Von: mk
Bozen – Kein Platz blieb leer in der Aula der Claudiana. Über 150 Studenten und Interessierte, darunter auch etliche Mitglieder der Südtiroler Gesellschaft für Parkinson, folgten kürzlich gespannt dem Vortrag über „Leben mit Morbus Parkinson – wie erkennen, erforschen und behandeln“ von Prof. Dr. Klaus Seppi. Der Neurologe und Neurowissenschaftler an der Medizinischen Universität Innsbruck erzählte Spannendes aus der Erforschung der doch recht verbreiteten Krankheit. Prof. Seppi – gebürtiger Südtiroler – ist neben berufenem Professor für Bewegungsstörungen an der Medizinischen Universität Innsbruck, auch Dozent des Studienganges Physiotherapie an der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe. Er gilt unter den Forschern über Parkinson als Koryphäe. Er ist Leiter der Parkinson und Huntington Ambulanz an der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie, Vorsitzender der Studiengruppe der österreichischen Parkinsongesellschaft sowie Mitglied in der Expertengruppe der Erstellung von Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Neurologie. Zum Vortrag eingeladen haben das Team der Physiotherapie der Claudiana federführend mit Carla Naletto, der Studiengangsleiterin und Eva Maria Gasser, der Tutorin. Jährlich gibt es einen themenspezifischen Vortrag für die StudentInnen der Claudiana, für Berufskollegen und Interessierte.
„Mein wissenschaftlicher Schwerpunkt hat einen klinischen Fokus, der auf der Diagnostik und Therapie neurodegenerativer Erkrankungen – vor allem der Parkinson Syndrome – und der Rolle von Biomarkern in der Frühdiagnose neurodegenerativer Parkinsonsyndrome liegt. Bei Parkinson besteht die Erfordernis einer möglichst frühen Diagnose, dies ist ähnlich zu vielen anderen neurologischen Krankheiten. Eine frühzeitige Behandlung mit noch zu entwickelnden Medikamenten könnte sich möglicherweise günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken, wenn man Parkinson früh erkennen könnte – noch ehe Symptome auftreten. Das bedeutet, dass man dann den Krankheitsfortschritt möglicherweise verzögern oder aufhalten und Behinderungen eindämmen bzw. unterbinden könnte. Daher wäre es wichtig, dass wir durch Frühtests und -diagnosen schon früh erkennen, wer an Parkinson erkranken wird, denn wenn schon die charakteristischen äußerlichen Anzeichen der Parkinsonkrankheit wie Bewegungsverlangsam oder Zittern sich bemerkbar machen, ist der neurodegenerative Prozess weit fortgeschritten. Es ist daher wichtig, dass wir intensiver an der Früherkennung dieser sogenannten prodromalen Phase, jenem oft Monate bis Jahrzehnte dauernden Stadium, in dem die charakteristischen motorischen Parkinson-Symptome klinisch noch nicht zum Ausdruck kommen, arbeiten.“ ist Prof. Seppi überzeugt.
„Im Rahmen der Bruneck-Studie haben wir bestimmte Marker wie etwa eine Beeinträchtigung des Geruchssinns oder bestimmte Störungen des Traumschlafs (die so genannte REM-Schlafverhaltensstörung) auf ihre Relevanz für die Vorhersage von Parkinson überprüft und bestätigt. Um die Erkrankung besser zu verstehen, ist die Ursachenforschung wichtig. Dadurch könnten sich auch neue Therapieansätze eröffnen. Heute wissen wir, dass die Krankheit in unseren Breiten bei einem kleinen Prozentsatz genetisch bedingt sein kann. Ansonsten ist die Ursache für die Krankheit unklar. Es wird angenommen, dass ursächlich ein multifaktorielles Geschehen zugrunde liegt. Neben dem Alterungsprozess scheinen beispielsweise Umwelteinflüsse wie wiederholte Erschütterungen des Gehirns oder regelmäßige Exposition mit Lösungsmittel eine Rolle spielen. Auch ein verändertes Mikrobiom scheint in der Ursache für Parkinson eine Rolle zu spielen. Zwar ist Parkinson chronisch und nicht heilbar, aber durch Medikamente und physische Aktivitäten ist es möglich noch eine gute Lebensqualität für längere Zeit aufrecht zu erhalten. Erkrankten empfehle ich möglichst lange aktiv zu bleiben und sich nicht aufzugeben.“ sagt Prof. Seppi in seinem Vortrag.
Südtirol hat ca. 1.500 Erkrankte. 0,2 Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Jedes Jahr kommen an die 150 Erkrankte hinzu. Männer erkranken häufiger und früher daran. Bis 2030 wird sich die Zahl verdoppeln. Körperlich aktive Menschen scheinen diese Krankheit seltener und später zu kriegen. Sportarten wie Tai Chi, Yoga, Tanzen haben eine evidenzbasierte, positive Auswirkung auf die Krankheit. Bemerkbar macht sich die Krankheit durch Zittern, feinmotorische Probleme, starrer Gesichtsausdruck, Störung des Bewegungsablaufs usw. – die Ausprägungen können verschieden sein. Diese Beweglichkeitseinschränkungen entstehen durch einen Mangel an körpereigenem Dopamin im Gehirn, da es im Rahmen der Neurodegeneration zu einem Verlust von Dopamin-produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra – einer Struktur im Mittelhirn – kommt.