Von: mk
Trens – Der Heimatpflegeverband Südtirol macht sich Sorgen um die Zukunft des jahrhundertealten Marienwallfahrtsortes und dessen prägendes Bauensemble rund um die Wallfahrtskirche in Trens.
Maria Trens ist einer der beliebtesten Wallfahrtsorte Südtirols. Wer von Norden kommt, erblickt fünf Kilometer südlich von Sterzing die anmutig gelegene Wallfahrtskirche schon von der Brennerstraße aus. Der Name Trens leitet sich vom römischen „Torrenes“ ab und bedeutet so viel wie „reißende Bäche“.
Erstmals schriftlich erwähnt ist Trens in der Quartinus-Urkunde von 827 n. Chr. Auch die Entstehung der Marienwallfahrt steht in Zusammenhang mit den namengebenden „Gißbächen“, wurde doch der Legende nach in alter Zeit eine fast unversehrte Marienstatue aus einer dieser abgegangenen Muren an der „Lahn“ geborgen. 1345 ist in einer Urkunde der 18 Bischöfe des päpstlichen Hofes von Avignon eine Marienkirche in Trens dokumentiert. Mit der Zeit erlangte der Wallfahrtsort einen erheblichen Aufschwung – nicht zuletzt ausgelöst von den vielen Gebetserhörungen, welche die unzähligen Pilger hier bei der „wundertätigen Gnadenmutter von Trens“ erhielten. In den erhaltenen Mirakelbüchern und auf zahlreichen Votivtafeln sind die vielen Wunder- und Gnadentaten der Trenser Muttergottes und die vielen Nöte der Menschen durch die Jahrhunderte bis heute dokumentiert.
Die Nöte der Menschen sind nicht weniger geworden. Auch heute suchen viele Menschen – meist im Stillen – Trost und Hilfe vor dem Gnadenbild. „Angesichts des landesweit anhaltenden Baubooms, der auch vor Trens nicht Halt macht, stellen sich viele die Frage, wie lange es noch möglich sein wird, in Trens im Allgemeinen – und in unmittelbarer Nähe der Wallfahrtskirche im Besonderen – jenen Ort der Ruhe zu finden, der sowohl Einheimischen als auch Gästen, Pilgern und Reisenden wohltut und einen Ort des ‚Auftankens‘ ermöglicht; jenen Ort der erbaulichen Stille und der Erholung für ‚Körper, Geist und Seele‘, wie er in vielen Werbebroschüren der Tourismusbranche als für Trens bezeichnend umschrieben ist“, erklären die Heimatpfleger.
Anlass zur Sorge würden die in letzter Zeit in unmittelbarer Nähe der Wallfahrtskirche bereits realisierten und noch in Planung stehenden Großprojekte geben, deren zukünftige Auswirkungen auf den Wallfahrtsort noch nicht absehbar seien.
„Bereits jetzt beeinträchtigt ein großer, neu errichteter Pferdestall samt Photovoltaikanlage das ortsbildprägende Ensemble beträchtlich. Die gerade im Bau befindliche gigantische Reithalle verschlimmert die Situation nochmals erheblich. Wallfahrer, die über einen alten Wanderweg von Norden nach Trens kommen, müssen zukünftig im letzten Wegabschnitt auf den Blick auf ihr Wallfahrtsziel verzichten. Die Diskussion mit den örtlichen politischen Vertretern führt diesbezüglich nur bedingt zu konstruktiven Gesprächen, da der Bau bereits im Laufen ist und der Bürgermeister der Gemeinde selbst als verantwortlicher Bauherr und Besitzer zeichnet. Hinzu kommt, dass der für Trens zuständige Gemeindereferent gleichzeitig Eigentümer der ausführenden Baufirma ist. Diese Verstrickung von privaten und öffentlichen Interessen erschwert leider eine objektive Herangehensweise an die Sache“, meint der Heimatpflegeverband.
„Um derlei Ortsbild-zerstörende Eingriffe im Wallfahrts- und Wohnort Maria Trens in Zukunft zu vermeiden, regen wir dringend eine breite Diskussion zu gesellschaftlichen, kulturellen, touristischen, wirtschaftlichen und das religiöse Leben betreffende Folgen solcher Eingriffe in der gesamten Bevölkerung an. Es bedarf also einer rechtzeitigen, ehrlichen und umfassenden Information der Bevölkerung, damit sich diese ein Bild vom Ausmaß der bevorstehenden Bautätigkeit machen kann. Es wird dazu in nächster Zukunft Gelegenheit genug geben: Im Zuge der dringend notwendigen Friedhofserweiterung scheint sich nämlich ein Karussell in Gang zu setzen, das neben der Aufhebung von Bannzonen auch die Umwidmung von landwirtschaftlichem Grün in mehrere Tourismuszonen vorsieht, was wiederum der Gewinnoptimierung Privater und verschiedener Spekulanten Tür und Tor öffnen könnte. Die daraus resultierenden Folgen für den Wallfahrtsort und für die unmittelbar in der Nähe liegende Wallfahrtskirche sind unabsehbar“, befürchten die Heimatpfleger.
