Von: mk
Bozen – Warum sind die Trockenrasen am Vinschger Sonnenberg so wertvoll? Und welche Rolle spielen die Wildbienen dabei? Damit befasst sich nun ein Forschungsprojekt des Naturmuseums.
Die Trockenrasen der „Vinschger Leiten“ zwischen Mals und Naturns-Partschins sind für ihre einzigartige Flora und Fauna bekannt. Sie sind eine wichtige Ressource der biologischen Vielfalt, beherbergen stark bedrohte Arten und erbringen wertvolle Ökosystemleistungen für die Landwirtschaft, indem sie einen idealen Lebensraum für Bestäuber und biologische Schädlingsbekämpfer bieten. Deshalb hatte das Land in den 80-er Jahren sechs Trockenrasengebiete als Biotope und Natura 2000 Gebiete ausgewiesen, ein Bruchteil der Trockenrasen ist somit geschützt. Bedroht sind die Vinschger Trockenrasen allerdings immer noch, zum Beispiel, wenn der Mensch die Landwirtschaft intensiviert, die Trockenrasen bewässert und düngt, um sie in Intensivgrünland umzuwandeln, aber auch wenn er deren Nutzung auflässt oder die Beweidung einstellt: Dann kommt es zu einer Verbuschung, für viele Pflanzen- und Tierarten verschlechtert sich die Lebensraumqualität. Beeinflusst werden die Lebensräume auch von den unmittelbar angrenzenden intensiven Obstbauanlagen oder wenn die Rasen zum Schutz gegen Erosion aufgeforstet werden bzw. in der Vergangenheit aufgeforstet wurden.
Sehr wichtige Protagonisten dieser Trockenrasen und hoch effiziente Bestäuber sind die Wildbienen, die derzeit weltweit – wie andere Bestäuber auch – unter der Verarmung des Blütenangebots und dem Einsatz von Umweltgiften leiden und deshalb einen Rückgang erleben: „Wildbienen sind für ihre eigene Ernährung und die Ernährung ihrer Larven auf ein großes und vielfältiges Blütenangebot angewiesen; Spezialisten unter Ihnen können nur dort leben, wo auch ihre spezifischen Pollenpflanzen in größeren Beständen wachsen“, erklärt Petra Kranebitter. Für ihre Nester benötigen sie außerdem geeignete Kleinstrukturen wie z.B. besonnte Felsblöcke, morsche Baumstrünke und nackte Bodenstellen. Nahrungs- und Nistplätze müssen räumlich eng verzahnt sein, nur dann sind sie für die einzelnen Bienenindividuen als Gesamtlebensraum nutzbar. Die Spezialisierung vieler Wildbienen auf bestimmte Nahrungsressourcen und Nistplätze macht sie empfindlich gegenüber veränderter Lebensraumbedingungen. „Daher sind die Wildbienen wichtige Indikatoren, wenn man den Zustand eines Habitats beurteilen muss, und das sowohl in naturnahen als auch in landwirtschaftlich beeinflussten Gebieten, sodass es immer wichtiger wird, ihren Zustand zu analysieren,“ weiß die Konservatorin für Zoologie am Naturmuseum.
Buchstäblich unter die Lupe genommen sollen diese Tiere nun im Rahmen des Forschungsprojekts des Naturmuseum Südtirol „Be(e) wild: Die Wildbienen (Apidae, Hymenoptera) der Trockenrasen im Vinschgau“, dem der Forschungsfonds des Betriebs Landesmuseen kürzlich eine finanzielle Förderung von 99.940 Euro zugesichert hat. Petra Kranebitter als Projektleiterin, Thomas Wilhalm, Konservator für Botanik am Naturmuseum und eine weitere wissenschaftliche Fachkraft werden dabei in vier Trockenrasengebieten zwischen Taufers im Münstertal und Naturns-Partschins die Biodiversität der Wildbienen in den Trockenrasen des Vinschger Sonnenberges analysieren und mehr über deren Zustand sowie den Erhalt der Biodiversität erforschen. Mit der Pilotstudie sollen Indizien für eventuelle Zusammenhänge zwischen Artenspektrum, Lebensraumqualität und Umwelteinflüsse herausgearbeitet werden und Antworten auf folgende Fragen suchen: Wie sieht die Artenzusammensetzung der Wildbienen in historischen (fast unveränderten) Trockenrasenflächen und solchen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten reduzierten haben, aus? Unterscheidet sich der Artenreichtum von Wildbienen in talnahen Trockenrasen, die im Einflussbereich der intensiven Apfelplantagen liegen, von denen in höher gelegenen Trockenrasen?