Von: ka
Bozen – Das Ergebnis der Wahlen von 1924 war im Grunde schon vorherbestimmt. Ein Gesetz aus dem Jahre 1923 sah nämlich vor, dass jene Partei, welche die relative Mehrheit und mindestens 25 Prozent der Stimmen erreicht, zwei Drittel der Sitze im Parlament bekommt. Und bei all den Übergriffen und Einschüchterungen durch die Faschisten konnte man sich die Mehrheit wohl schon ausrechnen. Das Gesetz war gleichzeitig auch gegen die Minderheiten gerichtet, die sich zu dieser Wahl zusammentaten und mit dem gemeinsamen Symbol des Edelweißes und des Lindenblattes antraten, so Martha Stocker, die Präsidentin der Magnago Stiftung, am Beginn der Veranstaltung.
Landeshauptmann Arno Kompatscher unterstrich in seinem Einleitungsstatement den Wert wirklich freier Wahlen. In einem freiheitlich-demokratischen System entscheiden die WählerInnen, wohin die Reise geht. Die Kraft der Stimme für die demokratische Ausrichtung müsse daher immer wieder bewusst gemacht werden, wie eben auch bei dieser Veranstaltung. Dies wird wohl auch nachvollziehbarer, sind doch inzwischen Wahlmanipulation, gefakte Wahlen, keine Seltenheit mehr, Wahlen, die eigentlich so nicht genannt werden dürften.
Julijan Cedak von den Slowenen aus Görz erinnerte an das gemeinsame Auftreten der Kroaten, Slowenen und Deutschen bei den Wahlen im Jahr 1924, ein gemeinsamer Versuch, doch als Minderheiten noch etwas bewirken zu können.
Andrea Di Michele, anerkannter Autor bedeutender Werke zu Faschismus, Grenzregionen und das republikanische Italien sowie Professor für Zeitgeschichte spannte den Bogen von der beginnenden Faschisierung bis zur vollendeten Etablierung der faschistischen Herrschaft in ganz Italien, wobei ein zentrales Ereignis die Ermordung Giacomo Matteottis war. Begonnen hatte das Ganze aber schon in der Zeit vor der Machtergreifung der Faschisten, wobei das permanent Kennzeichnende der Einsatz entgrenzter Gewalt in den unterschiedlichsten Formen war. Das heißt, die Gewalt war nicht nur ein Mittel, sondern ein Kernelement der Faschistischen Ideologie.
Peter Cernik aus Görz ging auf die Gemeinsamkeiten der Minderheiten- und Grenzregionen ein, auf die Schwierigkeiten und Begrenzungen für die Minderheiten bei der Wahl von 1924 und auch auf die auch in Friaul ausgeübten systematischen faschistischen Überriffe.
Stefan Lechner, anerkannter Historiker zu Zeitgeschichte, Stadtgeschichte Bruneck und Psychiatriegeschichte spannte den Bogen von den erfolgreichen Parlaments-Wahlen 1921 bis zu den Wahlen von 1924 mit all den negativen Begleiterscheinungen. Die Gewalt, die Übergriffe, die Einschüchterungen waren probates Mittel bei all diesen Wahlen, auch schon vor der faschistischen Machtübernahme Ende 1922, so auch bei den Gemeinderatswahlen von 1922. Bei den Wahlen 1924 versuchten die Faschisten vor allem in Bruneck Angst und Schrecken zu verbreiten, galt es ja gleichzeitig auch ein Zeichen gegen den Kandidaten Baron Paul von Sternbach zusetzen, der sich in Bezug auf den Faschismus, die „schwarze Pest“ immer äußerst klar positioniert hatte. Die Stimmung war in dieser Zeit von Verunsicherung und Ratlosigkeit, aber auch von abwartender Politik gekennzeichnet, die sich lt. Stefan Lechner nicht bezahlt machte. Erst mit 1925 traten die Südtiroler Parlamentarier deutlich mutiger auf und suchten auch internationale Unterstützung.
Schlussworte sprachen der Landtagspräsident Arnold Schuler und der Präsident der Slovenska Skupnost Damijan Terpin.