Von: mk
Bruneck – Der zweite Abend der sechsteiligen, öffentlich zugänglichen Veranstaltungsreihe „Gesunde Psyche, gesunde Land“ drehte sich um Aufmerksamkeitsdefizite im Kindes- und Erwachsenenalter. Im NOI-Techparc Bruneck diskutierten und erzählten kürzlich Betroffene und Experten über das Thema AD(H)S.
„Wie tägliches Zähneputzen“, betonte Robert Alexander Steger, Präsident der Bezirksgemeinschaft Pustertal und Hausherr der Veranstaltung, die Wichtigkeit der psychischen Gesundheit in seinen Begrüßungsworten. Initiiert von der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern laden die Bezirksgemeinschaften landesweit zur Präventionskampagne „Gesunde Psyche, gesundes Land“.
Sabine Cagol, Psychotherapeutin und Präsidentin der IARTS-Sozialgenossenschaft, die federführend das Konzept ausgearbeitet hat, unterstrich in der Vorstellung der Veranstaltungsreihe nicht nur den Auftrag, Experten weiterzubilden, sondern vor allem auch: „Wir müssen über die Themen ins Gespräch kommen, um die Tabus abzubauen.“
Ins Gespräch kommen mit den direkt Betroffenen und den Angehörigen, die durch ihre Erfahrung aus ihrer Sicht als Experten erzählen, steht damit auch im Mittelpunkt der Veranstaltungen. Roger Pycha, Primar an der Psychiatrie Brixen und Moderator des Abends, lud Verena Pescolderung, Leiterin der EOS, Fachambulanz für die Psychosoziale Gesundheit im Kindes- und Jugendalter Bruneck, und Markus Huber, Primar der Psychiatrie Bruneck, Kinderpsychiater und Psychotherapeut, dazu, am Podium Platz zu nehmen.
Die Betroffenen und Angehörigen meldeten sich spontan direkt aus dem Publikum, das zahlreich zu diesem auch kontrovers diskutierten Thema erschienen war. Thomas Verginer aus Brixen beispielsweise erzählte von seinem Leidensdruck, den Süchten, die mit der Krankheit einhergehen können und seinem neuen Leben, seit er nicht nur eine Diagnose hat, sondern diese auch mit Medikamenten behandelt wird.
Vor allem die Behandlung von Aufmerksamkeitsdefiziten mit Ritalin als Medikament erster Wahl steht immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Markus Huber stellte hierzu in einer Einführung zum Thema klar, dass Ritalin keine Abhängigkeit verursache und bei mittelschweren bis schweren Fällen eine Medikamentengabe ausschlaggebend für den Therapierfolg sei.
Verena Pescolderung fügte diesem Standpunkt hinzu, wie wichtig eine multimodale Therapie – Beratung und Information für Angehörige und Schule, Ergotherapie, Psychotherapie und medikamentöse Therapie – sei, die zur höchsten Erfolgsrate im Kampf gegen die noch immer unterschätzte Störung führe.
Ein besonderer Abend, der mit einigen Tabus brechen konnte und durch den Moderator Roger Pycha gekonnt und mit dem nötigen Feingefühl für alle Meinungen führte.
Im neuen Jahr steht nun die dritte Veranstaltung an. „Süchtig oder nicht?“ heißt es am 31. Jänner um 19.30 Uhr im Großen Saal der Stadtbibliothek am Domplatz in Brixen.