Von: luk
Bozen – Eine Studie über Schmetterlinge und Forschungsergebnisse der Südtiroler Tier- und Pflanzenwelt sind Thema der neuen Fachzeitschrift Gredleriana des Naturmuseums
Etwa 250 Nächte und 100 Tage lang verbrachte er im Freiland. Ausgestattet mit dem klassischen Schmetterlingsnetz aber auch mit Ufo-ähnlichen Leuchttürmen nahm Peter Huemer von den Tiroler Landesmuseen im Auftrag des Naturmuseum Südtirol drei Jahre lang unterschiedliche Lebensräume in Süd-, Nord- und Osttirol unter die Lupe. Ziel dieses vom Südtiroler Forschungsfonds geförderten Projekts des Naturmuseum Südtirol in Bozen war es, eine möglichst große Anzahl von Schmetterlingsarten zu erfassen und daraus arttypische genetische Fingerprints – die sogenannten DNA-Barcodes – zu erhalten.
Das Ergebnis dieses Projekts liegt nun vor und wird in der jüngsten (16.) Ausgabe der Fachzeitschrift „Gredleriana“ des Naturmuseums vorgestellt. Demnach konnte Huemer rund 2600 Schmetterlingsarten erstmals genetisch erfassen und knapp 100 Erstfunde für Südtirol und Tirol aufweisen. Für die Schmetterlingsforschung bedeutet dies, dass nun etwa 96 Prozent aller erhobenen Arten genetisch zweifelsfrei unterschieden werden können.
Von besonderem Interesse für die Forschung sind auch etwa 70 Schmetterlingsarten, die sich je nachdem, ob sie in Südtirol oder in Nordtirol leben, äußerlich kaum unterscheiden, genetisch aber deutliche Unterschiede aufweisen. Die Fachwelt rätselt in diesen Fällen: Handelt es sich trotz dieser Unterschiede doch noch um dieselbe Art von Schmetterling? Oder kann von zwei verschiedenen Arten die Rede sein? „Teilweise handelt es sich hier um bisher übersehene Arten, die jetzt genauer untersucht werden müssen,“ lautet Huemers Antwort, „So wurden alleine in den drei Studienjahren bereits fünf Schmetterlingsarten aus Süd- und Osttirol als bisher namenlos erkannt und jetzt benannt,“ weiß der Forscher.
Besonders überrascht von den scheinbar noch lückenhaften Kenntnissen wurden die Fachleute aber auch auf Grund der vielen erstmals beobachteten Falterarten: Allein für Südtirol sind es 77 Neufunde und 21 für Tirol; 19 davon wurden in Italien noch gar nie gesichtet, sechs sind für Österreich komplett neu und zwei Arten waren sogar in ganz Mitteleuropa noch unbekannt.
Die genetischen Untersuchungen wurden durch den Projektpartner Paul Hebert der Universität Guelph in Kanada organisiert. Alle Daten sind über die globale Datenbank BOLD (www.boldsystems.org) öffentlich zugänglich.
Diese bisher umfangreichste regionale genetische Bibliothek über Schmetterlinge in Europa ist allerdings nur eines der Themen der Fachzeitschrift Gredleriana. Die Publikation berichtet auch von Untersuchungen zu den Veränderungen der Vegetation, die sich auf Südtiroler Berggipfel im Zuge des Klimawandels ergeben, und von einer Studie, dank der EU-weit geschützte Wiesentypen in Südtirol eindeutig eingeordnet werden können – eine unerlässliche Hilfe bei der Umsetzung des europäischen Netzwerkes Natura2000. Hervorzuheben sind auch ein Vergleich der Nordtiroler und Südtiroler Heuschreckenfauna und wieder zahlreiche Neumeldungen von Tier- und Pflanzenarten.
Die Fachzeitschrift Gredleriana erscheint jährlich seit 2001 mit dem Ziel, die jüngsten Forschungsergebnisse in Südtirol oder auch südtirolbetreffende Themen in den Bereichen Zoologie und Botanik vorzustellen. Der Name der Zeitschrift geht auf den Tiroler Wissenschaftler Pater Vinzenz Maria Gredler (1823 – 1912) zurück.
Die Gredleriana 16 ist zum Preis von 25 Euro (20 Euro im Abonnement) im Shop des Naturmuseum Südtirol oder über die Homepage des Museums (www.naturmuseum.it) erhältlich. Frühere Bände sind ebenfalls noch vorrätig. Weitere Informationen gibt es im Naturmuseum Südtirol, Bindergasse 1, in Bozen (Tel. 0471 412964).