Von: mk
Bozen – „Caritas in veritate: Wie wird christliche Nächstenliebe zum Lebensstil“: Mit dieser Frage haben sich heute Vormittag etwa 80 Mitglieder der Pfarrcaritas und der verschiedenen Arbeitsgruppen, sowie zahlreiche Interessierte im Rahmen der ersten Südtiroler Pfarrcaritas-Tagung im Pastoralzentrum in Bozen befasst. Caritas-Direktor Paolo Valente, Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz und Johanna Brunner gingen auf den Stellenwert der Nächstenliebe in der Seelsorge ein und zeigten auf, wie diese Liebe noch stärker in den Alltag eingebracht werden kann. In der Diskussionsarena beantworteten Vertreter von verschiedenen Diensten und Vereinen Fragen der Teilnehmerinnen, wie Freiwillige zur Nächstenliebe motiviert werden können, ob und wie Veränderungen in den Pfarreien nötig sind und welche Auswirkungen der derzeitige Lebensstil auf unsere Gesellschaft hat.
„Liebe ist das Prinzip nicht nur der Mikro-Beziehungen – in Freundschaft, Familie und kleinen Gruppen –, sondern auch der Makro-Beziehungen – in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhängen“, schreibt Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“, in welcher er die ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit analysiert. Davon ausgehend haben sich heute Vormittag 80 Mitglieder der Pfarrcaritas und der verschiedenen Arbeitsgruppen in den Pfarreien auf Einladung des Dienstes Freiwilligenarbeit und Pfarrcaritas mit der Frage auseinandergesetzt, wie christliche Nächstenliebe zum Lebensstil werden kann. Caritas-Direktor Paolo Valente zeigte am Beispiel von Josef Mayr-Nusser auf, wie der Dienst am Menschen den persönlichen Lebensstil definiert und formt: „Der Dienst am Menschen macht uns selig, macht uns glücklich. Ein solches Beispiel ist das Zeugnis von Josef Mayr-Nusser, der vor einem Jahr seliggesprochen wurde: Er hat aus seinem Dienst am Menschen seinen Lebensstil geformt. Er war christlich, mutig, solidarisch“, so Valente.
Seelsorgeamtsleiter Reinhard Demetz betonte in seinem Referat, dass die Seelsorge eine neue Qualität der Auseinandersetzung mit Gott und der Botschaft des Evangeliums braucht: „Der Glaube ans Evangelium fordert den Menschen in seiner Ganzheit, nicht nur in einzelnen Teilen. Die große Herausforderung in der Pastoral der nächsten Jahre wird es sein, diese Lebensnähe aufzuzeigen. Liturgie, Verkündigung, Caritas und der Aufbau von christlichen Gemeinschaften sind keine sektoriell unabhängigen Bereiche, keine ritualisierten Momente in unserem Glauben… Jeder Gottesdienst ist Gottes Dienst am Menschen und geht über den Sonntagsgottesdienst hinaus. Er erfüllt sich nicht in der liturgischen Feier, sondern ist Aufruf und Sendung zum Dienst am Menschen auch draußen.“
Johanna Brunner, die Leiterin des diözesanen Amtes für Ehe und Familie, ging auf die Rolle der Jugend in den Pfarreien ein. In Anlehnung an den Hirtenbrief des Bischofs zeigte sie auf, wie junge Menschen sich im Hinblick auf die Nächstenliebe in den Pfarreien einbringen und Veränderungen bewirken können. „Wenn wir von der Liebe als Caritas sprechen, also von Nächstenliebe, müssen wir uns als Kirche Gedanken machen, wie wir gesamt-gesellschaftliche Prozesse anstoßen können, die dem Rechnung tragen. Und dazu brauchen wir eine Kirche, die hinaus geht bis an die Peripherien und nicht nur bei den „Gedanken“ verharrt… Wenn wir davon überzeugt sind, dass die Jugend der Schlüssel zur Veränderung ist, dann müssen wir uns des Auftrags bewusst werden, den Kindern und Jugendlichen, die nach einem Sinn im Leben und in der Gesellschaft rufen, Freiräume zur Verfügung zu stellen, aber ihnen vor allem eine aktive Teilnahme am Geschehen in Kirche und Gesellschaft eingestehen“, so Brunner.
In der abschließenden „Diskussionsarena“ wollten die Tagungsteilnehmer u.a. wissen, ob und wie der derzeitige Lebensstil unserer Gesellschaft mit dazu beiträgt, dass Menschen in die Schuldenfalle geraten und wie man Betroffenen helfen kann. Viele Fragen drehten sich auch um das ehrenamtliche Engagement und darum, wie Freiwillige, vor allem auch junge Menschen, zur tätigen Nächstenliebe motiviert werden können – in gemeinnützigen Organisationen, aber auch in den Pfarreien. Darüber gaben Petra Priller von der Caritas Schuldnerberatung, Barbara Vogliotti, Präsidentin des Vereins Santo Stefano, der Diakon Mauro Cannavó und die beiden Referenten Auskunft. Moderiert wurde die Diskussionsarena von Brigitte Hofmann, Leiterin des Dienstes Freiwilligenarbeit und Pfarrcaritas.