Von: mk
Bozen – Für die 282 Studierenden und die 62 Lehrenden der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen ist der Dies Academicus Jahr für Jahr ein Höhepunkt im Studienjahr. Das war auch heuer nicht anders: Beim akademischen Festtag in den Räumlichkeiten des Priesterseminars ist der Bischof-Golser-Preis an Clement Mayambala aus Uganda für seine herausragende Abschlussarbeit verliehen worden, Markus Moling hat das neue Jahrbuch der Hochschule vorgestellt und die auf ihrem Gebiet führende Wissenschaftlerin Irene Becci hat in ihrem Festvortrag die Spannungspunkte zwischen Religiosität und Spiritualität einerseits sowie Umweltbewusstsein und ökologischen Lebensstilen andererseits beleuchtet.
282 Frauen und Männer studieren derzeit an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen. Sie werden von 62 Lehrenden betreut. 31 Studierende sind in Fachtheologie eingeschrieben, 54 in Religionspädagogik. Insgesamt haben in den beiden Kernfächern im abgelaufenen Jahr 2022 12 Studentinnen und Studentinnen erfolgreich einen Abschluss gemacht: 3 in Fachtheologie und 9 in Religionspädagogik.
Heute hat die PTH ihren akademischen Feiertag, den Dies Academicus begangen. Dieser Festtag findet immer zu Ehren des Heiligen Josef Freinademetz statt, dessen Gedenktag der 29. Jänner ist. Eröffnet worden ist die Festveranstaltung mit dem Vortrag der Anthropologin und Soziologin Irene Becci, die in ihrem Fachgebiet zu den europaweit führenden Forscherinnen zählt. Becci hat zum Thema „Ökologisierung der Religion oder Spiritualisierung der Ökologie?“ gesprochen und ist in ihren Ausführungen auf die neuen Verbindungen zwischen dem Engagement für die Umwelt einerseits und Spiritualität bzw. Religiosität, aber auch kirchlichem Handeln andererseits, eingegangen. Bei der Suche nach Antworten auf die gestellten Fragen helfe die empirische Forschung weiter, sagte Becci. Auf der Grundlage der Forschungsergebnisse spricht Irene Becci von Ökospiritualität und sie differenziert zwischen der Gruppe derjenigen, die sich von ihrem Engagement im ökologischen Feld ausgehend dem spirituellen Bereich nähern („spirituell-ökologische Menschen“), und jenen, die sich umgekehrt von spirituell aufgeschlossenen Menschen zu ökologisch interessierten Bürgern entwickeln („ökologisch-spirituelle Menschen“).
Im Rahmen des Dies Academicus wurden auch die Forschungsprojekte vorgestellt, die 2022 an der Hochschule gestartet sind. Das erste Forschungsprojekt der neu eingerichteten Stelle für empirische Werte- und Religionsforschung, „Religion and Environmental Sustainability“ (RES), schließt an die Forschungen von Irene Becci an: Untersucht werden die Zusammenhänge zwischen Religiosität bzw. Spiritualität und ökologischer Nachhaltigkeit in der Südtiroler Bevölkerung. Mitarbeiter der Stelle sind Anna Fedele und Matthias Oberbacher.
Das zweite Forschungsprojekt, „Resilient Beliefs: Religion and Beyond“ ist ein Kooperationsprojekt mit der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck und der Fondazione Bruno Kessler in Trient. Die Mitarbeitern Gloria Dell’Eva beschäftigt sich aus philosophischer und theologischer Perspektive mit tiefsitzenden Überzeugungen religiöser Natur, aber auch mit sich hartnäckig haltenden Vorurteilen, etwa den Verschwörungstheorien rund um Corona.
Dekan Alexander Notdurfter unterstrich mit seinen Ausführungen beim Dies Academicus die Bedeutung von Forschung an und für die Hochschule: „Mit diesen Projekten setzen wir neue Akzente. Sie greifen Fragen auf, die in der Gesellschaft aktuell diskutiert werden.“ Auch eröffnen Initiativen dieser Art neue Möglichkeiten der Vernetzung. „Der Austausch mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist grundsätzlich und – im Fall einer kleinen Hochschule, wie es die unsrige ist – besonders wichtig“, sagte Alexander Notdurfter abschließend.
Das an der Philosophisch-Theologischen Hochschule angesiedelte Institut “De Pace Fidei” schreibt jährlich einen Preis für wissenschaftliche Arbeiten aus, der nach Bischof Dr. Karl Golser (1943-2016) benannt ist. Prämiert werden herausragende Abschlussarbeiten aus Süd- und Nordtirol sowie dem Trentino zu einem Themenschwerpunkt des Instituts. Beim heutigen Dies Academicus ist Clement Mayambala aus Uganda mit dem Bischof-Karl-Golser-Preis ausgezeichnet worden. Der Titel seiner prämierten Arbeit lautet „Was schulden wir den Nichtmitgliedern? – Eine Ethik der Immigration“. Die Arbeit setzt sich mit den rechtlichen und moralischen Aspekten zur Aufnahme und zum Schutz von einwandernden Personen auseinander.
Beim Dies Academicus ist heute auch das neue Jahrbuch der Hochschule vorgestellt worden. Im Jahrbuch gehen Professorinnen und Professoren der Hochschule und ihrer Partnerinstitutionen der Frage nach der Relevanz der Theologie nach. Rückläufige Studierendenzahlen, innerkirchliche Krisen, gesellschaftliche Veränderungen und damit zusammenhängende Neubewertungen des Glaubens und der Kirche fordern auch die Theologie als Wissenschaft heraus. Diese Herausforderung wird im nun vorliegenden Band vertieft und diskutiert.