Eurac Research

Migration: Integration in Grenzgebieten

Dienstag, 20. Oktober 2020 | 21:57 Uhr

Von: bba

Bozen – Die Integration von Flüchtlingen und Asylsuchenden ist ein komplexer und vielschichtiger Prozess. Ein Team aus Forscherinnen und Forschern hat sich im grenzüberschreitenden Projekt EUMINT– finanziert vom
Programm Interreg Italien-Österreich – auf drei Arbeitsfelder konzentriert: zivil-staatsbürgerliche Integration, Integration in die Arbeitswelt und Stärken der Zusammenarbeit der Regionen beim Thema Integration. In jedem Arbeitsfeld hat das Team drei „Produkte“ entwickelt: ein Brettspiel mit vertiefendem Zusatzmaterial, das den Austausch über die gemeinsamen Werte fördern soll; einen „Qualifikationspass“ für Arbeitssuchende und eine Sammlung von Integrationsprojekten aus verschiedenen Bereichen.

Um gemeinsame Werte, Integration in die Arbeitswelt und institutionelle grenzüberschreitende Zusammenarbeit geht es auch am Mittwoch, 21. Oktober bei der Veranstaltung von Eurac Research. Es besteht die Möglichkeit online über Zoom teilzunehmen.

Das Spielbrett vom „Haus der gemeinsamen Werte“ zeigt eine Hausgemeinschaft, in der verschiedene Personen unter einem Dach zusammenleben. Jedes Zimmer steht für eine bestimmte Szenerie: Menschen, die ein Sofa verstellen, spielende Kinder, ein Mensch, der kocht. Alle Mitspielenden ordnen jedem Bild eine Karte zu, die für einen bestimmten Wert steht und erzählen eine Geschichte aus dem eigenen Leben oder aus der Fantasie dazu, die diesen Wert vermittelt. Durch die Geschichten teilen alle, die mitspielen, ihre Ideen miteinander, zeigen sich unterschiedlicher Meinung und setzen sich damit auseinander.

„Das Spiel soll den Dialog anregen und gleichzeitig die kulturelle Identität aller Mitspielenden respektieren“, erklärt Roberta Medda-Windischer, Expertin für Minderheitenrecht von Eurac Research. „Der Austausch bereichert und bietet zahlreiche, auch unerwartete Denkanstöße. Für viele Asylsuchende ist zum Beispiel die Demokratie einer ihrer vorrangigen Werte und wird als noch wichtiger angesehen als die Freiheit. Dies mag auf den ersten Blick
überraschen, ist aber eng mit der Motivation verbunden, die diese Menschen dazu getrieben hat, ihr Land zu
verlassen.“

An der Entwicklung des Brettspiels haben pädagogische Fachleute, Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter von Organisationen im Integrationsbereich, Zugezogene, Mediatorinnen im Kulturbereich und Bürger mitgearbeitet. Inzwischen kommt das Spiel auch in vielen Schulen zum Einsatz und wird von der Landesverwaltung bei Ausbildungskursen mit Menschen auf der Durchreise verwendet.

Bei der Integration in die Arbeitswelt hat das Forscherteam eine Methode entwickelt, um Arbeitssuchenden dabei zu helfen, ihre verschiedenen Kompetenzen in einer Art Portfolio, einem „Qualifikationspass“ darzustellen. Die Migrantinnen und Migranten werden gefragt, wie sie praktische Situationen lösen würden, die eine bestimmte Fähigkeit erfordern, zum Beispiel „Wie würdest du die Reinigungsarbeit mit den Menschen organisieren, die mit dir ihm Haus wohnen?“ Ziel ist es, nicht nur die mit einer Qualifikation verbundenen formalen Kompetenzen anzuerkennen, sondern auch wertvolle Fähigkeiten oder Einstellungen, um die Arbeitssuche zu erleichtern.

Das dritte Arbeitsfeld, auf das sich das Forscherteam konzentriert haben, ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. In Meran, Innsbruck, Klagenfurt, Trient und Rovereto besuchten Vertreterinnen und Vertreter lokaler Institutionen Restaurants, in denen Menschen mit Migrationshintergrund Erfahrungen im Lebensmittel- und Weinsektor sammeln können, Berufsbildungszentren, in denen Arbeitssuchende beraten werden, sowie Sprachschulen, in denen auch Lesen und Schreiben gelehrt wird.

Alle Beispiele sind in der Publikation „Kooperation oder Parallelwelten?“ zusammengefasst, die im Forschungszentrum Eurac Research abgeholt oder von der Projektwebsite www.eurac.edu/eumint heruntergeladen werden kann, zusammen mit dem Brettspiel und dem Kit für den „Qualifikationspass“.

Am Mittwoch, 21. Oktober, findet um 14.30 Uhr die Konferenz „Gemeinsame Werte, Arbeit, Institutionen: Auf dem Weg zu einer integrierten Gesellschaft ” statt, die von Eurac Research organisiert wird. Es ist die Simultanübersetzung in die deutsche und englische Sprache vorgesehen. Die Teilnahme ist begrenzt (Anmeldung an: erjon.zeqo@eurac.edu). Es besteht auch die Möglichkeit online teilzunehmen: https://scientificnet.zoom.us/webinar/register/WN_t0k6RPclSz2a-Z7vQ7r_EQ

Bezirk: Bozen