Verwirrung um das Gründungsjahr

Seit 400 Jahren leben und wirken Kapuziner in Meran

Samstag, 28. Oktober 2017 | 18:25 Uhr

Von: luk

Meran – Dieses Wochenende ist Meran das Zentrum des Kapuzinerordens: Aus der ganzen Ordensprovinz Österreich-Südtirol kamen Kapuziner, um gemeinsam mit ihren Mitbrüdern, Bischof Ivo Muser, Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, Bürgermeister Paul Rösch und zahlreichen Menschen aus ganz Südtirol zu feiern. Am 29. Oktober 1617 wurden Kapuzinerkirche und –kloster geweiht. Ein Anlass für die Kapuziner, ihr Kloster zu öffnen: Von 27.-29 Oktober feiern die Meraner Kapuziner ihr 400. Jubiläum. Klosterführungen für jung und alt, das Erscheinen und die Präsentation eines Buches und eine Brüdertag für Kapuziner sind nur einige Punkte aus dem bunten Festprogramm. Bischof Ivo Muser verlieh den Kapuzinern anlässlich des Jubiläums die Ehrenmedaille der Diözese. Am Sonntag findet noch eine zweisprachige Festmesse mit Kapuzinerprovinzial Bruder Erich Geir und Generalvikar Eugen Runggaldier statt. Für Sonntag abend ist mit einem Festkonzert – der Uraufführung des Werkes eines Meraner Künstlers noch ein fulminanter Abschluss geplant.

„Als Kind kannte ich nur einen Typ Ordensmann, den Kapuziner!“

Diese Worte gibt kein geringerer als Bischof Ivo Muser den Kapuzinern zu ihrem Jubiläum mit. „Keine andere Ordensgemeinschaft hat unser Land so mitgeprägt wie die Kapuziner.“ Diese Aussage können sicher viele Menschen aus Meran und Umgebung unterschreiben: Auch wenn die traditionellen Sammelgänge durch die geänderten gesellschaftlichen Umstände heute nicht mehr möglich sind, so finden sich Kapuziner bis heute in zahlreichen Aufgabengebieten, für die sie bekannt sind: So stellt der Orden sowohl für das öffentliche Krankenhaus als auch für die Privatklinik Martinsbrunn Seelsorger. Auch das soziale Engagement in der Kapuzinerstiftung Liebeswerk ist jedem ein Begriff. „Das soziale Netz, das der Kapuzinerorden gesponnen hat, macht unsere Stadt zu einem menschlicheren und besseren Ort“, so Bürgermeister Paul Rösch. In den letzten Jahren wurde auch in Meran noch ein weiteres traditionelles Aufgabengebiet forciert: Das Anliegen, zeitgemäße Angebote für Beichtpastoral zu bieten. Nicht zufällig kam auch der einzige Südtiroler „Missionar der Barmherzigkeit“ im Jahr 2016 aus den Reihen der Kapuziner: Bruder Markus Kerschbaumer aus Neumarkt, der im Juni in die Provinzleitung gewählt wurde. Weniger bekannt ist, dass die Meraner Kapuziner seit dem 19. Jahrhundert eine zentrale Rolle in der Seelsorge für den italienischsprachigen Teil der Bevölkerung spielten.

Verwirrung um das Gründungsjahr

„Eigentlich wollten wir ja schon ein Jahr früher feiern…!“ erzählt Miriam Trojer, Provinzarchivarin der Kapuziner beim öffentlichen Auftakt der Feierlichkeiten mit einem Augenzwinkern. „Da hat uns die Geschichte alle zum Narren gehalten.“ Diese Anekdote über das verloren gegangene Gründungsjahr lässt so manchen schmunzeln – vor allem die Kapuziner selbst. Über Jahrzehnte war man der Meinung, das Kloster wäre 1616 geweiht worden. Und das, weil Ende des 19. Jahrhunderts ein Historiker in seinem Buch das falsche Jahr angab. Jahrelang waren zwei verschiedenen Jahreszahlen im Umlauf, die selbst die Kapuziner in die Irre führten. Erst als die Planungen für die Jubiläumsfeier begannen, wurde die Urkunde aus dem Archiv geholt – und der Fehler entdeckt. „Richtig ist jedenfalls 1617“, stellt die Historikerin klar.

Dieses Buch „400 Jahre Kapuziner in Meran“, das einen Überblick über kapuzinisches Leben bis heute gibt, ist auch im Buchhandel erhältlich. Den ersten Tag der Feierlichkeiten verbrachten die Kapuziner allerdings unter sich: Im Rahmen eines sogenannten „Brüdertages“, zu dem Kapuziner aus der ganzen Provinz Österreich-Südtirol anreisten. Auf dem Programm standen ein geistlicher Impuls durch Bruder Bernhard Frei, Austausch, Gebet und brüderliches Zusammensein.

„Herzeigen, wie wir leben“

„Wir wollen die Gelegenheit nutzen, den Menschen zu zeigen, wie wir leben!“ so der Guardian (Hausobere) des Klosters, Bruder Piotr Panczak. „Schön, dass so viele Menschen unserer Einladung Folge leisten!“ Am heutigen Samstag öffnete das Kloster selbst seine Pforten bei einem Tag der offenen Tür. Zahlreiche Menschen folgten der Einladung der Brüder, im Rahmen von Klosterführungen normalerweise nicht öffentlich zugängliche Bereiche des Hauses wie Gebetschor, Bibliothek und Klosterzellen zu besichtigen. Für Kinder und Jugendliche gab es eigene Stationen. Morgen Sonntag wird noch eine zweisprachige Festmesse mit Generalvikar Eugen Runggaldier und Provinzial Bruder Erich Geir, dem Ordensoberen der Kapuzinerprovinz Österreich-Südtirol gefeiert. Am Abend findet die Uraufführung von „Im Zeichen des Tau. Eine musikalische Reise durch 400 Jahre Kapuziner in Meran“ statt. Text und Musik dieses Konzerts stammen von dem Meraner Künstler Richard Sigmund.

Kapuziner: Stille, Gemeinschaft und soziales Wirken

Die Kapuziner sind neben Franziskanern und Minoriten einer der drei Männerorden, die auf Franz von Assisi zurückgehen. Offiziell anerkannt wurden sie als Reformbewegung des ursprünglichen franziskanischen Ordens 1528 von Papst Clemens VII. Nach Südtirol kamen die Kapuziner um die Jahrhundertwende 16./17 Jahrhundert. Bereits 1574 können am Innsbrucker Hof Kapuziner als Fastenprediger nachgewiesen werden, nach Innsbruck, dem ältesten Kapuzinerkloster des deutschsprachigen Raumes wurden sie offiziell im Jahr 1593 durch Erzherzog Ferdinand II. (1564-1595) berufen. Die damalige Tiroler Kapuzinerprovinz erstreckte sich anfangs über zwölf Diözesen, auch das heutige Gebiet Südtirol gehörte dazu. In Folge kam es in Südtirol innerhalb kürzester Zeit zur Gründung zahlreicher Niederlassungen des Ordens. Das Kloster Meran wurde am 29. Oktober 1617 eingeweiht. Heute ist das Kloster Meran mit 16 anderen Niederlassungen Teil der Ordensprovinz Österreich-Südtirol. Als Kapuziner tritt man in eine Ordensprovinz und nicht etwa in ein Kloster an einem bestimmten Standort ein. Das Leben eines Kapuziners beruht damals wie heute auf Leben aus dem Gebet und der Stille, sozialem Wirken bei Bedürftigen und Gemeinschaft untereinander und mit den Menschen im Umfeld.

 

Bezirk: Burggrafenamt