Innauer über Vorgehen der Norweger entsetzt

Skisprung-Skandal für Innauer “richtiger Totalschaden”

Dienstag, 11. März 2025 | 11:26 Uhr

Von: apa

Norwegens Skispringer haben ihre Glaubwürdigkeit verloren. Nach dem bei der Nordischen Ski-WM im eigenen Land aufgeflogenen Skandal um manipulierte Anzüge bezweifeln Experten die Erklärungen der Skandinavier und prangern die erfolgreichste nordische Nation an. “Sie haben moralisch alles in den Sand gefahren”, sagte Österreichs Skisprung-Legende Toni Innauer am Montag in Sport und Talk auf ServusTV. “Das ist ein richtiger Totalschaden.”

Anonym gefilmte und veröffentlichte Videos zeigen, wie das norwegische Team die Wettkampfanzüge auf unzulässige Art und Weise bearbeitet. So wurde eine nicht erlaubte Naht angebracht, die für mehr Stabilität sorgen soll. Die zusätzliche Stabilität hilft den Springern beim Fliegen in der Luft. Unter wachsendem Druck gaben die Norweger den Betrug zu. Nun gibt es die Sorge, dass der Skandal deutlich weiter reicht.

Stecher vermutet großflächige Manipulation

Österreichs Verband fordert, dass alle WM-Ergebnisse der Norweger, also im Skispringen und der nordischen Kombination, annulliert werden. “Beweise hin oder her – wenn man es schafft, bei zwei Anzügen zu manipulieren, liegt der Verdacht sehr, sehr nahe, dass über die ganze WM manipuliert worden ist”, sagte Sportdirektor Mario Stecher. Innauer ist skeptisch, dass der ÖSV mit seiner Forderung Erfolg haben wird. “Sportrechtlich ist es nicht so einfach. Moralisch ist es einfach, man kann eins und eins zusammenzählen”, sagte er.

Be- und getroffen ist Andreas Wellinger. Der deutsche Springer glaubt weder den Beteuerungen, dass nur einmal betrogen worden ist, noch dass Lindvik und Forfang nichts mitbekommen hätten. Zweimal Gold und einmal Bronze hatten Norwegens Springer davor schon geholt. “Warum sollten sie im vierten und letzten Wettkampf so ein Risiko eingehen? Ich fange nicht am letzten Tag damit an”, sagte er. Und “wenn Änderungen am Anzug stattfinden, steige ich rein und merke, dass der anders ist”.

Wellinger mit wenig Vorfreude auf Oslo

Am Mittwoch geht es für die Springer nach Norwegen, stehen doch die Weltcupbewerbe in Oslo auf dem Programm. Die Vorfreude hält sich bei einigen in engen Grenzen. “Ich habe relativ wenig Lust, Norwegern an der Schanze zu begegnen. Weil diese Manipulation so übers Ziel ist, und für alle anderen Skispringer eine Verarsche ist”, erklärte Wellinger.

Auch der österreichische Kombinierer Johannes Lamparter macht sich so seine Gedanken. Dreimal Gold und einmal Bronze holten Norwegens Männer. “Bei den Kombinierern sind keine Beweise gefunden worden, aber natürlich macht das auch mit unseren Emotionen was. Wir möchten Klarheit haben. Wir wollen davon ausgehen, wenn wer gewinnt, dann dass er fair gewinnt. Einen fahlen Beigeschmack hat es natürlich”, sagte der zweifache Medaillengewinner mit dem Team.

Ex-DSV-Coach Schuster: Aussagen völlig unglaubwürdig

Heftige Kritik setzte es vom Tiroler Werner Schuster. Spekulationen und gegenseitige Anschuldigungen habe es schon immer gegeben. “Jetzt haben wir eine neue Dimension, es hat ein Level erreicht, auf dem man – das ist zumindest der erste Eindruck – von einer systematischen Manipulation sprechen kann. Jeder zeigt nun mit dem Finger auf die Norweger. Aber das ist nicht nur ihr Problem, sondern eines des gesamten Skispringens”, erklärte der TV-Experte von Eurosport.

Die Aussagen der Norweger sind für Schuster Ausflüchte. “Die Geschichte, dass nur zwei Anzüge für diesen einen Tag manipuliert worden seien und die Athleten nichts gewusst hätten – das ist mir sauer aufgestoßen. Das war ganz nach dem Motto: Wir geben nur das zu, was man uns zu 100 Prozent nachweisen kann”, erklärte Schuster. Für den einstigen ÖSV-Star Andreas Goldberger sind auch die Athleten, die ihr Mitwissen dementieren, unglaubwürdig. “Sie sind ja tagtäglich in so einem Sprunganzug drin. Und wenn dann plötzlich ein anderer Sprunganzug da ist, sollte man das schon spüren”, sagte der Oberösterreicher im ORF-TV-Interview.

Wie reagiert die FIS?

Der Weltverband ist gefordert, das Regelwerk zu überarbeiten. Der Chef der FIS-Materialkommission, Andreas Bauer, plädiert für die Einführung von 3D-Scannern. “Bisher wird alles händisch überprüft, menschliche Messungenauigkeiten sind nicht auszuschließen. Wir müssen jetzt so schnell wie möglich auf die moderne Technik umsteigen und wie am Flughafen 3D-Scanner nutzen”, sagte Bauer in deutschen Medien.

“Wir können die Körpermaße der Springer scannen und wir können sie anschließend in den Anzügen scannen. Ich bin mir sicher, dass dies, was die Fairness angeht, die Kontrollen auf ein neues Level heben wird”, sagte Bauer. “Denn so lässt sich jeder Zentimeter des Anzugs schnell und genau überprüfen – vor, während und nach dem Wettkampf. Mit der modernen Technik werden wir es schaffen, Betrügereien dieser Art künftig zu verhindern. Und es würde auch das Feilschen um Zentimeter beenden.”

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