Southgate nimmt nach zweiter EM-Finalniederlage seinen Hut

Southgate tritt nach acht Jahren als England-Teamchef zurück

Dienstag, 16. Juli 2024 | 21:48 Uhr

Von: APA/Reuters/dpa

Zwei Tage nach dem verlorenen EM-Finale gegen Spanien (1:2) hat Englands Fußball-Teamchef Gareth Southgate seinen Rücktritt erklärt. “Als stolzer Engländer war es mir die Ehre meines Lebens für England zu spielen und es zu trainieren. Es hat mir alles bedeutet, und ich habe alles gegeben. Jetzt ist es aber Zeit für eine Änderung und ein neues Kapitel”, meinte Southgate in einem Statement. Der 53-Jährige hatte England 2016 übernommen und in 102 Spielen betreut.

Mit dem zweiten Platz wird sich die Titelflaute, die dem englischen Fußball auf Nationalteam-Ebene schwer zu schaffen macht, von bisher 58 auf mindestens 60 Jahre verlängern. Southgates Vertrag lief noch bis zum Ende des Jahres, doch im Laufe des Turniers kam mitunter harsche Kritik an dem Coach auf. Direkt nach dem Finale im Berliner Olympiastadion am Sonntag hatte er noch keinen Hinweis auf seine persönliche Zukunft geben wollen.

Der englische Fußballverband FA hatte vor dem Spiel gegen Spanien und unabhängig vom Ausgang des Finales signalisiert, mit dem früheren Verteidiger bis zur WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada weiterarbeiten zu wollen. Die Turnierbilanz von Southgate, der seit September 2016 im Amt war, ist überaus erfolgreich. Neben dem Finaleinzug in Deutschland erreichte er auch 2021 das EM-Finale, 2018 das WM-Halbfinale und 2022 das WM-Viertelfinale. Nur Weltmeister-Trainer Alf Ramsey war erfolgreicher.

Southgate hatte seinen Vertrag vor der EM nicht verlängert. Die öffentliche Kritik an ihm, auch von vielen Ex-Profis, war in den vergangenen Jahren gewachsen – auch bei diesem Turnier blieb sie nicht aus. Die Fans warfen Becher nach dem Trainer, die heimischen Experten und Medien übten anfangs heftige Kritik. Die Gruppenphase war für die mit zahlreichen Topspielern angetretenen Engländer äußerst holprig verlaufen. Der Stimmungsumschwung kam erst nach dem überzeugenden 2:1 im Halbfinale gegen die Niederlande.

Zum Abschied gab es viel Lob – allen voran von seinen Spielern. Es sei ein Privileg, von jemandem geführt zu werden, der so engagiert und leidenschaftlich ist, schrieb Offensivstar Jude Bellingham. “Gareth ist nicht nur mit Sicherheit einer der besten Trainer in der Geschichte der Nationalmannschaft, sondern auch ein unglaublicher Mensch”, betonte der 21-Jährige. Aus Sicht eines Fans, der Mitglied der Mannschaft geworden sei, sei die EM “eine Achterbahnfahrt unglaublicher Gefühle, die unserem Land wieder Hoffnung und Freude eingeflößt hat”, gewesen.

“Boss. Danke für alles, das du für mich und unser Land getan hast”, ergänzte Kapitän Harry Kane. “Du bist eine der großartigesten englischen Teamchefs der Geschichte gewesen. Du hast unsere Nation zusammengeführt und ihr den Glauben an unser Team zurückgegeben.” Auch Torhüter Jordan Pickford bedankte sich für das jahrelange Vertrauen. “Danke Trainer, es war ein Privileg für dich zu spielen”, betonte Mittelfeldmann Declan Rice.

Thronfolger Prinz William danke Southgate nicht als Verbandspräsident, sondern als Fan. Der Teamchef habe “unter höchstem Druck und größter Beobachtung Demut, Mitgefühl und wahre Führungsqualitäten” gezeigt und könne “unglaublich stolz” auf das Erreichte sein. “Danke dafür, ein Team geschaffen zu haben, das 2024 mit den Besten der Welt Schulter an Schulter steht.” FA-Geschäftsführer Mark Bullingham sprach von “unvergesslichen Momenten” und lobte Southgate für dessen Spielerentwicklung. Der Coach habe außerdem einen Kulturwandel im Team vollzogen. “Am beeindruckendsten ist jedoch seine Erfolgsbilanz bei Turnieren”, meinte Bullingham.

Als Kandidaten für Southgates Nachfolge gelten Eddie Howe von Newcastle United, der ehemalige Chelsea-Trainer Graham Potter sowie der frühere Weltklassespieler Frank Lampard. Auch der Argentinier Mauricio Pochettino wurde schon mehrfach genannt. Ex-Nationalstürmer Gary Lineker brachte den Deutschen Jürgen Klopp ins Gespräch, der nach neun Jahren bei Liverpool aber eine Pause vom Trainergeschäft nimmt. Bei Howe müsste der Verband wohl tief in die Tasche greifen. Newcastle betonte bereits, dass man den 46-Jährigen nicht ziehen lassen wolle.

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