Von: Ivd
Bozen/Parma – Der Direktor der Busoni-Mahler Stiftung Peter Paul Kainrath wurde vergangenen Samstag auf der Vollversammlung des Weltverbandes Internationaler Musikwettbewerbe (WFIMC) in Parma für weitere drei Jahre als Präsident gewählt. Es ist seine zweite Amtszeit. Zur Wahl stellten sich keine Gegenkandidaten.
Kainrath setzte laut WFIMC in seiner ersten Amtszeit als Präsident markante Akzente, nicht nur durch sein großes Engagement für Kooperationen und den Aufbau von Beziehungen zum chinesischen Musikleben und dortigen Institutionen – unter seinem Vorsitz stimmten die Mitglieder für den Ausschluss des Tschaikowsky Wettbewerbs in Moskau. Erst im vergangenen Jahr wurde der in Kiew beheimatete Horowitz Wettbewerb unter großer internationaler Aufmerksamkeit am Sitz der WFIMC in Genf ausgetragen, da die Situation in der Ukraine sein Stattfinden unmöglich machte.
Kainrath bedauert denn, bei der von ihm angestrebten Denationalisierung des Musiklebens nicht weiter vorangekommen zu sein, wie er sie etwa beim Busoni Wettbewerb umgesetzt hat. Er müsse sich eingestehen, dass die Musikwettbewerbe dem olympischen Gedanken wettstreitender Völker näher stünden, als ihm lieb sein könne, so Kainrath in seiner Bilanz auf der Vollversammlung in Parma. „Unsere WFIMC ist 1957, 12 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gegründet worden und hat damit in einer langen Zeit des Friedens und Wohlstandes existiert, zumindest in jener Welt, in der die klassische Musik von hohem Wert war. Dies scheint keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein. Wir haben ein Mitglied, den wichtigen Tschaikowsky Wettbewerb ob der damit verbundenen Propaganda ausgeschlossen; der Horowitz Wettbewerb in Kiew findet aufgrund des Krieges nicht statt; unsere Freunde in Tel Aviv stehen mit dem Rubinstein Wettbewerb vor sehr großen Herausforderungen.“ Weiter betonte er: „Musikwettbewerbe müssen ständig die Haltung überprüfen, mit der sie vor die jungen Talente trete, die sich ihnen anvertrauen. Es geht dabei nicht nur um geopolitische Aggressionen und Konflikte, sondern auch um ökologische Nachhaltigkeit, eine ausgewogene Genderpolitik und ein ganzheitliches planetarisches Verständnis, das das koloniale Gepäck hinter sich lässt. Ich werde beim Busoni Wettbewerb daran festhalten, die jungen Talente möglichst vor nationaler Instrumentalisierung zu schützen“, so Kainrath, der auch sonst ein kritisches Bild der mitunter ambivalent bewerteten Welt der Musikwettbewerbe zeichnete.
„Manch einer von uns wird ab und an Zweifel zur Sinnhaftigkeit von Musikwettbewerben haben – ich gehöre sicher dazu. Aber es ist nicht zu leugnen, dass sie einen wichtigen Teil des Musiklebens ausmachen. Wir brauchen hier nur die Rekordzahlen betrachten, die beispielsweise der Busoni Klavierwettbewerb erneut erreicht hat. Solange wir als WFIMC für unsere Werte einstehen, stetig nach Verbesserung streben, nahe am Puls der Zeit unsere eigenen Konzepte entwickeln – desto sinnvoller ist unser Tun, desto nachhaltiger können wir das internationale Musikleben mitgestalten“, so Kainrath.
Mit Kainrath wurde ebenfalls für die Dauer von drei Jahren ein elfköpfiger Vorstand gewählt, mit dem sich der Präsident sehr zufrieden zeigte, da es nicht nur ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis abbilde, es seien auch alle in der WFIMC engagierte Kontinente, Generationen und Disziplinen vertreten.
Der Busoni Wettbewerb zählt zu den Gründungsmitgliedern WFIMC, die gleichzeitig Teil des 1949 von der UNESCO gegründeten International Music Councils ist. Als Netzwerk und Plattform des Austauschs für inzwischen 120 internationale Musikwettbewerbe ist die WFIMC von elementarer Bedeutung im internationalen Musikleben.