Der Meistermacher mit seinen Europameistern

Perfekte Spanier verdient zurück an Europas Spitze

Montag, 15. Juli 2024 | 12:09 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Spaniens Fußball-Nationalteam ist nach zwölf Jahren wieder Europas Branchenprimus. Mit dem verdienten 2:1-Sieg über England im EM-Finale in Berlin krönte die Mannschaft von Trainer Luis de la Fuente eine atemberaubende wie makellose EM-Kampagne. Sieben Siege in sieben Spielen führten zum vierten kontinentalen Titel – keine Nation war je erfolgreicher. “Wieder Könige Europas”, jubelte daher die Madrider Sportzeitung “As”, während “Marca” vom “vierten Wunder” schrieb.

Auch im Endspiel blieb die “Furia Roja” (rote Furie) ihrem Offensivspiel treu und wurde in der zweiten Hälfte belohnt. Nico Williams (47.) und Mikel Oyarzabal (86.) schossen die Iberer gegen weitgehend passive Engländer zum Titel. “Wir haben Geschichte geschrieben. Wir haben vier Weltmeister (Italien, Deutschland, Frankreich und England, Anm.) nacheinander besiegt, und das auf die härteste Art und Weise, die es gibt. Das spricht für die Mentalität der Mannschaft”, fasste Rodri, der Spieler des Turniers, treffend zusammen.

De la Fuente hat in relativ kurzer Zeit ein Ensemble geschaffen, dass für mannschaftliche Geschlossenheit und Offensivfußball steht. Die 15 Tore der Spanier bei diesen Titelkämpfen sind ein neuer Turnierrekord und Ausdruck der spanischen Qualitäten. “Ich könnte nicht glücklicher sein”, sagte der 63-jährige Trainer nach dem Endspiel. “Ich habe schon gesagt, dass ich stolz bin, und heute bin ich sogar noch stolzer. Es bestätigt, wer wir sind. Für mich sind sie das beste Team der Welt.”

Als De la Fuente vor 18 Monaten das A-Team übernahm, wurde er noch als “Luis de la Wer?” verspottet. Nun ist er der Vater des Erfolgs und hat eine neue goldene Generation in Spanien aus der Taufe gehoben. “Ich denke, es ist ein historischer Wechsel, der da gerade passiert”, sagte der 22-jährige Jungstar Nico Williams, der gemeinsam mit dem fünf Jahre jüngeren Lamine Yamal, aber auch Spielern wie Marc Cucurella, Dani Olmo, Rodri oder Dani Carvajal die EM in Deutschland geprägt hat.

Dass die Mannschaft ein ausgezeichnetes Kollektiv ist, zeigten auch die Ersatzspieler wie Oyarzabal oder Mikel Merino, die sich nahtlos einfügten und ihren Beitrag zum Titelgewinn leisteten. “Sie haben dieses Turnier mit einer extremen Sicherheit und Zuversicht gewonnen, wie wir es noch nicht oft erlebt haben”, erklärte De la Fuente, der mit vielen seiner Spieler schon lange zusammenarbeitet, seit er 2013 die spanischen Jugend-Auswahlen trainierte.

Nach dem U19- und U21-EM-Titel folgte nun jener in der Elite. “Das ist etwas, das kultiviert wurde. Der Trainer wusste, was er tat”, meinte Rodri. “Ich hoffe, jeder ist genauso stolz wie ich auf diese Generation von Spielern, die eine lange Zukunft vor sich haben”, erwiderte der Coach.

Luis de la Fuente hofft zugleich auf einen Einfluss seiner Europameister weit über den Fußball hinaus. “Diese Generation setzt ein Beispiel, es sind junge Spieler, die den Willen haben, die Mentalität, hart zu arbeiten.” Die Menschen sähen “nicht einfach nur verwöhnte Burschen, sondern welche, die alles geben”, so der Trainer. Ähnlich äußerte sich Williams. “Ich denke, dass Fußballer einen Einfluss auf die Gesellschaft haben.”

Der 22-Jährige erinnerte an seine Familiengeschichte: “Meine Eltern haben sehr viel gelitten, um hierherzukommen. Sie haben mir Respekt und Loyalität beigebracht.” Williams Vater und seine mit Bruder Iñaki schwangere Mutter Maria waren einst von Ghana nach Europa geflüchtet, mit Schleppern, die sie in der Gluthitze der Sahara aussetzten. Als die Familie in Spanien ankam, erhielt sie politisches Asyl und musste sie sich lange in ärmlichen Verhältnissen durchschlagen. Am Sonntag brachte Nico Williams die spanische Nation in Ekstase und wurde als Spieler des Finales ausgezeichnet.

Nach der “Fiesta” im Berliner Olympiastadion steht nun am Montag ein Party-Marathon in Madrid auf dem Programm. Für den Nachmittag wurde die Ankunft des Europameisters in der spanischen Hauptstadt erwartet. Am Abend empfängt König Felipe VI. die Mannschaft in seiner Residenz im Zarzuela-Palast. Zudem wird das Team mit einem Bus durch die Straßen Madrids fahren. Ziel ist die Plaza de Cibeles im Zentrum der Stadt, wo der EM-Pokal präsentiert wird.