Von: ka
Lienz – Am Tag von Prodhomme und dem Doppelsieg des Teams Decathlon-Ag2r mit Seixas auf Rang zwei im Ziel auf dem Hauptplatz von Lienz, fliegt der Australier am Bannberg davon und sichert sich das Grüne Melinda-Trikot der 48. Auflage der Tour of the Alps. Die Gegenwehr von Arensman, dem Protagonisten von Obertilliach, wird gebrochen. Auf dem Podium auch der Kanadier Gee.
Der Stärkste hat gewonnen – wie so oft auf den Straßen des Trentino, Südtirols und Tirols. Der zäheste und mutigste Fahrer, zweifellos derjenige, der diese 48. Ausgabe der Tour of the Alps – wie gewohnt spektakulär und nie vorhersehbar – am besten interpretiert hat. Am Freitag, 25. April, wurde der 28-jährige Michael Storer, Australier mit einem Herz für Italien und hier wohnhaft, auf dem Hauptplatz von Lienz zum Sieger gekrönt.
Ein Jahrzehnt nach den letzten australischen Siegen auf den euregionalen Straßen – wo Cadel Evans 2014 und Richie Porte 2015 erfolgreich waren – hat Australien wieder einen Protagonisten im Etappenrennsport gefunden. Einen Athleten, der auf jeder Art von Anstieg brillieren kann, ob lange Anfahrten oder steile Rampen, die den Himmel berühren und den Fahrern die Beine lähmen, wie Bannberg und Stronach. Nicht zufällig waren es, wie schon 2022, genau diese beiden Königsanstiege Osttirols, die dem Fahrer mit den besten Beinen zum Sieg verhalfen: Storer konnte Thymen Arensman, den dominanten Mann vom Donnerstag in Obertilliach, abschütteln und sich holen, was ihm 2022 in Lienz noch verwehrt geblieben war: das Grüne Melinda-Trikot.
Erneut waren Franzosen Protagonisten im großen Finale der Tour of the Alps, und erneut glänzt Decathlon-Ag2r: Auf den kurvenreichen Straßen Osttirols fuhren Nicolas Prodhomme und Paul Seixas Hand in Hand an der Spitze und erreichten gemeinsam den Hauptplatz in Lienz. 2024 jubelte Aurelien Paret-Peintre in Levico Terme, und in diesem Jahr war es der junge, aufstrebende Paul Seixas, der mit einer ritterlichen Geste und dem Bewusstsein, dass seine große Bühne nicht mehr lange auf sich warten lässt, seinem erfahreneren Teamkollegen dessen ersten Profisieg schenkte. Hinter Prodhomme und Seixas belegte der Deutsche Emil Herzog (RedBull-BORA-Hansgrohe) den dritten Platz der Etappe.
In der Gesamtwertung lag Storer am Ende 1:33 Minuten vor Arensman und 4:07 Minuten vor dem Kanadier Derek Gee (Israel-Premier Tech). Auf Rang vier und als bester Italiener landete Giulio Ciccone (Lidl-Trek), der in San Lorenzo Dorsino das erste Grüne Trikot des Rennens getragen hatte. Fünfter wurde der Tiroler Felix Gall (Decathlon-Ag2r) mit 5:13 Minuten Rückstand, vor dem erfahrenen Damiano Caruso (Bahrain-Victorious) mit 5:33 Minuten. Das Weiße Forst-Trikot für den besten Nachwuchsfahrer gewann Max Poole, der Niederländer von Picnic PostNL, der damit seinen Erfolg aus 2023 wiederholte, mit einem Rückstand von 6:06 Minuten.
Die Top-10 der #TotA 2025 komplettierten: Jai Hindley (RedBull-BORA) als Achter mit 6:09 Minuten Rückstand, Matthew Riccitello (Israel) als Neunter mit 6:33 Minuten und Romain Bardet (Picnic PostNL), der Zehnter wurde mit 6:46 Minuten Rückstand. Für den Franzosen war es die letzte Teilnahme vor seinem Karriereende, die nach dem Critérium du Dauphiné erfolgen wird. In der Stadt, die ihm 2022 den schönsten Moment seiner Karriere beschert hatte, konnte er den großen Erfolg diesmal nicht wiederholen.
