Von: mk
Bozen – Die Vereinten Nationen legten 1999 den 12. August als internationalen Tag der Jugend fest. Im Vordergrund stehen Maßnahmen, die auf die Belange von Kindern und Jugendlichen aufmerksam machen sollen. Südtirols Katholische Jugend (SKJ) hat ein neues Team an der Spitze und möchte diesen Tag nutzen, um im Interview wichtige Dinge anzusprechen und in die Zukunft zu schauen:
Südtirols Katholische Jugend möchte den jungen Menschen in die Mitte stellen. Wie möchtet ihr das im Speziellen angehen?
Simon Klotzner, erster Landesleiter: Auf politischer Ebene ist es uns ein Anliegen, die Interessen der Jugendlichen zu vertreten und sich für diese einzusetzen. Dabei gilt es die Wünsche der Jugendlichen ernst zu nehmen und Wert zu schätzen, ein offenes Ohr für ihre Anliegen zu haben und ihnen mit ihren konstruktiven Vorschlägen Verantwortung zu übergeben. Denn die Jugend von heute ist die Zukunft von morgen.
Sara Burger, zweite Landesleiterin: Wir möchten die Interessen der Jugendlichen nach außen und nach innen vertreten, indem wir ihnen eine Stimme geben und uns die Meinungen und Anliegen der Jugendlichen anhören.
Katja Engl, dritte Landesleiterin: Stellt euch eine Bühne vor, in der das Spotlight angeschaltet wird. Mikro an. Und jetzt: Ein Ton. Genauso möchten wir das auch angehen, indem wir jungen Menschen eine Bühne geben, damit sie sich mit ihren Potentialen einbringen und entfalten können. Wir möchten genau hinhören, welche Themen unsere Jugendlichen beschäftigen, bewegen und begeistern. Wir möchten Jugendliche anfeuern, sich für ihre Sache einzusetzen, sie mit ihren Bedürfnissen und Anliegen wahrnehmen. Im Grunde möchten wir einen Raum schaffen, in dem Jugendliche Gemeinschaft erleben können, Aktionen mitplanen und aktiv mitgestalten können. Wir möchten Jugendliche dort abholen, wo sie stehen und sie auf ihrem Lebensweg begleiten, inspirieren und motivieren.
Die letzten zwei Jahre waren für die ehrenamtliche Vereinstätigkeit eine große Herausforderung. Was braucht es für einen guten Start im Herbst?
Simon Klotzner: Es braucht Vertrauen in die Jugend und eine große Portion Mut von unseren Entscheidungsträgern bzw. Entscheidungsträgerinnen. Für die Jugendlichen steht sehr viel auf dem Spiel, das wissen wir mittlerweile alle, vor allem auch aus dem psychologischen Blickwinkel. Dabei geht es um viel mehr als sich „nur zu treffen“. Deshalb muss im Herbst gewährleistet sein, dass man den ehrenamtlichen Vereinen nach wie vor die Nasenflügeltests gratis zu Verfügung stellt.
Sara Burger: Im Herbst braucht es gute Voraussetzungen: Dazu gehört die Anerkennung von Nasenflügeltests, motivierte Ortsverantwortliche und eine Menge Flexibilität. Vor allem die Nasenflügeltests sind für Gruppenstunden in Präsenz wichtig, da kein junger Mensch monatlich 100 (oder mehr) Euro ausgeben kann und möchte.
In der Vergangenheit hat sich Südtirols Katholische Jugend immer wieder gegen jede Art von Diskriminierung ausgesprochen. Wie beobachtet ihr die aktuelle Situation?
Simon Klotzner: Einerseits euphorisch und gleichzeitig leider auch kritisch. Zum einen erlebe ich in einzelnen Gesprächen mit jungen Menschen, dass sie der Gesellschaft offen und der Umwelt respektvoll begegnen. Leider gibt der Mensch im 21. Jahrhundert aber immer noch sehr unangenehme und unpassende Äußerungen von sich, wie wir erst neulich bei der Fußball-EM in London bemerkt haben. Ich denke es muss einfach viel mehr sensibilisiert werden. Jedes Leben ist ein Geschenk, welchem ich mit Respekt und Toleranz begegnen soll.
