Von: ka
Shanghai/Sexten – Dass ein guter Tennistrainer nicht nur da ist, seinen Schützling in jeglicher Hinsicht sportlich zu betreuen und ihm die nötigen Fachkenntnisse anzutrainieren, sondern auch in schwierigen Momenten die richtigen Tipps zu geben, veranschaulicht kaum ein anderer Tennistrainer besser als Simone Vagnozzi.
Quando Vagnozzi rimprovera Jannik! 😁
Posted by Alice Ozman on Sunday, October 6, 2024
Nachdem sein Ratschlag bereits während des hochdramatischen Australian Open-Finales gegen Daniil Medwedew dem Match die vielleicht entscheidende Wende gegeben und den Sextner zu seinem ersten Grand Slam-Sieg verholfen hatte, griff Janniks Coach während des Spiels seines Schützlings gegen den starken Argentinier Tomás Martín Etcheverry, gegen den sich Jannik lange sehr schwertat, erneut ein. Dabei “wusch er ihm auch ein bisschen den Kopf”.
“Ich habe verstanden, Jan, aber wenn er 25. der Welt ist, bekommt auch er es manchmal hin. Hör auf dich um ihn zu sorgen. Konzentriere dich lieber auf dich selbst”, so Vagnozzis harsche Antwort auf Janniks fragende Blicke und Zeichen.
An Jannik Sinners Erfolgen haben seine beiden Trainer Darren Cahill und Simone Vagnozzi am meisten Anteil. Während der Profi aus Australien, der als “Eisvogel” gilt und keine Miene verzieht, als Tennissupercoach Jannik oft, aber nicht zu all seinen Matches begleitet, fungiert Simone Vagnozzi als Tenniscoach als eigentlicher Trainer des Sextners, der nie von seiner Seite weicht.
Der 40-jährige Mann aus Ascoli in den Marken hatte sich vor acht Jahren dazu entscheiden, seine mittelprächtige Profikarriere aufzugeben und sich als Tenniscoach neu zu erfinden. Als Trainer war es ihm gelungen, einige Erfolge zu feiern. Sinners Wahl, ihn in seinen Trainerstab aufzunehmen, wurde in der italienischen Tenniswelt zunächst mit etwas Skepsis aufgenommen, aber das perfekte Zusammenspiel mit Cahill und Sinners Erfolge geben dem Sextner und seinen Beratern recht.
Die beiden pflegen eine sehr enge Beziehung zueinander. Dies zeigte sich das erste Mal während des hochdramatischen Australian Open-Finales gegen Daniil Medwedew. Nachdem der sichtlich erschöpft und ratlos wirkende Sinner mehrmals seinen Trainer gefragt hatte, was er angesichts des bärenstarken Spiels Medvedews tun solle, gab ihm sein Trainer Simone Vagnozzi einen wertvollen Ratschlag. In Anbetracht der Tatsache, dass der zweite Satz zu diesem Zeitpunkt bereits so gut wie verloren war, riet Vagnozzi ihm, sein Spiel zu variieren und etwas vollkommen Neues zu probieren.
“Alé. Nutze dieses Spiel, um etwas anderes zu machen. Gehe auch beim zweiten Ball nach hinten”, spornte Vagnozzi Sinner an. Jannik befolgte diese Anweisungen buchstabengetreu, was sich sofort in seinem Spiel niederschlug. Zurück im Spielfeld rang der Sextner Daniil Medwedew ein Break zum 5:3 ab. Jannik Sinner verlor zwar auch den zweiten Satz, aber der Russe vermochte dennoch nicht mehr zu verhindern, dass das Finale eine entscheidende Wende nahm.
Fast zehn Monate später hatte Jannik in Shanghai erneut viel Mühe, gegen seinen Gegner, den Argentinier Tomás Martín Etcheverry, die richtigen Mittel zu finden. Der Sextner wurde vom starken Spiel Etcheverrys, der eigentlich als Sandplatzspezialist gilt, regelrecht überrascht. Nach dem Verlust des ersten Satzes erreichten Janniks fragende Blicke seinen Coach.
Vagnozzis harsche Antwort, die von den Kameras eingefangen wurde, ließ nicht lange auf sich warten. “Ich habe verstanden, Jan, aber wenn er 25. der Welt ist, bekommt auch er es manchmal hin. Hör auf dich um ihn zu sorgen. Konzentriere dich lieber auf dich selbst”, so Vagnozzis Antwort auf Janniks fragende Blicke und Zeichen.
Während des dritten Satzes, als sich das Spiel längst gedreht hatte, bat Sinner nach einem verlorenen Punkt Vagnozzi erneut um Hilfe. Er schaute nach rechts zum Trainer. “Oh, ich kann dich nicht hören? Ich kann dich nicht hören, sag mir was”, so Jannik in Richtung seines Coachs. “Jan, forza, hey, forza”, entgegnete ihm Simone. Von diesem Moment an war der Sextner nicht mehr zu bremsen. Jannik entschied drei Games in Folge für sich und das Match war vorbei.
Jannik verdankt Simone sehr viel. In Miami, wenige Tage vor dem Gewinn des Masters 1000-Turniers, antwortete Jannik auf eine Frage zu seiner Beziehung zum Coach. “Weil er keine genaue Regel kennt, dass man auf eine bestimmte Art und Weise spielen muss, sondern den gegnerischen Spieler betrachtet und versucht, unseren Plan an dessen Spielweise anzupassen, ist er von der technisch-taktischen Seite des Tennis her einer der besten Coaches der Welt. Das ist meiner Ansicht nach eine sehr seltene Gabe. Er hat mich spielen sehen, woraufhin wir meine Rückhand technisch ein bisschen verändert haben. ‘Schau mal, wenn du das so machst, könnte es für dich besser passen’, hat er zu mir gesagt. Ich denke, das Beste, was er tut, ist, dass er meinen Standpunkt versteht und wir dann gemeinsam den richtigen Weg finden, es umzusetzen”, so der Sextner über Simone Vagnozzi.
Vor etwas mehr als einem Jahr, als Jannik seine größten Erfolge noch vor sich haben sollte, fand Simone für Sinner schöne Worte. “Jannik ist ein junger Spieler, der dem Coach zuhört und seine Ratschläge ernst nimmt, aber auch seinen Standpunkt vertritt und Zweifel anmeldet. Er weiß, dass er sich verbessern muss, was erfordert, dass zwischen Coach und Spieler ein Vertrauensverhältnis entsteht. Unsere sportliche Beziehung wird immer enger. Ich und Cahill versuchen, ihn durch die Perfektionierung verschiedener Aspekte seines Spiels zu einem besseren Spieler zu machen”, so der Coach aus den Marken über Jannik.
Mehr als ein Jahr später sind die Früchte dieser Arbeit kaum zu übersehen. Dass der Sextner heute als Nummer 1 ganz oben steht, ist vor allem auch der Verdienst seiner Coaches Vagnozzi und Cahill, die Janniks Spielweisen variiert und enorm erweitert haben.
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