Von: apa
Startenor Jonas Kaufmann, der im September als Intendant der Tiroler Festspiele Erl antritt, will in seiner sechsjährigen Amtsperiode das Festival verstärkt für ein “lokales Publikum” interessant machen. Inhaltlich setzt Kaufmann auf “Stilvielfalt”, will an die Erl-Tradition der Festspiele – er singt zweimal Wagner – anschließen und “auch zeitgenössischer Musik Raum geben”, sagte er bei seinem ersten Erl-Aufritt im Zuge der Programm-Pressekonferenz am Freitag.
Vorgestellt wurde dabei sowohl das Programm für die Spielzeit 2024/2025 als auch jenes des Sommers 2025. Strukturiert sind die Festspiele unter Kaufmann-Intendanz neuerdings in vier Saisonen: Erntedank, Winter, Ostern und Sommer. Zu finden sind in diesen Spielzeiten etwa im Winter “La Bohéme” von Giacomo Puccini oder auch Kaufmann selbst, der sowohl im “Parsifal” an Ostern 2025 als auch in “Die Walküre” (Juli 2025) von Richard Wagner singt. Auch Andreas Schett – Frontmann der Musicbanda “Franui” – wird im Herbst 2024 eine Rolle bei der Programmierung spielen. Der zeitgenössischen Musik macht man ebenfalls Platz. “Picture a Day like this” von George Benjamin kommt zur Aufführung. Daneben steht – wohl traditioneller gedacht und angehaucht – die Oper “I Puritani”, ebenfalls von Puccini.
Das Festival solle sich unter seiner Ägide jedenfalls nicht ausschließlich an ein “internationales Publikum richten”, hielt Kaufmann fest. “Es geht darum, dass auch die lokale Bevölkerung verstärkt zu den Festspielen kommt”. Dennoch wolle er sich nicht zeitgenössischen Fragestellungen und Positionen verschließen, die international diskutiert werden. “Ich will jedes Jahr eine weibliche Regisseurin mit dabei haben”, kündigte der Bald-Intendant in dem fast zweistündigen Pressegespräch an, das unter regem Medienandrang über die Bühne ging und im Festspielhaus-Konzertsaal stattfand.
Das geschehe nicht “wegen der Quote”, sondern weil Frauen oft eine “interessante und andere Perspektive auf Opernstoff haben”, so der 54-jährige Deutsche. Keinesfalls wolle er aber “das Publikum vergraulen” und setzte vor allem zu Beginn seiner Indentanz in der Spielzeit 2024/2025 auch auf “Zugänglichkeit” und Breitenwirksamkeit”. “Wir sind nämlich in der Unterhaltungsbranche und spielen für ein Publikum”, erklärte er.
Ebenjenem will sich Kaufmann auch außerhalb von Erl weiterhin präsentieren. “Ich gehe als Sänger natürlich nicht in Pension”, betonte er und schob im gleichen Atemzug nach, dass er dennoch “so viel wie möglich in Erl sein will” um seinen neuen Aufgaben und Pflichten als Intendant nachzukommen. “Ich kann bei den Proben vielleicht nicht ab Tag eins dauernd dabei sein, werde aber über die Jahre mehr und mehr in Erl sein”, versprach Kaufmann. Er habe glücklicherweise ein “großartiges Team” um ihn, das ihn in seinen Aufgabe zusätzlich noch unterstütze, so der Wahl-Salzburger.
Erl sei jedenfalls “meine Herzensangelegenheit”, strich der gebürtige Münchner heraus. Jetzt gehe es darum, diese Herzensangelegenheit auf den Boden zu bringen und Taten folgen zu lassen. Klar sei für ihn jedenfalls. “Wir spielen vorrangig für die Menschen vor Ort, im Tal und im Land.”
Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner streute dem Neo-Intendanten jedenfalls bereits im Voraus gehörig Rosen. “Damit Dinge spannend bleiben, müssen sie sich auch verändern”, hielt er fest. Eine solche Veränderung, ein solcher “Windstoß, der alle Blätter aufwirbelt”, sei für die Festspiele eben Jonas Kaufmann. Dem schloss sich auch Landeshauptmann und Kulturreferent Anton Mattle (ÖVP) an: “Endlich ist Jonas Kaufmann in Tirol,” verlautete Mattle euphorisch und begrüßte Kaufmann herzlich mit einem “Griaß di”.
Der solcherart herzlich begrüßte Startenor folgt Bernd Loebe – langjähriger Intendant der Frankfurter Oper – ab September 2024 als Intendant nach. Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner hatte diese Entscheidung im Juni 2023 verkündet, nachdem zuvor der Vertrag von Loebe nicht verlängert worden war. Der Vertrag von Kaufmann läuft bis 2030.