Von: mk
Brixen – Zum 55. Mal lud die Interessensgruppe der Verwitweten und Alleinstehenden im KVW zur traditionellen Tagung in die Cusanus-Akademie ein und über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Südtirol kamen nach Brixen, um gemeinsam eine Heilige Messe zu feiern, den Festvortrag von Charly Brunner zu hören, das Mittagessen zu genießen und sich von der Familienmusik Pichler und der Mundartdichterin Mathilde Tauber aus Afers unterhalten zu lassen.
Eröffnet wurde die Tagung in gewohnt humorvoller und überaus herzlicher Weise von der Vorsitzenden Rosa Purdeller Obergasteiger, die sich sehr dankbar über den großen Zuspruch zeigte und das überwiegend weibliche Publikum gekonnt und schwungvoll durch den Tag führte, auf den sich viele schon lange gefreut hatten. Auch in seiner 55. Auflage überraschte das so genannte Witwentreffen mit Humor, Musik und herzlichem Lachen im Saal. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, einen schönen Tag in Gemeinschaft zu verbringen“, betonte die Vorsitzende immer wieder.
Dass die diesjährige Tagung mit dem gleichzeitig stattfindenden „Tag der Solidarität“ der Diözese Bozen Brixen zusammenfiel, war Zufall, wurde aber als sehr passend empfunden. Professor Dr. Markus Moling, Regens des Priesterseminars Brixen, ging in seiner Predigt auf diesen Umstand ein und betonte, dass es leichter falle in einer solidarischen Gesellschaft Gott zu spüren. „Gott wird erfahrbar, wenn man sich gegenseitig unterstützt und er gibt Kraft, wenn der Wert des Miteinanders hochgehalten wird“, so Moling.
In die gleiche Kerbe schlug auch der Geschäftsführer des KVW, Werner Atz, in seinem Grußwort. Es sei nicht nur der Beziehungstatus, der verbindet. Der KVW habe immer auch den Anspruch, Orte und Treffpunkte zu schaffen, an denen man sich begegnen, Gemeinschaft erleben und stärkende, wohltuende Gespräche führen kann, die unterschiedliche Perspektiven aufzeigen. Seit 1968 setzt sich die Arbeitsgruppe für die Witwen und Witwer und Alleinstehende im KVW ein.
Der Festvortrag von Charly Brunner, geistlicher Assistent des KVW, ging der Frage nach, was ein gutes Leben für alle ausmacht. Zu Beginn war Ratschen ausdrücklich erlaubt und die Anwesenden im Saal ließen es sich nicht nehmen, mit ihrer Sitznachbarin darüber zu diskutieren, was einen Tag zu einem guten Tag macht. Raus aus dem Hamsterrad, das uns von einer Sehnsucht zur nächsten hetzt, wieder mehr das Wir als das Ich in den Mittelpunkt stellen, das mache unter anderem ein gutes Leben aus. Denn, so Brunner, das Gehirn ist ein soziales Organ und braucht die Interaktion mit den Mitmenschen. Zwischen notwendigen Pausen, wohltuendem Alleinsein und bedrückender Einsamkeit bestehe ein großer Unterschied und das „Habenwollen“ kompensiere die notwendige Auseinandersetzung mit dem eigenen Sein. „Besorgniserregend ist die Überforderung junger Menschen, denen es zwar materiell gut geht, die aber mit der Fülle an Möglichkeiten oft nicht zurechtkommen“, so Brunner. Das zeige auch der kürzlich weltweit erhobene Glücksindex, der erstmals gezeigt habe, dass die Jugend in den so genannten westlichen Ländern nicht mehr die glücklichste Generation sei.
Auch zwischen Reichtum und Wohlstand gebe es eklatante Unterschiede: Wohlstand ist ein Zustand, der zwar auch einen materiellen Aspekt einschließt. Mehr zu besitzen, als man zum Leben braucht, macht aber nicht unbedingt glücklicher. Dazu braucht es andere Zutaten. Den Verwitweten und Alleinstehenden im Saal gab der Referent folgende Zutatenliste für mehr Wohlstand mit auf den Heimweg: Glaube, Gemeinschaft, Verbundenheit, Autonomie, Gesundheit, Achtsamkeit gegenüber den eigenen Bedürfnissen und jenen der Anderen, sowie Zufriedenheit.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen, das von zwei flotten Sarner Musikanten mit ihren Ziehharmonikas musikalisch untermalt wurde, wurde der Nachmittag zum gemütlichen Beisammensein genutzt. Für Unterhaltung sorgte die musikalische Großfamilie Pichler aus Pfitsch und die Mundartdichterin Mathilde Tauber aus Afers.
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