Referat mit Militärhistoriker Hubert Speckner

Krimi Porzescharte: Spannung und Staunen bei Vortragsabend in Gais

Samstag, 01. Oktober 2016 | 18:57 Uhr

Von: luk

Gais – „Krimi Porzescharte – eines der letzten großen Rätsel der heißen 60er Jahre“, so lautete das Thema zum Vortragsabend mit dem bekannten Militärhistoriker Hubert Speckner, zu dem der Südtiroler Schützenbund am 28. September 2016 in das Feuerwehrhaus nach Gais geladen hatte. Und gekommen waren viele, die schon gespannt darauf waren, welche Forschungsergebnisse die wissenschaftlichen Untersuchungen von Speckner hervorgebracht hatten.

Der aus Melk stammende Hubert Speckner hat in Innsbruck, Graz und Wien Geschichte studiert und anschließend promoviert, bevor er die militärische Laufbahn eingeschlagen hat. Er ist Oberst des höheren militärfachlichen Dienstes, arbeitete von 2000 bis 2009 als Historiker in der Militärgeschichtlichen Forschungsabteilung des Heeresgeschichtlichen Museums und ist seit November 2009 Hauptlehroffizier und Forscher an der Landesverteidigungsakademie mit dem Themenschwerpunkt „Kulturgüterschutz“ und zeithistorischen Arbeiten zu den Einsätzen des österreichischen Bundesheeres.

2007, als sich der Einsatz des österreichischen Bundesheeres an der österreichisch-italienischen Grenze zum 40. Mal jährte, hat er begonnen, sich der schier unlösbar scheinenden Aufgabe zu stellen, Licht in den „Krimi“ Porzescharte zu bringen. Bei dem Vorfall am 25. Juni 1967 wurden vier italienische Militärs durch Tretminen tödlich verletzt. Diese waren – so lautete die offizielle Version Italiens − vorher auf der Porzescharte an der Grenze zwischen Osttirol und Belluno durch Südtirolaktivisten ausgelegt worden, die vorher einen Strommast gesprengt hatten. Peter Kienesberger, der Arzt Dr. Erhard Hartung und Egon Kufner wurden in der Folge im Prozess von Florenz ohne eindeutige Beweise zu lebenslänglicher Haft verurteilt.

Dass der Vorfall auf der Porzescharte gar nicht so abgelaufen sein kann, wie die offizielle Version Italiens lautet, das lag klar auf der Hand und wurde u.a. auch schon damals in der „Tiroler Tageszeitung“ angeprangert, heißt es in einer Aussendung der Schützen.

„Der Vorfall auf der Porzescharte, der von Rom verwendet wurde, um Österreich politisch unter Druck zu setzen, fügt sich in die damalige „Strategie der Spannung“, mit der Italien Österreich politisch unter Druck setzte, nahezu perfekt ein“, erklärt die Historikerin Margareth Lun, die das Publikum in ihrer Einführung zum Vortrag von Speckner in die heißen sechziger Jahre zurückbegleitete und aufzeigte, warum diese Anschuldigung für Österreich derart folgenreich war: „Damals ging es für Österreich um zwei wichtige Verhandlungsthemen: einmal die Aufnahme in die Montanunion, eine Vorgängerorganisation der EWG bzw der EU, gegen die nun Italien sein Veto einlegte, und zweitens um die Südtiroler Autonomiepolitik, die noch mehr in die Defensive gedrängt wurde“. Italien erklärte damals, dass es die Verhandlungen mit Österreich auf den verschiedenen Ebenen einstelle, bis es bewiesen habe, dass es „nicht länger als Operationsbasis der Terroristen diene, die in Italien Attentate verübten“.

Speckner hat Akten des Österreichischen Staatsarchivs durchforstet und Bestände des Innenministeriums ebenso gesichtet wie Archivmaterial des Landesgerichts Wien. Und je mehr er sich in diese Thematik vertieft hat, desto mehr Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten traten zu Tage, heißt es weiter.

„Die Fülle der ermittelten Befunde für eine Manipulation ist dermaßen erdrückend, dass man gar nicht anders kann als anzunehmen, dass bei diesem Krimi italienische Stellen ihre Hände im Spiel hatten und bewusst die Tötung von vier Menschen in Kauf genommen haben“, ist die Conclusio von Speckner, der seine Ausführungen durch Fotos und Akten belegen konnte.

Im Anschluss an das Referat hatten die Zuhörer, die den Vortrag mit großer Spannung und Aufmerksamkeit verfolgt hatten, noch die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Abschließend bedankte sich Kulturreferentin Lun bei Landeskommandant Mjr. Elmar Thaler, Vize-Landeskdt. Heinrich Seyr und den übrigen Vertretern der Bundesleitung sowie bei allen Anwesenden für ihr Kommen, beim Schützenbezirk Pustertal, namentlich bei Bezirksmajor Haymo Laner sowie beim Medienreferenten des SSB Efrem Oberlechner für die gute Zusammenarbeit und beim Hptm. der SK Gais Gerald Leiter für die Organisation vor Ort.

 

Bezirk: Pustertal