Von: apa
In Erinnerung an ihren verstorbenen Mann und ihre an diverse europäische Höfe verheirateten Kinder ließ Maria-Theresia im 18. Jahrhundert in Schönbrunn ein Miniaturenkabinett einrichten. In die Wandvertäfelung des nur 13,25 Quadratmeter großen Raumes wurden kleine Gemälde, die namensgebenden Miniaturen, eingelassen, geschaffen vom Nachwuchs und dem Gemahl der Kaiserin. Das Zimmer kann nun wieder besichtigt werden – nach einer Restaurierung, die einige Überraschungen brachte.
“Das Miniaturenkabinett wurde in der Form, in der es heute zu sehen ist, in den letzten 15 Lebensjahren der Kaiserin eingerichtet, also in den späten 1760er-Jahren”, erläuterte Anna Mader-Kratky, Leiterin der Wissenschaftlichen Leitung Schönbrunn Group, im Gespräch mit der APA anlässlich eines Pressetermins am Donnerstag. Für die auf Pergament aufgetragenen Miniaturen waren Kupferstiche und Zeichnungen aus dem kaiserlichen Besitz als Vorlagen verwendet worden. “Wir sehen Porträts, Genreszenen, amouröse Szenen, also Liebespaare”, sagte Birgit Schmidt-Messner, die zu den Miniaturen kunsthistorisch forscht.
Originalvorlagen gefunden
Der Kuratorin der Schönbrunn Group ist es gelungen, zum Teil die Originalvorlagen für die Miniaturen in der Sammlung Albertina zu finden. “Es stellt sich die Frage, wie es möglich war, diese auf das Pergament zu übertragen”, führte Schmidt-Messner aus. “Wir versuchen, in der der nächsten Zeit Antworten darauf geben zu können.” Die Miniaturen seien jedenfalls “ein sehr schöner Beweis für die Begabung der Kinder des Kaiserpaares und des Kaisers selbst”, fügte Mader-Kratky an. Und dafür, “dass die Kaiserfamilie sich die Sammlung nicht nur angeschaut, sondern auch damit gearbeitet hat”, so Schmidt-Messner.
Die “Größe” des Raumes ergibt sich schon aus den baulichen Bedingungen. “Aber sicher auch aus der Funktion, von der wir nur sehr wenig bis gar nichts wissen”, berichtete die wissenschaftliche Leiterin. Mader-Kratky: “Ich würde davon ausgehen, dass sich die Kaiserin dorthin alleine oder mit Hofdame zurückgezogen hat, um zu lesen, Briefe zu schreiben oder vielleicht auch kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Aber über das private Leben des Kaiserpaares im 18. Jahrhundert gibt es keine Quellen.”
Theresianische Rokokoräume waren farbenfroh
Auf einem historischen Foto ist Zita, letzte Kaiserin von Österreich, mit ihrem ältesten Sohn Otto im Miniaturenkabinett zu sehen. “Dieses war für die Restaurierung ganz entscheidend, weil wir darauf die Zweifarbigkeit der Wandvertäfelungen nachvollziehen konnten”, erklärte Mader-Kratky. Die theresianischen Rokokoräume waren, anders als allgemein angenommen, durchaus farbenfroh – so auch dieser Raum, der im Laufe der Jahrzehnte “mehrmals vom ursprünglichen Farbton abweichend überarbeitet wurde”, verwies Restaurator Martin Siennicki auf entsprechende Untersuchungsergebnisse.
Neben der Zweifarbigkeit machten Restauratorinnen eine weitere überraschende Entdeckung: Beim Austausch eines Brandmelders erblickten sie durch ein Loch eine barocke Stuckdecke 80 Zentimeter über der jetzigen Kuppel. Als Maria Theresia den Raum einrichten ließ, wurde offenbar der Stuck nicht abgetragen, sondern eine neue Decke darunter eingezogen: “Das war uns nicht bekannt”, betonte Mader-Kratky. “Wir haben das 3D fotografieren und ein 3D-Modell bauen lassen.”
Herausforderungen bei Restaurierung
Eine logistische Herausforderung für das Team war die geringe Grundfläche: “Es mussten sich alle, die in dem Raum gearbeitet haben, koordinieren”, berichtete Siennicki. Die Miniaturen wurden abgenommen und im Atelier restauriert. “Sie befanden sich trotz des Alters und des Materials in einem hervorragenden Zustand.” Ein Hauptthema war die Neumontage in einer klimageschützteren “Verpackung”: Der historische Zierrahmen blieb erhalten, das Originalmaterial wurde aber mit klimadichtem Band verschlossen.
Das Miniaturenkabinett ist für Besucherinnen und Besucher des Schloss Schönbrunn nicht zu betreten. Es lohnt allerdings der Blick durch eine Türe im “Millionenzimmer” in den nun in originaler Pracht erstrahlenden Raum.
(S E R V I C E – www.schoenbrunn.at)
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