STORER: „DIE TOUR OF THE ALPS IST EIN EINZIGARTIGES RENNEN“
„Ich wusste, dass ich in hervorragender Verfassung zur Tour of the Alps kommen würde, aber in diesen Tagen konnte ich mich noch weiter steigern. Im Vergleich zu den letzten Jahren war das Niveau nochmals höher, und auch deshalb sind die Abstände so groß ausgefallen. Beim zweiten Anstieg zum Bannberg haben mich die Jungs lanciert, und dann hatte ich Lucas an meiner Seite, der mir in der Schlussphase sehr geholfen hat.“
„Die Tour of the Alps ist ein Rennen, das ich liebe. Es hat eine starke regionale Identität, geprägt durch die Alpen. Kein anderes Rennen kann sich einer so ausgeprägten Identität rühmen, viele Fahrer nehmen es deshalb gerne in ihr Programm auf. Ich kann es kaum erwarten, zurückzukehren. Ich habe die Nachrichten, die mich erreicht haben, noch nicht gelesen, aber für das Team ist es ein besonderes Ergebnis, ein Rennen wie die Tour of the Alps zu gewinnen.“
„Für die Experten ist nach diesem Ergebnis klar: Ich kann beim Giro d’Italia unter die Top 5 fahren, und es freut mich, das zu hören. An meiner Vorbereitung wird sich nichts ändern. Mein Trainer hat alles bis ins Detail geplant, und ich glaube, ich kann in guter Verfassung dorthin kommen, um um den Sieg zu kämpfen.“
PRODHOMME: „WAS FÜR EIN GEFÜHL – DER ERSTE SIEG BEI DEN PROFIS“
„Es war eine sehr emotionale und bedeutende Woche für uns. Wir sind mit dem Ziel angereist, eine Etappe zu gewinnen und Felix Gall sowie Paul Seixas in der Gesamtwertung zu unterstützen. In den fünf Etappen war Michael der Stärkste, also sind wir heute mit dem Plan gestartet, die Etappe für Paul zu gewinnen. Ich hätte nie gedacht, meinen ersten Profisieg zu holen, das war ein unglaublich starkes Gefühl.“
„Ich denke, der erste Sieg als Profi kann im Kopf eines Fahrers vieles verändern. Mein Selbstvertrauen wird wachsen, und vor allem ist es entscheidend, dass dieser Erfolg vor dem Giro d’Italia kommt. Er wird mich zusätzlich antreiben, noch besser zu werden.“
FELIX GALL
“Die Stimmung war wirklich einzigartig. Es waren so viele bekannte Gesichter auf der Strecke und es war schon sehr speziell. Ich habe ziemlich zu kämpfen gehabt, es war nicht mein allerbester Tag. Wenn ich mich super gefühlt hätte, hätte ich am letzten Anstieg noch Ciccone attackiert, aber es war dann eher so, dass ich schauen habe müssen, bei der Gruppe dabei zu bleiben. Es waren jetzt doch fünf sehr, sehr schwierige Tage, aber ich bin zufrieden. Sicher von der Gesamtwertung wäre es vielleicht cool gewesen, noch ein bisschen weiter vorne zu sein, aber ich habe jeden Tag mein Bestes gegeben.”
DAS RENNEN
Die letzte Etappe der Tour of the Alps war von derselben Taktik geprägt wie an den Vortagen: Bereits in den ersten Kilometern kam es zu Attacken und sehr hohem Tempo. Bei Kilometer 20 setzten sich 14 Fahrer ab: Kämna (Lidl-Trek), Mihojlevic (Bahrain-Victorious), Van Huffel (Picnic-PostNL), Herzog und Zwienhoff (RedBull-BORA), Bouwman (Jayco-AlUla), Prodhomme und Seixas (Decathlon-Ag2r), Eriksson (Tudor), Rojas und Tarozzi (VF-Group Bardiani), Mattia Bais (Polti VisitMalta) sowie Geismayr (Vorarlberg).
Die Ausreißergruppe erhielt vom Feld freie Fahrt und baute ihren Vorsprung auf bis zu 4:19 Minuten aus – ein beachtlicher Abstand angesichts der kurzen Etappe (112,2 km). Auch bei den ersten Herausforderungen des Tages, dem ersten Anstieg zum Bannberg und der Auffahrt nach Oberassling, hielt die Spitze ihren Vorsprung nahezu unverändert. Am Fuß des zweiten Bannberg-Anstiegs betrug der Abstand noch 4:10 Minuten.
Hinter der Fluchtgruppe setzte Tudor Pro Cycling erneut auf eine brillante Taktik, mit einem Vorstoß durch Stork, dem Storer dicht auf den Fersen war. Der Einzige, der kontern konnte, war Arensman – doch seine Aktion verlor an Wirkung an den zweistelligen Steigungsprozenten des Bannberg, just in dem Moment, als Storer persönlich das Tempo verschärfte. Storer erreichte den Gipfel des Bannberg mit 30 Sekunden Vorsprung auf Arensman und traf auf einen wertvollen Helfer: Teamkollege Eriksson, der auf dem anschließenden Flachstück entscheidend mithalf, den Vorsprung am Fuß des letzten Anstiegs der #TotA 2025 – der Steigung von Stronach – auf eine Minute auszubauen.
Während an der Spitze des Rennens Prodhomme und Seixas ihre Kletterfähigkeiten unter Beweis stellten, setzte Storer seine Attacke mit ungebrochener Kraft auf den brutal steilen Rampen von Stronach fort und ließ Arensman im Ziel um 1:44 Minuten hinter sich. Auf dem Hauptplatz setzte sich Prodhomme vor Seixas und dem Deutschen Emil Herzog durch, mit dem Niederländer Koen Bouwman auf Rang vier und Mattia Bais – bester Italiener – auf Platz fünf.
Hinter Storer und Arensman – der übrigens mit einer sportlich fairen Geste auf Storers Leistung applaudierte – kamen die weiteren Klassementfahrer Poole, Ciccone, Hindley, Caruso, Riccitello, Gee und Gall gemeinsam ins Ziel, mit 4:03 Minuten Rückstand auf Prodhomme und 2:02 Minuten auf Michael Storer.
Seixas durfte sich über den Gewinn des Roten Würth-Trikots der Punktewertung freuen. Finlay Pickering (Bahrain-Victorious) sicherte sich das Blaue-Cassa-Centrale-Trikot für die Bergwertung, während das Schwarze Bazr-Trikot für den kämpferischsten Fahrer an Koen Bouwman ging.
Die 48. Ausgabe der Tour of the Alps endet mit dem triumphalen Gesamtsieg von Michael Storer, doch ebenso mit vielen Geschichten, die in Erinnerung bleiben werden: der Geniestreich von Giulio Ciccone in San Lorenzo Dorsino, der erste Profisieg von Nicolas Prodhomme, das aufblitzende Talent von Paul Seixas, der unerschrockene Kampfgeist von Thymen Arensman und all die großen Namen, die jeden Meter der Straßen in der Euregio Tirol–Südtirol–Trentino zum Beben gebracht haben. Es war eine Ausgabe voller Überraschungen, Heldentaten und atemberaubender Kulissen. Radsport in seiner schönsten Form.
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