Von: mk
Toblach – Die 32. Toblacher Gespräche finden vom 1. bis 3. Oktober 2021 in einer Präsenzveranstaltung statt und widmen sich der Frage: „Wie grün ist der europäische Green Deal?“. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und diverser Interessengruppen aus der Gesellschaft sowie alle Menschen guten ökologischen Willens sind herzlich eingeladen, gemeinsam die im Green Deal vorgesehenen Schritte im Kampf Europas gegen den Klimawandel kritisch zu hinterfragen und Lösungsansätze für mögliche Kontroversen auf den Punkt zu bringen.
Unter den renommierten Rednerinnen und Rednern werden die Wirtschaftsredakteurin Ulrike Hermann von der taz und die Journalistin Christiane Grefe von DIE ZEIT sowie Martin Stuchtey, der Gründer und Managing Partner von SYSTEMIQ (Unternehmensberatung) der Frage nachgehen, ob das Green Deal die Chance auf die Wende hin zu einer grünen Ökonomie bietet, oder doch nur eine Mogelpackung für das Weiter so der braunen ist. In vier Foren werden Experten und Expertinnen aus Deutschland, Österreich und Italien den Blickwinkel auf Teilbereiche des Green Deal eröffnen, seine drohenden Scheinlösungen und realen Chancen.
Zum Abschluss wenden sich die Toblacher Gespräche 2021 der Region zu und fragen in einem Runden Tisch Personen aus Politik und Wirtschaft nach der Bedeutung des europäischen Green Deal im Alpenraum.
2021 wird wohl als der Sommer in Erinnerung bleiben, in dem die Klimakrise mit Nachdruck die Aufmerksamkeit der Medien und der öffentlichen Meinung bestimmt hat. Aber auch als der Sommer, in dem Europa den Green New Deal beschleunigt hat, um die CO2-Emissionen bis 2050 auf Null zu bringen und bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Was sind, angesichts des Klimachaos die realistischen Aussichten und was die falschen Versprechungen dieses großen Interventionsprogramms? “Die ökologische Transition ist so wie sie jetzt ins Auge gefasst wird schlicht unvollkommen, um es ‚mal sehr vorsichtig zu sagen“, unterstreicht Paolo Pileri, Professor am Mailänder Polytechnikum. „Wir brauchen dringend eine grundlegend neue Vision und keine erneute Ausrichtung der Umwelt auf ökonomische Interessen, die die Natur für einen riesigen Supermarkt halten, in dem man sich weiter nach Belieben bedienen kann.“ Pileri ist vom 1. bis 3. Oktober Gast bei der Toblacher Gesprächen 2021, einem Ideenlabor für den ökologischen Wandel, das seit über 35 Jahren im gleichnamigen Ort im Pustertal stattfindet.
Ein weiterer Gast wird Giuseppe Onufrio sein, Geschäftsführer von Greenpeace Italien, dem zufolge „das EU-Klimagesetz völlig unzureichend ist, um die Klimakrise zu bekämpfen und das Bundesverfassungsgericht das deutsche Klimagesetz gerade deshalb abgelehnt hat, weil es eben nicht ausreicht. Es ist ein Kompromiss zwischen dem Ancien Energy Regime, das versucht, Zeit zu verschwenden, um den Übergang zu verlangsamen, und dem Teil der produktiven Welt und der Zivilgesellschaft, der den Weg des Wandels eingeschlagen hat. Dieser Weg ist mit Scheinlösungen vermint, von der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung bis zur CO2 Kompensation durch Wälder, gefördert von jenen, die weiterhin fossile Ressourcen nutzen wollen.“
Im Oktober treffen sich in Toblach italienische und deutsche Experten und Fachleute, um in offenen Diskussionen untereinander und mit dem Publikum die Dynamiken zu analysieren, die schnell und unumkehrbar zu einschneidenden Veränderungen nicht nur in unserem Wirtschaftssystem und in der Politik, sondern auch im täglichen Leben von uns allen führen könnten.
Eine der kritischsten, aber auch am meisten gehörten Stimmen in Deutschland zur Diskrepanz zwischen den Dimensionen des Problems Klimawandel und den Lösungsvorschlägen auf dem Tisch ist die der Journalistin Ulrike Herrmann, Wirtschaftsredakteurin der Tageszeitung taz, die ebenfalls in Südtirol erwartet wird. „Der Green New Deal ist ein Fortschritt, aber keine Lösung. Denn er setzt auf “grünes Wachstum” und ist kein Weg in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft.“ Und sie fügt hinzu: „Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass der technische Fortschritt uns retten wird. Wenn wir aber mit der schon bekannten Technik auskommen müssen, dürfte es aufs ‚grüne Schrumpfen‘ hinauslaufen. Das wäre nicht die Steinzeit – aber der Abschied vom Kapitalismus.“