Von: apa
Das Universalmuseum Joanneum und somit das Land Steiermark ehren den Gründer und Förderer zahlreicher noch heutige tätiger Institutionen und Landesmodernisierer: Erzherzog Johann von Österreich (1782-1859) wird nun eine eigene Ausstellung im weststeirischen Schloss Stainz, einer der Stätten seines Wirkens in der Steiermark, gewidmet. Die Annäherung an die Person Johanns erfolge dabei nicht in romantisierender Weise, sagte Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP).
Es gehe bei der Gestaltung des Museums “Erzherzog Johann. Ein Leben für den Fortschritt” nicht darum, in einen “Erzherzog-Kitsch” abzugleiten, sondern jene Facetten des Wirkens des der Steiermark zugetanen Habsburgers zu beleuchten, die das Land in die Moderne geführt hätten. Dabei gehe es um die Betonung der Innovationen in Bergbau, Wissenschaft, Forschung, Landwirtschaft und Industrie sowie um die “frühen Formen sozialer Fürsorge, den Einsatz für die Res Publica, wenn man so will”, so Drexler in einem Pressegespräch am Wochenende auf Schloss Schenna hoch über Meran. Dort wohnen mit Franz und Angelika Grafen von Meran-Spiegelfeld Nachfahren des Erzherzogs, die einen Teil der Schlossräume für Besucher geöffnet haben. Drexler sprach von einer “joanneischen Achse” zwischen Schenna und Stainz, Südtirol und der Steiermark, in einem Europa der Regionen, einem Vernetzen von Kultureinrichtungen.
Die Grundlagen weiter Teile des Wohlstandes in der Steiermark fußten auf dem “europäischen Visionär”, bei dessen umfassenden Leistungen, auch im Sozialwesen, die tragende Rolle seiner Ehefrau Anna, Gräfin Meran im Museum thematisiert werden wird – “quasi Pionier und Powerfrau”, so Drexler zur selten beleuchteten energetischen Rolle in der Ehe der oft nur auf Postmeisterstochterklischees reduzierten Ausseerin. Die Eröffnung werde am 165. Todestag am 11. Mai stattfinden.
Franz Graf von Meran-Spiegelfeld verwies u. a. auf Leistungen des Erzherzogs für Südtirol, die heute an Etsch und Eisack gar nicht mehr so geläufig wären – im Gegensatz zur Steiermark, wo der Habsburger sehr präsent ist: So hatte der Erzherzog – wegen seines Einsatz für Tirol in den Napoleonischen Kriegen mit einem Landesverbot belegt – die Entwässerung des Etsch-Flusstales von Meran bis Bozen in die Wege geleitet und auf diese Weise rund 30.000 Hektar fruchtbarste Nutzfläche für Wein und Obst geschaffen.
Karlheinz Wirnsberger, der Leiter der UMJ-Abteilung Schloss Stainz, wo auch das Landwirtschafts- und Jagdmuseum eingerichtet ist, schilderte die Bedeutung des Erzherzogs für Dinge, die heutzutage für die Steiermark als urtypisch gelten: Wein und Äpfel. Der Habsburger habe in seinem erzwungenen “Exil” in der Steiermark über 1.000 Apfelsorten eingeführt und in Versuchen “ausprobiert”. Damals sei jedem Täufling ein Steckling eines Apfelbaumes mitgegeben worden. Zu den unterschiedlichen landwirtschaftlichen Initiativen gehörte auch eine Weinbauschule in Pickern am Bachern (heute Pekre in Slowenien) und die Einführung zahlreicher neuer Rebsorten. Erdäpfel habe er als Nahrungsmittel und nicht nur als Viehfutter etabliert. Nicht alles führte langfristig zum Erfolg, etwa die Seidenraupenproduktion.
Zur Ehrung des Erzherzogs mit Kranzniederlegung am Wochenende im Mausoleum in Schenna war neben der Familie auch Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher, der steirische Landeschef Drexler und Alt-LH Hermann Schützenhöfer zugegen, letzterer in seiner Eigenschaft als UMJ-Kuratoriumspräsident. Die Familie Meran stellte etliche Exponate als Leihgaben aus ihrem Besitz für das künftige Museum in Stainz.
In der Steiermark trägt übrigens eine Vielzahl von Institutionen und Einrichtungen den Namen des Erzherzogs – die Fachhochschulen, das Forschungsinstitut Joanneum Research, das Miliz-Jägerbataillon des Bundesheeres, eine Kaserne in Straß, ein Sitzungszimmer der Wirtschaftskammer hoch über Graz, das beherrschende Denkmal auf dem Grazer Hauptplatz, weiters eine Schutzhütte im Großglockner-Gebiet – und ein weit verbreiteter Jodler, dessen Anfangstakte die Durchsagen in den Fahrzeugen der Graz Linien ankündigen. Dazu kommt das Offspin aus der Tätigkeit Johanns als Radmeister im Erzverarbeitungsort Vordernberg, die Montanuniversität Leoben sowie die TU Graz.
In Südtirol erinnere leider wenig an den Erzherzog, sagte Meran-Spiegelfeld auf eine APA-Frage und sprach von einer unterschiedlichen Erinnerungskultur. Das Haus Meran sei fast die einzige “Institution”, die sich in Südtirol mit seinem Erbe befasse. In der Schulbildung komme der Erzherzog und sein Wirken praktisch nicht vor. Doch immerhin trägt die Schützenkompanie von Schenna seinen Namen, die bei der Kranzniederlegung Salut schoss.
Dabei sind manche Spuren des erzherzoglichen Wirkens auch in Südtirol in Stein gemeißelt. Als Direktor des “Genie- und Fortificationswesens” verantworte er u. a. die Errichtung der Franzensfeste an einer Engstelle des Eisacktales nördlich von Brixen, errichtet 1830 bis 1836. Militärisch bewehren musste sich das rund 36.000 Quadratmeter große Areal nie, aber die italienische Armee nutzte es bis in die jüngere Vergangenheit als Kaserne. Seit Jahren ringt man um eine neue Nutzung, ein Bunkermuseum und temporäre Ausstellungen werden vom Besucherzentrum eines europäischen Mammutprojekts ergänzt, jenes des BBT, des Brennerbasistunnels, der unter der Franzensfeste verläuft.
Der Name Joanneum geht auf eine Inschrift am Eingangsportal des Museumsgebäudes Raubergasse 10 aus dem Jahr 1811 zurück, wo der Name “Ioanneum” angebracht ist. Seine umfangreichen mineralogischen und botanischen Sammlungen hatte der Erzherzog damals eingebracht, sie bildeten den Grundstock und den Auftrag für die weitere museale Einwicklung. Heute umfasst das Universalmuseum Joanneum 19 Museen an 14 Standorten und einen Tiergarten in Herberstein.
Marco Mele, wissenschaftlicher Geschäftsführer des UMJ, nannte die Reise zur letzten Ruhestätte des Gründers des Hauses auch einen “Akt der Dankbarkeit und Anerkennung”. Gleichzeitig diente der Aufenthalt in Südtirol auch dem Ausloten möglicher Kooperationen mit Südtiroler Museen, etwa mit jenem in Bozen für Archäologie (im Volksmund Ötzi-Museum genannt, Anm.) und dem Haus für zeitgenössische Kunst, dem Museion an der Talfer in Bozen. Der Überschneidungen sind einige – das hochkarätige und gut positionierte Museion zeigt gerade die Ausstellung “Ezio Gribaudo – The Weight of the Concrete”, die bis 2. März im Grazer Kunstverein zu sehen gewesen war.