Bletterbachschlucht unter der Lupe

Internationales Forschungsprojekt dokumentiert Biodiversität des Perm

Mittwoch, 13. Dezember 2017 | 19:04 Uhr

Von: mk

Aldein – Das Naturmuseum Südtirol und das MUSE in Trient haben in der Bletterbachschlucht den Artenreichtum des Perm vor 260 Millionen Jahren nachgewiesen.

Das Gebiet rund um den Äquator war in der Zeit des späten Perm von einem trockenen und wüstenähnlichen Klima geprägt. Nichtsdestotrotz weist nun ein paläontologisches Forschungsprojekt des Naturmuseums Südtirol und des Museums für Wissenschaft MUSE in Trient in der Bletterbachschlucht in Aldein nun einen großen Artenreichtum für diese Zeit nach: Ähnlich wie die heutigen Regenwälder beherbergte das Ökosystem am Äquator vor 260 Millionen Jahren eine außergewöhnliche Vielfalt an Tieren. Diese ist jedoch im Zuge des größten Massensterbens der Erdgeschichte vor etwa 250 Millionen Jahren erheblich geschmälert worden. Im Lichte des Klimawandels betrachtet, sind diese paläontologischen Forschungsergebnisse für das Verständnis aktueller Dynamiken rund um die globale Erwärmung und ihre Folgen bedeutend.

Forschungsergebnisse in internationaler Fachzeitschrift veröffentlicht

Vor etwa 260 Millionen Jahren lebten auf unserem Planeten bereits bizarre Tiere wie die Vorfahren der Dinosaurier und der Säugetiere, die eigentlich erst einige Jahrmillionen später auftreten. In einer internationalen Studie unter der Federführung von Evelyn Kustatscher (Naturmuseum Südtirol) und Massimo Bernardi (MUSE Trient) weist eine Gruppe von internationalen Wissenschaftlern nach, dass die Zone rund um den Äquator im Zeitalter des Perm eine Schlüsselrolle spielte. Sie beherbergte nämlich eine einzigartige Konzentration von Tieren, insbesondere von Reptilien. Die Forschungsergebnisse sind unlängst in der renommierten Fachzeitschrift Earth-Science Reviews veröffentlicht worden.

Fossile Funde der Bletterbachschlucht ausschlaggebend

Das Forschungsprojekt stützt sich insbesondere auf die Fossilienfunde des Bletterbaches: Die Wissenschaftler haben einen internationalen Vergleich von fossilen Fundstätten angestellt, wobei die Funde aus dem Dolomiten UNESCO Welterbegebiet im Südtiroler Unterland unerwartete Ähnlichkeiten zwischen dem Ökosystem des Perm und der heutigen Situation beweist. „Der Bletterbach befand sich zur Zeit des Perm in der Nähe des Äquators“, erklärt die Südtiroler Paläontologin Evelyn Kustatscher. Die einzigartige Schlucht spiele dabei eine Schlüsselrolle, sei es aufgrund ihrer geographischen Entwicklung im Laufe der Zeit, sei es aber insbesondere wegen der dort zu findenden Artenvielfalt. „Nirgendwo sonst auf der Welt finden wir für diese Zeit eine solche außergewöhnliche Fülle an Fossilien verschiedener Arten“, so Kustatscher vom Naturmuseum Südtirol.

Davide Bonadonna

Äquator als Wiege der Biodiversität und der Artenvielfalt

„Die Tropen sind Quelle der Artenvielfalt, in der Zeit des Perm genauso wie heute“, erklärt Massimo Bernardi. „Mit unserem Projekt haben wir die Bedeutung des Gebietes am Äquator als Ort der schnellen Entwicklung, als Wiege der Biodiversität und als Museen der Artenvielfalt nachgewiesen“, so Bernardi, der damit das Phänomen anspricht, dass dort Tiere leben, die anderswo bereits ausgestorben sind. Der Äquator beherbergt eine außergewöhnliche Vielfalt, auch wenn seine Biodiversität im Laufe der Zeit sich grundlegend geändert hat: Während diese für die heißen und feuchten Tropenwälder der heutigen Zeit nachvollziehbar ist, scheint die Artenvielfalt in den glühenden und trockenen Wüsten des Perms weniger logisch.

Bedeutung der Ergebnisse für den aktuellen Klimawandel

Die Vergleiche der Forschungsarbeit zeigen auf, dass das Gebiet rund um den Äquator in Vergangenheit stets ausschlaggebend für die Biodiversität war. „Diese Erkenntnis zeigt auf wie wichtig schnelle und effiziente Lösungen sind, um unsere Artenvielfalt zu erhalten. Wenn wir die Ökosysteme unserer Zeit, ihre natürlichen Abläufe und ihre Entwicklung ohne Eingriffe vonseiten der Menschen verstehen wollen, so müssen wir in die Vergangenheit blicken“, unterstreichen Bernardi und Kustatscher. Die Dokumentation der Fossilien könne Aufschluss über die Stabilität eines Ökosystems geben. Angesichts der klimatischen Veränderungen, die immer stärker mit jenen vor dem Massensterben des Perm vergleichbar sind, tragen solche Studien nicht nur dazu bei, den Gesundheitszustand der Erde zu bewerten. Es lassen sich dabei auch Maßnahmen ableiten, mit denen im alltäglichen Leben die Auswirkungen auf das Klima verringert und somit die Schäden am Ökosystem und an der Artenvielfalt begrenzt werden können.

Die veröffentlichte Studie ist wird vom Eurgio Science Fund finanziert und ist Teil des EUREGIO-Forschungsprojektes „Permian–Triassic climatic and environmental extremes and biotic response“ des Naturmuseum Südtirol, des MUSE Trient und des Institutes für Geologie der Universität Innsbruck unter Beteiligung des GEOPARC Bletterbach.

Der wissenschaftliche Beitrag ist dank der Unterstützung für wissenschaftliche Veröffentlichungen der Landesabteilung für Innovation und Forschung öffentlich zugänglich und kann unter http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012825217302581# abgerufen werden:

Massimo Bernardi, Fabio Massimo Petti, Evelyn Kustatscher, Matthias Franz, Christoph Hartkopf-Fröder, Conrad C. Labandeira, Torsten Wappler, Johanna H.A. van Konijnenburg-van Cittert, Brandon R. Peecook, Kenneth D. Angielczyk. Late Permian (Lopingian) terrestrial ecosystems: A global comparison with new data from the low-latitude Bletterbach Biota. Earth-Science Reviews, 2017; 175: 18 DOI: 10.1016/j.earscirev.2017.10.002

 

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