Von: lup
St. Martin in Thurn – Werke des deutschen Malers Siegward Sprotte und eine Installation des Gadertaler Künstlers Lois Anvidalfarei präsentierte das Museum Ladin heute in seinem Hauptsitz in Sankt Martin in Thurn.
Eine Reise von Süden nach Norden, vom Gadertal bis zur deutschen Nordseeinsel Sylt. Dies erwartet die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Siegward Sprotte. Nord süd, la geografia dl’ert“, die heute – zwanzig Jahre nach dem Tod des Künstlers (1913-2004) – im Museum Ladin Ciastel de Tor in Sankt Martin in Thurn eröffnet wurde. Die Verbindung des deutschen Malers mit dem Gadertal begann 1936, als Sprotte eher zufällig nach Kolfuschg kam, in den darauffolgenden Jahrzehnten kehrte er immer wieder hierher zurück. Die Gemeinde St. Martin in Thurn verlieh ihm 2003 die Ehrenbürgerschaft, das Museum feierte ihn damals mit einer Ausstellung und besitzt noch heute eine Sammlung von Werken, die der Künstler ihm im Laufe seines Lebens vermacht hat.
„Norden und Süden. Meer und Berge. Farbe und Form. Das sind die Gegensätze, die Sprotte mit äußerster Natürlichkeit in einen Dialog treten lässt“. So fasst Kurator Phil Mer die Themen der Ausstellung zusammen. Dabei lässt der Maler, der sich ausdrücklich nicht als Landschaftsmaler bezeichnet, durchblicken, dass seine Bilder nicht das wiedergeben, was seine Augen sehen. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass er die Landschaft, die ihn umgab, normalerweise nicht en plein air malte. Er malte das Meer, wenn er in den Bergen war, oder umgekehrt die Berge, wenn er zu Hause an der Nordsee war. „Das ist typisch für einen erfahrenen Künstler, der das, was er aufnimmt und sieht, verinnerlicht und abruft, wenn er sich seiner Kunst widmet“, betont Phil Mer. Und im Gegensatz zu einem typischen Phänomen in der Kunstgeschichte, dass die Farben eines Malers oder einer Malerin nach einer Reise in den Süden lebhafter, flammender werden, findet Sprotte im Norden die dominierende Farbe seiner Palette, im Süden die Anatomie der Form. In den Bergen sind Sprottes Farben dunkler, die Pinselstriche spärlicher, aber umso entschiedener. Paradoxerweise wählt er für den Norden wärmere und für den Süden kältere Farben.
Auch der mittelalterliche Burgturm hat einen Norden und einen Süden: zwei getrennte Räume, ein Südzimmer mit Bildern von Bäumen, vom Wind gepeitscht und von Schneemassen niedergedrückt, stilisierte Tannen und Kiefern und ein Nordzimmer mit der Insel Sylt und der Energie der Wellen.
Die Ausstellung ist bis Ende September zu sehen.
Im Neugebäude neben dem Schloss wurde heute auch die Installation TOR von Lois Anvidalfarei präsentiert: Sie besteht aus der Bronzefigur „Fallender“ – eine von sechs, die der Gadertaler Künstler 2013 für den Zyklus Conditio Humana geschaffen hat, die in einer Struktur aus Gerüstrohren hängt. Es ist ein Werk über das Dasein zwischen körperlicher Kraft, Beherrschung, Ausdauer und Scheitern, oder wie Anvidalfarei es formuliert: “Der Mensch in seiner Vergänglichkeit: Obwohl das Leben vergänglich und fehlbar ist, ist die Sehnsucht nach seiner Vollkommenheit der Ursprung eines hohen Prinzips”.
Das Museum Ladin hat die nun permanente Installation in Zusammenarbeit mit der Biennale für Kunst im öffentlichen Raum SMACH mittels einer Ausschreibung des italienischen Kulturministeriums erworben.