Hugo Thimig in Mehrfachbelichtung "Auf der IV. Galerie bei ›Iphigenie‹", 1905-1911

Ausstellung zeigt Hugo Thimigs “Theater für die Kamera”

Mittwoch, 21. Februar 2024 | 12:50 Uhr

Von: apa

Bei einer Ausstellung über den Burgschauspieler Hugo Thimig (1854-1944), der vor und im Ersten Weltkrieg dem Haus auch als Direktor vorstand, der Patriarch einer Theaterfamilie und Schwiegervater Max Reinhardts war, muss das Theater im Zentrum stehen. Sollte man meinen. Für jene Schau, die morgen im Wiener Photoinstitut Bonartes eröffnet, gilt das nur mittelbar: “Theater für die Kamera” zeigt Thimigs große Affinität zur Fotografie – als Sammler, Fotograf und Selbstdarsteller.

“Thimig hat alles Theaterbezogene gesammelt”, erklärte Kurator Michael Ponstingl am Mittwoch bei einer Presseführung. Seine umfangreiche Theatraliasammlung, damals die größte private theaterbezogene Sammlung der Monarchie, bildet den Grundstock des heutigen Wiener Theatermuseums. Ein Teil dieser Sammlung bestand aus professionellen Studio-Fotografien, wie früher jeder Schauspieler von sich und seinen Rollen anfertigen ließ, um seine Fans zu bedienen. Aber auch privat inszenierte er sich gern vor der Kamera, assistiert von seiner Frau Franziska und seinen Kindern. “Sommerspielereien” nannte er diese Freizeitbeschäftigung, der er vorwiegend in der Theaterpause in seiner Villa im steirischen Ort Wildalpen nachkam.

2017 gelangte ein Teil dieses nachgelassenen Materials, zu dem typische Knipseraufnahmen aus dem Familienkreis gehören, in den Handel. Auch das Photoinstitut Bonartes schlug damals zu und stellt nun etwas weniger als die Hälfte der rund 120 Exponate, deren Großteil vom kooperierenden Theatermuseum stammt. Dass den hochexpressiven Komödianten Thimig nicht nur die Lust am Ausdruck und der Darstellungskunst, sondern auch die Freude am Experimentieren leitete, zeigen Mehrfachbelichtungen: Dadurch kann er etwa auf dem Foto “Auf der IV. Galerie bei ‘Iphigenie'” drei Zuschauer und eine Zuschauerin darstellen oder ist auf einer Postkarte nicht nur “Der beschwipste Amtsvorstand”, sondern zugleich der von diesem offenbar vierfach gesehene Amtsdiener.

Zu sehen ist auch eine Serie von 26 physiognomischen Studien Thimigs, die in Verbindung mit einer Replik jenes Charakterkopfes von Franz Xaver Messerschmidt gezeigt werden, der Thimig auf einer weiteren Fotografie in seiner Burgtheatergarderobe beim Textlernen über die Schulter sieht: “Der Gähner”. Rollenfotos – etwa von Trude Fleischmann, die so etwas wie die Familienfotografin der Thimigs wurde – sind ebenso zu sehen wie “private Einblicke”, die sich in Illustrierten gut machten und den Star-Charakter des Dargestellten betonten. Dass sich die Fotografie perfekt für die PR-Arbeit eignete, hatte Hugo Thimig längst erkannt und pflegte sorgsam ein dreifaches Image als Komödiant, Bildungsbürger und Patriarch einer Schauspielerdynastie, hob Ponstingl hervor.

Am Unterhaltsamsten bei dieser kleinen Ausstellung, die nur gegen Voranmeldung besichtigt werden kann, aber von einem hervorragenden Buch begleitet wird, sind jedoch die theatralisch-fotografischen Inszenierungen, die Thimig im Familienkreis unternahm. Die Theaterliteratur diente dabei ebenso als Inspiration wie Alltagsszenen, die meist mit einem besonderen Augenzwinkern nachgestellt wurden. Unweigerlich fragt man sich, was Thimigs Kinder wohl zu derartiger sommerlicher Freizeitgestaltung sagten. Ganz so furchtbar dürfte es aber nicht gewesen sein. Drei der vier wurden selber Schauspieler.

(S E R V I C E – “Theater für die Kamera. Fotografische Passionen des Hofschauspielers Hugo Thimig”, Ausstellung im Photoinstitut Bonartes, Wien 1, Seilerstätte 22, Ausstellungseröffnung und Buchpräsentation: Do., 22. Februar, 19 Uhr; 23. Februar bis 31. Mai. Besuch nur nach Voranmeldung unter 01/236 02 93-40 oder info@bonartes.org, Publikation: Michael Ponstingl: “Theater für die Kamera. Fotografische Passionen des Hofschauspielers Hugo Thimig”, mit einer biografischen Skizze von Elisabeth Großegger (= Beiträge zur Geschichte der Fotografie in Österreich, Bd. 23), Salzburg: Fotohof edition, 216 Seiten, 165 Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß. www.bonartes.org )