Erstes Highlight der Opernsaison

La Bohème: Ein Requiem für Mimì

Donnerstag, 16. November 2023 | 17:51 Uhr

Von: mk

Bozen – Die Stiftung Haydn von Bozen und Trient präsentiert das erste Highlight der Opernsaison 2023/24: Am Sonntag, den 19. November, und Dienstag, den 21. November, hebt sich im Stadttheater Bozen der Vorhang für La Bohème unter der Regie von Matthias Lošek. Für die musikalische Leitung zeichnet Timothy Redmond verantwortlich. Am Mittwoch, den 21. Februar, und Donnerstag, den 22. Februar, kommt Puccinis meistgespielte Oper in Trient im Teatro Sociale auf die Bühne.

Das neue Opernprogramm der Stiftung Haydn von Bozen und Trient eröffnet mit einem der erfolgreichsten Melodramen aller Zeiten: Giacomo Puccinis La Bohème. Selbst über hundert Jahre nach ihrer Uraufführung vermag die Oper noch immer die Herzen des Publikums zu berühren. Die Stiftung Haydn zeigt Puccinis Meisterwerk am 19. und 21. November im Bozner Stadttheater und am 21. und 22. Februar am Teatro Sociale in Trient in einer halbszenischen Aufführung.

Matthias Lošek hat sich in seiner letzten Spielzeit als künstlerischer Direktor des Opernprogramms für eine Inszenierung entschieden, die den hochaktuellen Kern von La Bohème enthüllt. „Jede gute Oper“, so der Regisseur und Operndirektor, „ist in meinen Augen zeitgenössisch. Die Protagonisten in La Bohème, vier junge Menschen zu Beginn ihrer Karriere, sind der Inbegriff des Neubeginns: Sie verkörpern perfekt das Motto, das wir uns in dieser Spielzeit auf die Fahne geschrieben haben, „Nothing is written“. La Bohème ist Melodrama pur: Es geht ums Leben und Lieben, ums Leiden und Sterben. Ein junges Mädchen, schwerkrank, wird aus dem Leben gerissen. Und die Gesellschaft schaut zu. Das ist doch extrem aktuell.“

Man schrieb das Jahr 1896, als sich im Teatro Regio di Torino der Vorhang erstmals für La Bohème hob, eine Oper in vier Bildern nach einem Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, dirigiert vom damals gerade einmal neunundzwanzigjährigen Arturo Toscanini. Nach der Uraufführung nahm Puccini einige Änderungen vor und nach der zweiten Premiere im Teatro Grande di Brescia erhob sich im Saal ein derart tosender Applaus, dass die Wände bebten.

Das auf dem Roman Scènes de la vie de bohème von Henri Murger basierende Libretto erzählt vom Leben vier junger Bohemiens, Rodolfo, Marcello, Schaunard und Colline, die sich – hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Freiheit und der Notwendigkeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen – im pulsierenden Paris der Belle Époque als Künstler versuchen. Auf ihrem Weg begegnet ihnen nicht nur Liebe, sondern auch der Tod.

Verkörpert werden die Hauptfiguren von einem Cast aus jungen Talenten: Alexandra Grigoras (Mimì), Galina Benevich (Musetta) Alessandro Scotto di Luzio (Rodolfo), Matteo Loi (Marcello), Gianni Giuga (Schaunard), Matteo D’Apolito (Colline). „Entscheidend war für mich, dass die ausgewählten Künstlerinnen und Künstler jung sind, damit sie die Figuren auf wahrhaftige Weise darstellen können“, so Lošek. „Für mich ist in der Oper, und vor allem in La Bohème, die Wahrhaftigkeit wichtig. Ich glaube, dass jede Oper auch ein hohes Maß an Identifikation beinhaltet. Deshalb ist sie auch ein Genre, das uns bis heute fasziniert.“

Lošeks schnörkellose, auf die tragische Dimension der Musik und der Erzählung fokussierte Bohème verdankt sich seiner Reflexion über die zahllosen Inszenierungen der Oper im Lauf der Zeit. Ein weiterer wichtiger Impulsgeber für seine Neuinszenierung waren verschiedene Kino- und Theateradaptionen, angefangen bei der Bohème-Umsetzung von Regisseur Baz Luhrmann (Sydney, 1993) als „Coming-of-Age-Drama“, die sowohl hinsichtlich Musik als auch Figurenzeichnung neue Maßstäbe setzte. 30 Jahre nach Luhrmanns Produktion lautet die Devise, jedes Klischee zu vermeiden und über ein aufs Wesentliche reduziertes Register zum Kern der Oper vorzustoßen. Im Bühnenbild und den Kostümen, entworfen von Oliver Mölter, verstecken sich popkulturelle Referenzen, das von Norbert Chmel entwickelte Lichtdesign verweist mit sparsam eingesetzten stilistischen Mitteln auf das unvermeidliche Werden und Vergehen des Lebens und der Natur. Der musikalische Leiter Timothy Redmond hat es sich zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit dem Haydn Orchester und dem Sängerensemble das einzigartige musikalische Kolorit eines jeden Bildes herauszuarbeiten und dem Publikum Klänge zu schenken, die das Seelenleben der Pariser Bohemiens widerspiegeln, für die Puccini in die Musikgeschichte eingegangene Melodien schuf.

Unter allen Figuren ragt Mimì hervor, ihr Drama, ihre herzzerreißende Geschichte von Leben und Tod. Eine Bohème also, die zu einer Art Requiem wird und doch zugleich das Leben und die Liebe in all ihren Facetten feiert: Jugend, Fürsorge, sexuelle Aufladung, Duldsamkeit, das Ewige und das Flüchtige, aber auch Eifersucht und Hass.

Bezirk: Bozen