IOC-Präsident Bach hält den Entschluss hoch

Winterspiele 2030 in Frankreich, 2034 in Salt Lake City

Mittwoch, 24. Juli 2024 | 15:12 Uhr

Von: APA/dpa

Fünfeinhalb Jahre nach den am Freitag beginnenden Sommerspielen in Paris ist Olympia erneut in Frankreich zu Gast. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) vergab die Winterspiele 2030 bei seiner Generalversammlung am Mittwoch in Paris in die französischen Alpen. Die ebenso erwartete Wahl für die Winterspiele 2034 fiel auf Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah, das bereits 2002 Olympia-Gastgeber war.

Die Abstimmungen für die beiden Winter-Events galten schon vor der 142. IOC-Session als Formsache, Frankreich erhielt letztlich 84 Ja- und vier Nein-Stimmen. Allerdings wurde die Zustimmung unter dem Vorbehalt erteilt, dass die Regierung und die regionalen Behörden die bisher noch offenen finanziellen und organisatorischen Garantien gewähren. Erst dann soll der Ausrichtervertrag auch vom IOC unterzeichnet werden.

Frankreich war bereits im November zum bevorzugten Kandidaten ernannt worden. Die IOC-Spitze hatte im Juni der Generalversammlung den Zuschlag empfohlen. Frankreich hat reichlich Olympia-Erfahrung. In den französischen Alpen fanden Winterspiele in Chamonix (1924), Grenoble (1968) und Albertville (1992) statt. Paris ist in diesem Jahr zum dritten Mal nach 1900 und 1924 Sommer-Gastgeber.

Geplant sind die Winterspiele 2030 in den Regionen Provence-Alpes-Côte d’Azur und Auvergne-Rhône-Alpes. Mehrere Eis-Bewerbe sollen in Nizza stattfinden. Das Konzept sieht fast ausschließlich die Nutzung bestehender Wettkampfstätten vor.

Wegen der politischen Turbulenzen in Frankreich und den vorgezogenen Parlamentswahlen verzögerten sich zuletzt die erforderlichen Garantien von Regierung und Behörden für das Winterspiele-Projekt. Derzeit gibt es nur eine geschäftsführende Regierung. Staatschef Emmanuel Macron will erst nach Olympia einen neuen Premierminister ernennen. In der Nationalversammlung hat nach der Wahl vor gut zwei Wochen kein politisches Lager eine Mehrheit.

In seiner Rede vor der IOC-Generalversammlung sprach Macron der Kandidatur aber volle Unterstützung aus. “Ich bestätige das volle Engagement der französischen Nation und versichere Ihnen, dass ich den nächsten Premierminister bitten werde, nicht nur diese Garantie, sondern auch ein Olympisches Gesetz in die Prioritäten der neuen Regierung aufzunehmen”, sagte er. “Vor sieben Jahren haben wir die gleiche Zusage gemacht (für die Sommerspiele 2024 in Paris) und wir haben geliefert. Wir werden das Gleiche tun”, betonte Macron.

David Lappartient, Chef von Frankreichs Nationalem Olympischen Komitee, hatte zuvor ebenfalls versichert: “Auch wenn es keine Mehrheit im Parlament gibt, gibt es eine starke Mehrheit für die Spiele.” IOC-Präsident Thomas Bach bekräftigte: “Wir würden nicht abstimmen, wenn wir dieses Gefühl nicht hätten.”

Der Vergabe war ein abschließender Bericht von ÖOC-Präsident Karl Stoss in seiner Funktion als Vorsitzender der “Future Host Commission”, die sich mit Bewerbungen für Olympische Winterspiele befasst, vorangegangen. “Französische Alpen 2030 ist ein sehr solides Projekt, das von starker öffentlicher und politischer Unterstützung, der nachgewiesenen Fähigkeit, Sportwettkämpfe auf hohem Niveau durchzuführen, hervorragenden Austragungsorten und der Möglichkeit profitiert, vom Wissen und der Erfahrung Frankreichs als Gastgeber von Paris 2024 zu profitieren”, erklärte Stoss. “Während unseres Besuchs hatte die Kommission den Eindruck, dass das Erbe von Albertville 1992 auch heute noch den örtlichen Gemeinden zugute kommt”, sagte der ÖOC-Chef.

Großes Lob von Stoss gab es auch für die Bewerbung von Salt Lake City. “Dieses sehr starke Projekt profitiert von einer äußerst hohen öffentlichen und politischen Unterstützung, und die Athleten werden von einer großartigen Infrastruktur profitieren”, versprach der Österreicher.

Das Votum für Salt Lake City fiel bei 83 Ja- und nur sechs Gegenstimmen eindeutig aus, dennoch lief nicht alles reibungslos ab. Wegen der US-Ermittlungen im Doping-Wirbel um 23 chinesische Topschwimmer bestand das IOC vor der Wahl auf einer zusätzlichen Vertragsklausel zum Schutz der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Demnach müssen die Olympia-Macher von Salt Lake City aktiv bei der US-Regierung darauf hinwirken, die Sorgen des IOC wegen der Ermittlungen von US-Behörden in Dopingthemen zu lindern.

Ausgelöst worden war die seit Wochen schwelende Affäre durch Medienrecherchen, die zeigten, dass 23 chinesische Schwimmerinnen und Schwimmer bei einem nationalen Wettkampf in China Anfang 2021 positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet worden waren. Die chinesische Anti-Doping-Agentur Chinada führte die Positivtests auf Verunreinigungen in einer Hotelküche zurück und verzichtete auf Sperren. Die WADA folgte dieser Bewertung.

Trotz heftiger Kritik angeführt von den USA stellte ein unabhängiger Ermittler aus der Schweiz kein Fehlverhalten der WADA fest. WADA-Präsident Witold Banka sprach von “verleumderischen Vorwürfen” durch die US-Anti-Doping-Agentur und zeigte sich besorgt über die vom US-Justizministerium angestoßene Untersuchung in der Sache.

Mehrere IOC-Mitglieder äußerten direkt nach der Präsentation der Bewerbung von Salt Lake City bei der IOC-Generalversammlung in Paris ihren Unmut über die US-Attacken gegen die WADA und das aktuelle Anti-Doping-System. Die Vertreter der US-Bewerbung um Utahs Gouverneur Spencer Cox sicherten zu, mit aller Kraft die Bedenken des IOC ausräumen zu wollen. Nach dem Willen des IOC kann der Olympia-Gastgebervertrag gekündigt werden, wenn die Befugnisse der WADA untergraben werden.

Die nächsten Winterspiele 2026 werden in Mailand und Cortina d’Ampezzo in Italien ausgetragen, 2034 fiel die Wahl auf Salt Lake City. Für 2038 soll die Schweiz nach dem Willen des IOC ein Vorzugsrecht bekommen, wenn sie sich erneut bewirbt. Die Schweizer Bewerbung hatte im Rennen mit Frankreich und den USA ebenso frühzeitig eine Absage der IOC-Auswahlkommission erhalten wie ein schwedisches Projekt.

Langfristig ist das Winter-Spektakel für das IOC wegen des Klimawandels ein Problemfeld. Nur zehn Länder sind nach Berechnungen von Forschern von 2040 an überhaupt noch schnee- und eissicher genug für die Ausrichtung von Winterspielen.

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