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Frankfurter Buchmesse: Lesekompetenz für Demokratie wichtig

Dienstag, 15. Oktober 2024 | 20:23 Uhr

Von: APA/dpa

Politische Debatten und der Kampf für Demokratie auf der einen Seite, Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz und der Blick auf junge Leserinnen auf der anderen Seite: Die 76. Frankfurter Buchmesse will große Themen in den Fokus nehmen und zugleich ein wichtiger Handelsplatz bleiben. Ehrengast ist in diesem Jahr ist Italien. Im Vorfeld war es dort zum Streit über die Autorinnen und Autoren gekommen, die das Land in der Mainmetropole vertreten sollten.

Italiens Kulturminister Alessandro Giuli sagte bei der Eröffnungsfeier, er verteidige “die unantastbare Freiheit der Meinungsäußerung in jeder Form” – auch wenn das zu Dissens führe, “auch wenn es der Regierung, der ich angehöre, schaden könnte”.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein lobte den regierungskritischen Schriftsteller Roberto Saviano und den Mafia-Ermittler Giovanni Falcone – Savianos jüngstes Buch handelt von Falcone – als Vorbilder. Die größte Gefahr für die Demokratie sei “diese verdammte Gleichgültigkeit”, so Rhein. Weder Falcone noch Saviano seien solche Gleichgültigen.

Nicht alle der 90 Autorinnen und Autoren, die in die Mainmetropole kommen, sind Teil der offiziellen Delegation: Einige – wie Saviano – reisen auf Einladung ihres Verlages an. “Den Gastlandauftritt bestimmt das Gastland, den bestreitet das Gastland und da haben wir tatsächlich auch als Ausrichter nichts zu sagen”, betonte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs.

Zur Buchmesse wurden auch Branchendaten bekanntgegeben: In den ersten drei Quartalen 2024 habe sich der Umsatz der Buchbranche leicht über dem Vorjahr und damit auf einem stabilen Niveau bewegt: “Das müssen uns andere Branchen erst mal nachmachen”, sagte die Vorsteherin. Erfreulich sei, dass junge Leserinnen sich für Bücher begeisterten.

Die Messe hat daher in diesem Jahr dem Genre “New Adult” viel Raum in einer eigenen Halle eingeräumt. “Wir greifen neue Entwicklungen des Marktes auf”, erläuterte Buchmesse-Direktor Juergen Boos. Dort habe die Messe “eher den Charakter einer Convention”. Es werde “dieser Leselust, diesem Fandom” eine Bühne gegeben, sagte er. So gehe es etwa um das Signieren oder um Selfies mit den Autorinnen oder Autoren.

Boos hoffte aber auch auf “leidenschaftliche Debatten über die wunden Punkte der Gegenwart”. Unter anderem diskutiert etwa der israelische Historiker Yuval Noah Harari (“Nexus”) auf der Messe vor großem Publikum mit dem japanischen Philosophen Kohei Saito (“Systemsturz”) über Optionen für die Zukunft. Angekündigt sind darüber hinaus Bestsellerautoren wie Sebastian Fitzek, “New Adult”-Stars wie Jane S. Wonda oder Prominente wie Thomas Gottschalk.

Eine berührende Rede hielt bei der Pressekonferenz am Vormittag die Autorin Elif Shafak. “Literatur ist und muss ein Akt der Hoffnung sein, des Widerstands”, sagte sie. Die Kraft des Geschichtenerzählens sei universell. Sie betonte auch, dass die Menschen in der heutigen Zeit des Internets Zugriff auf immer mehr Informationen hätten. Doch zugleich verfügten sie über immer weniger Wissen und Weisheit.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hob bei der Eröffnung die Bedeutung von Büchern für Freiheit und Demokratie hervor. Bücher befähigten uns, mündige Bürgerinnen und Bürger zu sein. “Sie befördern Selbstbestimmung und das gelingende Zusammenleben in Vielfalt und im Respekt und der Anerkennung der Verschiedenheit. Das brauchen wir gerade in diesen Kulturkampfzeiten dringend. Sehr dringend.”

Neu sind in diesem Jahr die “Asia Stage” und ein “Games Business Center”. Das “Audio”-Areal für Hörbücher und Podcasts ist doppelt so groß wie bisher. Netflix hat erstmals einen eigenen Stand auf der Messe. Die Plattform Tiktok ist mit dem erfolgreichen Buchformat “Booktok” wieder prominent dabei.

Ein zentrales Thema für die Branche ist derzeit die Künstliche Intelligenz (KI). Diese könne unterstützen und assistieren, Prozesse vereinfachen und kreative Impulse geben, sagte Schmidt-Friderichs. Allerdings betonte sie auch: “Die Fähigkeiten dieser Systeme basieren auf dem größten Datenklau der Geschichte.” Urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder würden millionenfach ohne das Einverständnis der Urheber und ohne Honorarzahlungen als Trainingsmaterial für KI eingesetzt. “Das geht so nicht! Wir brauchen klare Regeln.”

Die Vorverkaufszahlen für die 76. Buchmesse liegen laut Buchmesse deutlich über dem Vorjahr. 2023 waren rund 215.000 Besucherinnen und Besucher gekommen. Rund 4.000 Aussteller sind in diesem Jahr dabei. Die Buchmesse endet am Sonntag mit der Übergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die US-Historikerin Anne Applebaum.

Bereits am Montag wurde traditionell zum Start der Buchmessen-Woche der Deutsche Buchpreis vergeben. Die Auszeichnung ging an Martina Hefter für ihr Werk “Hey guten Morgen, wie geht es dir?”.

(S E R V I C E – www.buchmesse.de)