Es bedürfe dringend einer objektiven Diskussion mehrerer Punkte und die Beantwortung der sich daraus ergebenden Fragen – zum Wohle der ganzen Bevölkerung und der Entwicklung des Wallfahrtsortes Maria Trens: „Darf als Gegenleistung für die dringend nötige Friedhofserweiterung, welche der Allgemeinheit dient, die Umwidmung von landwirtschaftlichem Grün in Tourismuszone gefordert werden, was nur einigen privaten Besitzern, Investoren und Spekulanten nützt? Wie kann der Umwidmung der Gründe aus reiner Spekulation vorgebeugt werden? Oder: Was machen die Besitzer mit den um ein Vielfaches aufgewerteten Gründen nach deren Umwidmung? Bebauen sie sie verträglich und als sinnvolle touristische Ergänzung im Dorf bzw. zur Arbeitsplatzbeschaffung für die Trenser Familien? Oder verkaufen sie die teuren Gründe an ortsfremde Großinvestoren weiter? Was passiert dann? Darf eine Umwidmung in Tourismuszone reinen privaten bzw. spekulativen Interessen nützen?“
Außerdem fragen sich die Heimatpfleger, ob Trens überhaupt weitere Tourismuszonen bnötigt, nachdem gerade jetzt die örtlichen Traditionsbetriebe im Dorf ihre Hotels qualitativ und quantitativ erweitert haben. „Sind weitere touristische Erweiterungen überhaupt ethisch vertretbar, nachdem das Wipptal bereits jetzt im Verkehr erstickt und kaum noch Personal für das Gastgewerbe zu finden ist?“
Was mit dem denkmalgeschützten Zihl-Hof passiert, interessiert die Heimatpfleger ebenfalls. „Was sind die Pläne für den kürzlich von einer Investorengruppe erworbenen großen Orgler-Hof? Wird die Bevölkerung – im Besonderen die angrenzenden Anrainer – über mögliche Bauvorhabenausreichend informiert? Ist es legitim, einen über Jahrhunderte historisch gewachsenen und die Erinnerung der Menschen prägenden Ort innerhalb weniger Jahre so umzubauen, dass der Wiedererkennungswert zu einem großen Teilzerstört wird? Darf ein Wallfahrtsort, in dem Menschen seit Jahrhunderten Ruhe und Hilfe in ihren Nöten suchen und finden, zum Spekulationsobjekt für Private werden? Welchen Wert haben für uns christliche Stätten des Glaubens? Was sind wir bereit, für deren Erhaltung und Pflege zu tun?“, fragen die Heimatpfleger.
Der Heimatpflegeverband fordert, dass das ortsbildprägende Ensemble von Maria Trens langfristig erhalten bleiben muss: „Trens darf den Namen des Wallfahrtsortes, welcher Ruhe und Erholung für Körper, Geist und Seele verspricht, nicht nur tragen, sondern muss diesem auch gerecht werden. Spekulationen mit dem rein privaten Interesse der Gewinnoptimierung müssen unterbunden werden. Kleinstrukturierte und angepasste Entwicklung für im Dorf ansässige Betriebe muss unterstützt werden.“
Alle baulichen Entscheidungen müssten nach überlegter Abwägung des Einzelinteresses und der Auswirkung auf die Allgemeinheit getroffen werden und auf die Entwicklung des Dorfes abgestimmt sein. „Örtliche Klein- und Familienbetriebe müssen vorrangig unterstützt werden und der Ausverkauf von Grund und Boden an Großinvestorenmuss unterbunden werden. Es muss darauf geachtet werden, dass die Grundstückspreise in Maria Trens auch in Zukunft für einheimische Familien mit mittlerem Einkommen erschwinglich sind und diese die Möglichkeit zum Erwerb eines Eigenheimes erhalten.“
Die Heimatpfleger fordern daher die verantwortlichen Entscheidungsträger in der Gemeinde auf, die Bevölkerung in allen Einzelheiten zu informieren, damit alle Bürgerinnen und Bürger von Trens über die Entwicklung ihres Dorfes Bescheid wissen und die Möglichkeit haben, einen konstruktiven Beitrag zu leisten.