Von: apa
Österreichs Fußball-Männer-Nationalteam kämpft am Dienstag (21.00 Uhr/live ServusTV) in Leipzig um den erstmaligen Einzug ins EM-Viertelfinale. Die Auswahl von Teamchef Ralf Rangnick geht nach dem Gruppensieg in einer ungewohnten Favoritenrolle ins Achtelfinal-Duell mit der Türkei. Gelingt der Einzug in die Runde der letzten acht, wartet im Berliner Olympiastadion der Sieger des Duells zwischen den Niederlanden und Rumänien auf die ÖFB-Auswahl.
Die historische Dimension der Partie ist für Rangnick aber nur ein Randaspekt. “Das sind alles Dinge, die dazu da sind, um Zeitungsberichte zu füllen. Sie sind auch spannend zu lesen, aber wichtig ist, was auf dem Platz passiert”, erklärte Rangnick auf der Abschlusspressekonferenz am Montagabend in Leipzig.
Der Nationaltrainer und seine Schützlinge haben in der Heimat durch den Gruppensieg noch vor Frankreich und den Niederlanden eine große Begeisterung entfacht, die sie nun fortsetzen wollen. “Das Turnier beginnt für uns morgen völlig von Neuem. Wir müssen richtig in diesen Play-off-Modus schalten, voll konzentriert und fokussiert sein. In so einem Spiel sind Fehler schlecht bis gar nicht zu korrigieren”, sagte Rangnick und forderte von seiner Truppe das “höchstmögliche Energielevel”.
Wie lange das ÖFB-Team bei dieser Endrunde noch dabei sein könnte, wagte der Deutsche nicht zu prophezeien. “Ich habe schon zu Beginn des Turniers gesagt, dass ich es nicht für wahrscheinlich halte, dass wir ins Finale kommen oder die EM gewinnen, aber auch nicht für unmöglich. Dieser Meinung bin ich immer noch. Wir müssen jedes Spiel so angehen, als ob es unser letztes wäre, dann werden wir sehen, wie weit uns das bringt.”
Die jüngsten Siege über Polen und die Niederlande samt aller Begleiterscheinungen haben bei Rangnick eine gewisse Begierde auf weitere Erfolge ausgelöst. “Wir haben alle miteinander erlebt, was in Berlin los war, wenn die österreichischen Fans mit der Mannschaft ‘I am from Austria’ singen. Das ist ein bisschen Gänsehaut und macht fast süchtig nach mehr”, sagte der 66-Jährige.
Große Emotionen werden auch am Dienstag dabei sein – nicht nur von österreichischer, auch von türkischer Seite. Deshalb betonte Rangnick: “Wir brauchen heiße Herzen auf dem Platz, aber in jeder Situation auch einen kühlen Kopf.”
Dies gelang unter anderem im vergangenen März, als die ÖFB-Auswahl die Türken ein einem Testmatch im Happel-Stadion mit 6:1 abfertigte. “Aber bei uns war dieses Spiel in der Vorbereitung kein großes Thema und ich glaube nicht, dass es Einfluss auf das morgige Spiel und Ergebnis haben wird”, meinte Rangnick und wies auch auf den günstigen Spielverlauf in dieser Partie hin. “Das Spiel hätte auch anders ausgehen können.”
Für Rangnick bedeutet die Neuauflage im Achtelfinale eine Art Heimkehr, schließlich arbeitete er von 2012 bis 2019 als Sportchef und Trainer in Leipzig. Zudem waren beziehungsweise sind einige aktuelle ÖFB-Internatonale bei RB tätig. “Mich freut es unbändig, dass wir hier sind, auch für die Jungs, die hier viele Jahre ihren Beitrag geleistet haben. Ich hoffe, dass die Österreich-Fans und auch viele Leipzig-Fans, die hoffentlich Tickets haben, uns tatkräftig unterstützen werden”, sagte der Teamchef.
Verzichten muss Rangnick auf Offensivmann Patrick Wimmer, der wegen einer Gelbsperre fehlt, und Gernot Trauner wegen dessen Muskelverletzung im Oberschenkel. Mit Stefan Posch, Kevin Danso, Maximilian Wöber, Philipp Mwene und Reservist Leopold Querfeld ist fast die gesamte Hintermannschaft mit einer Verwarnung vorbelastet. Bei einer weiteren Gelben Karte würden sie ebenso wie Konrad Laimer, Christoph Baumgartner und Marko Arnautovic im Viertelfinale zuschauen müssen.
Im Vergleich zum 3:2 vor einer Woche gegen die Niederlande, als Rangnick auf mögliche Sperren Rücksicht genommen hatte und nicht mit seiner stärksten Elf den Gruppensieg erobert hatte, dürfte es Umstellungen geben. Romano Schmid könnte im Team bleiben, Laimer dafür eine Etappe weiter nach hinten auf die Position von Florian Grillitsch rücken. Alexander Prass hat im Linksverteidiger-Duell mit Mwene ebenfalls Startelf-Chancen.
Bei den Türken fehlen die gesperrten Samet Akaydin und Hakan Calhanoglu. Vor allem Letzterer dürfte schmerzhaft vermisst werden. “Dass er ausfällt, ist etwas, was ihnen irgendwo wehtut”, sagte Österreichs “Non-playing Captain” David Alaba. Laimer meinte dazu: “Wir wissen auch, dass das kein Nachteil für uns ist, er ist ein überragender Einzelspieler. Aber wir schauen auf uns selbst.”
Bei einem Aufstieg hätte Österreichs Männer-Team drei Siege in Folge gefeiert – im Rahmen einer großen Endrunde gelang dies zuletzt bei der WM 1954. Aktuell hält die ÖFB-Auswahl bei 14 Siegen, drei Remis und zwei Niederlagen aus den jüngsten 19 Länderspielen. Gegen die Türkei steht die Bilanz bei neun Siegen, einem Unentschieden und sieben Niederlagen. Der bisher letzte Pflichtspielsieg gegen die Türken liegt allerdings schon über 35 Jahre zurück.