Von: apa
Sebastian Ofner hat am Sonntag eine schon verloren geglaubte Erstrundenpartie bei den Tennis-French-Open noch für sich entschieden. Der 28-jährige Steirer rang den Franzosen Terence Atmane nach 3:35 Stunden mit 3:6,4:6,7:6(2),6:2,7:5 nieder. Die Partie hätte eigentlich schon Mitte des vierten Satzes mit einer Disqualifikation des Franzosen zu Ende sein müssen, nachdem er eine Zuschauerin mit dem Ball getroffen hatte. Es blieb aber bei einer Verwarnung.
Es war eine Szene, über die noch länger diskutiert werden wird. Atmane setzte beim Stand von 4:1 für Ofner einen Frust-Schlag nach einem verlorenen Ballwechsel mit voller Wucht ins Publikum und traf dabei eine Zuschauerin auf der Kniescheibe. Den Regeln zufolge hätte die Partie frühzeitig aus sein müssen. Zuerst der Schiedsrichter, dann der erst nach einigen Minuten herbeigeeilte Ober-Schiedsrichter unterhielten sich mit dem “Opfer”, danach wurde auch noch die Meinung von Ofner eingeholt. Zum Unverständnis vieler durfte der Weltranglisten-121., der sich für die Aktion auch nicht entschuldigte, die Partie fortsetzen.
“Ich habe mir schon gedacht, dass es eigentlich vorbei sein müsste, er hat mit 250 kerzengerade in die Zuschauer geschossen. Bei den Challengern sind die Strafen irre und bei einem Grand Slam macht er sowas und wird nicht bestraft. Es ist schwierig zu verstehen. Entweder man hat Grenzen oder nicht. Wenn man so eine Aktion macht, gehört man dafür bestraft”, verlautete Ofner im ServusTV-Interview. Weiter zu spielen sei für ihn trotz der Unterbrechung nicht so ein Problem gewesen. “Irgendwo muss es aber Regeln geben.”
Da sich Ofner am Ende durchsetzte, nahm das Ganze ein faires Ende. “Ich bin jetzt mega-happy, es ist ein richtig guter Sieg gewesen”, bilanzierte der Rechtshänder nach Mitternacht auf dem Court. Zweieinhalb Sätze lang habe er eine der schlechtesten Leistungen in dieser Saison geboten. “Irgendwie habe ich mich aber reingespielt und ein verrücktes Match noch gedreht”, sagte die Nummer 45 der Welt. “Es war eines meiner größten Matches, dass ich gedreht habe.” Auf Österreichs Nummer eins wartet als nächster Gegner entweder der als Nummer 20 gesetzte Argentinier Sebastian Baez oder der brasilianische Qualifikant Gustavo Heide.
Ofner kann das Montagduell der beiden in Ruhe von der Tribüne verfolgen. Durch seinen Achtelfinal-Einzug 2023 hat das ÖTV-Ass in Roland Garros viele Punkte zu verteidigen. Das spielte im ersten Spiel noch dazu in der hier ungewohnten Favoritenrolle eine Rolle. “Ich glaube, dass alles zusammengespielt hat. Nachdem ich voriges Jahr aus der Qualifikation heraus hier 4. Runde gespielt habe, ist jetzt viel Druck da, es sind viele Punkte zu verteidigen. Das nochmals zu bestätigen ist richtig schwierig. Generell war ich auch relativ nervös am Anfang und er ist auch ein sehr unangenehmer Spieler und ich habe nicht reingefunden”, erläuterte Ofner.
Aufgrund einer Regenunterbrechung musste Österreichs Nummer eins verspätet ab 20.15 Uhr und auf einem anderen als zuvor vorgesehenen Platz antreten. Der Court 12 entpuppte sich dabei vorerst als kein guter Boden. Atmane schaffte zum 3:1 das erste Break, hielt diesen Vorteil und verwertete nach 31 Minuten seinen ersten Satzball. Symptomatisch nach einem leichten Rückhandfehler des ÖTV-Akteurs.
Im zweiten Satz konnte Ofner bei 1:1 ein 0:40 noch wettmachen, Breakchance Nummer vier verwertete der Lokalmatador aber doch. Zum 4:1 nahm der Außenseiter seinem Gegner neuerlich den Aufschlag ab. Das Spiel lief zu dem Zeitpunkt völlig an Ofner vorbei, der mit seinem ersten Break zum 2:4 sowie einem Zu-Null-Game auf 3:4 und einem weiteren Break zum 4:4 aber vermeintlich zurückfand. Atmane haute mit dem Racket nach einem Doppelfehler auf den Boden und trat auch leicht gegen eine Werbebande, pushte sich damit aber wieder.
Nach der wohl längsten Rallye im Spiel stellte der Franzose mit Break auf 5:4 und servierte danach aus. Denkbar schlecht begann Satz drei mit einem Doppelfehler zum Aufschlagverlust. Atmane konnte bei seiner 3:2-Führung eine Breakchance des Österreichers mit einem starken Aufschlag abwehren. Bei 4:3 zitterten die Nerven beim Underdog, der mit einem leichten Vorhandfehler das 4:4 hinnehmen musste. Im Endeffekt musste das Tiebreak entscheiden, in der ein Netzroller zum 2:1 für Ofner die Wende in der Partie einleitete.
Der Schützling von Wolfgang Thiem nutzte den zweiten Satzball zum 7:2, nahm den Schwung mit und zog mit Doppelbreak schnell auf 4:0 davon. Nach der Skandalaktion und mehr als zehnminütiger Unterbrechung blieb Ofner cool und verwertete seinen zweiten Satzball. Der Entscheidungsdurchgang stand auf des Messers Schneide. Nach Break für Ofner und Rebreak zum 2:2 ging es bis zum 5:5 wieder mit dem Aufschlag. Dann nahm Ofner seinem Gegner entscheidend das Service ab und servierte aus.