Katja Engl: Mehr denn je sind eine öffentliche und starke Positionierung sowie der Mut gefragt, gegen alte Ansichten aufzustehen und Schritte Richtung Transformation und eine gerechte Gesellschaft zu gehen. Nur so kann Veränderung und auch Weiterentwicklung stattfinden. Ich nehme wahr, dass viele Diskussionen im Privaten rund um das Thema Kirche und Diskriminierung stattfinden, jedoch anschließend eine Positionierung fehlt, bzw. untergeht. Allzu oft werden Meinungen nicht nach außen getragen, sodass vielerorts nur Stimmen vernommen werden, welche sich gegen jegliche Veränderung aussprechen. Dies ergibt meiner Meinung nach ein verzerrtes Bild. Wir als Verein geben Diskriminierung keinen Platz. Wir als Verein hinterfragen und haben eine kritische Stimme, die wir unbedingt mehr zeigen möchten. Das erfordert eine intensive Auseinandersetzung damit, welchen Beitrag wir als SKJ zu antidiskriminierender Arbeit leisten können und schließt konkrete Handlungen mit ein. Wir beobachten, dass sich viele Jugendliche mit Menschenrechten auseinandersetzen und sich die Jugend eine offene Kirche wünscht – wo Glaube und Gemeinschaft im Vordergrund stehen und an keine diskriminierenden Bedingungen geknüpft sind.
Innerhalb der katholischen Kirche gibt es verschiedene Tabuthemen z.B. die Rolle der Frau in der Kirche, die Segnung homosexueller Paare, … Was würdet ihr euch wünschen?
Simon Klotzner: Ich wünsche mir, ganz nach den Worten von Paulus: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“, dass wir die Liebe in das Zentrum unseres Glaubens stellen und verstehen, dass der Mensch vor Gott gleich ist. Gott liebt uns alle, so wie wir sind; unabhängig davon, welche Herkunft, welches Alter oder welche geschlechtliche Orientierung er bzw. sie mit sich bringt. Ich wünsche mir eine offene Kirche, in der man zum Beispiel geschlechtsunabhängig die heilige Messe zelebrieren darf.
Sara Burger: Offenheit, über bisherige Tabuthemen zu sprechen und dass sich die Kirche auf sachliche Diskussionen einlässt.
Katja Engl: Ich wünsche mir ganz klar, dass das „Tabu“ vor den „Themen“ hier verschwindet – gerade die Tatsache, dass diese Themen „tabu“ sind, zeigt, dass es dringend eine öffentliche Auseinandersetzung geben muss. Beispielsweise die Ablehnung oder der verhinderte Zugang zu kirchlichen Ämtern von Personen aufgrund ihres Geschlechts oder sexueller Orientierung ist sexistisch und diskriminierend. Insbesondere die junge Generation distanziert sich davon. Viele Jugendliche wenden sich von der Kirche und leider auch oft vom Glauben selbst ab, da sie sich nicht willkommen fühlen oder nicht wertgeschätzt. Ich wünsche mir, dass die Kirche Schritte geht, welche längst überfällig sind und sich von starren Vorstellungen löst. Für das Hier und Jetzt wünsche ich uns als Verein den Mut, diese Tabuthemen anzusprechen und eine starke Positionierung unseres Vereins für eine offene und vielfältige Kirche auf Landesebene. Unsere Gesellschaft ist stets im Wandel – auch die katholische Kirche hat sich immer wieder verändert und es ist enorm wichtig, damit nicht aufzuhören. Ich wünsche mir eine Glaubensgemeinschaft, welche sich für Menschenrechte einsetzt und welche für alle Menschen da ist – ohne Wenn und Aber. Eine Kirche, welche Menschen begleitet, statt sie auszuschließen. Jesus war hier ein totaler Revolutionär, der die Liebe ins Zentrum gerückt hat! Diesen revolutionären Spirit wünsche ich mir auch im Hier und Jetzt.
Was möchtet ihr beitragen, um die Kirche ein stückweit jugendlicher zu machen?
Simon Klotzner: Es gilt mutig voran zu gehen und sich für eine offene Kirche für alle einzusetzen. Dabei ist es uns wichtig, dass wir die Basis unserer christlichen Werte nicht vergessen: die weltumspannende Liebe zueinander, die Liebe zu seinem Nächsten und die enorme Kraft unseres Glaubens. Wir möchten Jugendlichen einen Glauben vermitteln, der für alle gleich ist und sehr krafttankend sein kann.
Sara Burger: Ich glaube im Moment tragen wir dazu bei, indem wir Stellung zu verschiedenen Themen beziehen und uns gegen Ungerechtigkeiten einsetzen. Außerdem ist Kirche nicht nur die heilige Messe – Kirche kann auf so viele Art und Weisen gelebt werden. Wir bieten Aktionen an, in denen sich Jugendliche ausprobieren können und religiöse Aktionen selbst gestalten können. Als gutes Beispiel kann man hier die Predigt bei unserer Mitgliederversammlung nennen; hier hat eine junge Dame die Predigt gehalten hat.
Das Interview führte Heidi Gamper.