletzung im rechten Knie kurz vor der Pause genauso nicht.
Viele Akteurinnen schon über 30
Sie hat mit 27 wohl noch ein paar Möglichkeiten, eine Endrunde zu erreichen. Für einige routinierte Kräfte, ein Großteil Stammspieler, trifft das nicht zu. Verena Hanshaw (30), Sarah Zadrazil, Virginia Kirchberger, Katharina Schiechtl und Laura Feiersinger (alle 31) sowie Rekordspielerin Puntigam (32) sind allesamt über 30. “Für mich ist nicht klar, was ich jetzt mache”, hielt sich Letztere alles offen. Auch für andere war es nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich mit der eigenen Teamzukunft zu befassen. Als nächste Aufgabe wartet am 21. Februar mit einem Heimspiel gegen Schottland der Auftakt in die Nations League.
Ob mit oder ohne Fuhrmann, die auch schon beim Out gegen Schottland im WM-Play-off am 6. Oktober 2022 auf der Bank saß, wird sich zeigen. “Wenn Irene bleibt, dann stehen wir hinter ihr und machen das gemeinsam. Aber das sind nicht Entscheidungen, die wir treffen”, sagte Zinsberger. Als Trainerin stehe man vorne und müsse man auch den Kopf hinhalten. “Aber die Irene kann die Tore nicht schießen und nicht die Bälle halten. Es gehört ein bisschen mehr dazu, als nur die Trainerin an den Pranger zu stellen”, ergänzte die Arsenal-Legionärin. Das sah auch Purtscheller so: “Wir müssen uns selber hinterfragen, in jeglichen Bereichen.”
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